Gegenwehr statt Angst

Moosacher Polizei gibt Tipps rund um Zivilcourage und Selbstsicherheit

Welche Hilfsmittel darf man im Ernstfall wirklich nutzen? Polizeihauptkommissar Gerhard Endl (rechts) informierte die Teilnehmer darüber.	Foto: ch

Welche Hilfsmittel darf man im Ernstfall wirklich nutzen? Polizeihauptkommissar Gerhard Endl (rechts) informierte die Teilnehmer darüber. Foto: ch

Moosach · Ein Ehepaar sitzt in der S-Bahn, nicht weit weg davon eine junge Frau. In der Bahn herrscht zu dieser Zeit wenig Betrieb. An der nächsten Haltestelle steigen zwei Männer in die Bahn, grölen, flirten die junge Frau an.

Nach dem Ausstieg werden die Männer der sichtlich verängstigten Frau gegenüber zudringlich, begrapschen sie. Das Ehepaar sowie mehrere an der naheliegenden Bushaltestelle Wartende beobachten das Szenario, das sich binnen Sekunden zuzuspitzen scheint. Doch wie soll sich das Paar verhalten? Die Leute an der Bushaltestelle ansprechen? Die Männer ansprechen? Die Polizei rufen?

»In Gefahrensituationen sollten Sie immer eine Öffentlichkeit herstellen«, sagte Polizeihauptkommissar (PHK) Gerhard Endl, der gemeinsam mit seinem Kollegen, PHK Christian Leubl, zum Polizei-Kursus für Zivilcourage und Selbstsicherheit auf die Wache der Polizeiinspektion 44 (Moosach) einlud. Dieser Einladung waren rund 15 Moosacherinnen und Moosacher zwischen 14 und 88 Jahren gefolgt – darunter überwiegend Frauen.

Wichtig sei in Situationen – wie der beschriebenen – die bedrohlichen Personen nicht alleine zu konfrontieren, sondern sich Gleichgesinnte zu suchen und die Personen dann erst anzusprechen, so die Polizeibeamten. Darüber hinaus solle man in solchen Situationen immer die »110« wählen. Eine gute Idee wäre zudem, die betroffene Person aus der bedrohlichen Situation zu ziehen, in dem man beispielsweise eine Bekanntschaft vortäuscht.

Und was ist, wenn man mal selbst in der Situation des Verängstigten ist, möchte einer der Teilnehmer wissen. Typische Angstzonen sind Dunkelheit und Geräusche. »Doch wie oft haben Sie Angst und es passiert nichts«, fragte Endl die Kursteilnehmer. Der Statistik zufolge sei München im Vergleich mit anderen Großstädten wie Frankfurt und Hamburg sicherer.« Zwei Beispiele: Besonders beängstigend empfinden viele Menschen Tiefgaragen. Hier registrierte die Polizei gerade mal 0,4 Prozent der Gewaltdelikte und nur 2,1 Prozent in Parks. »Die meisten Straftaten finden im Bekanntenkreis statt«, betont Polizeihauptkommissar Endl. Wenn man (abends) unterwegs sei, solle man generell nicht alles negativ sehen. Denn Fakt ist: »Man darf sich wehren«.

Hierbei gehe es nur um die Wahl der geeigneten Mittel. Endl: »Es gibt keine Waffen und Geräte, die zur Abwehr generell und bedingungslos zu empfehlen sind.« Dies sei von der Situation abhängig. Generell erlaubt sind im Bedrohungsfall Pfefferspray, CS-Spray, Trillerpfeife, Elektroschocker, Messer, Schreckschusswaffe und Teleskopschlagstock. Doch auch kleine Gesten können Wirkung zeigen: die Stimme einsetzen und laut »stopp« sagen beispielsweise. »Erwachsene Täter sollten Sie zudem siezen.«

Das schaffe Distanz. Endl: »Nutzen Sie auch die Körpersprache.« Eine aufrechte Haltung, ein erhobener Blick sowie eine starke Stimme können den Täter bereits abschrecken. Von provozierenden Äußerungen und Gesten solle man hingegen absehen. Trotz eines möglichen Schockzustandes solle ein kühler Kopf bewahrt und sich deeskalierend verhalten werden. Einer Studie der Polizei Hannover zufolge, hatten 68,4 Prozent der Täter von Opfern, die leichte Gegenwehr zeigten, abgelassen. 84,3 Prozent der Täter ließen von Opfern, die starke Gegenwehr zeigten, ab.

Was gilt es als Beobachter noch zu beachten? Nachdem Mithelfer gefunden sind, solle der Täter direkt angesprochen und sich auch dem Opfer zugewandt werden. Nicht zu vergessen sei hierbei, das Fluchtmöglichkeiten geprüft werden, betonen die Polizeibeamten. Darüber hinaus gilt generell: »Lieber zweimal zu viel als einmal zu wenig die Polizei anzurufen.« Die nächsten Polizei-Kurse finden wieder 2016 statt. Christine Henze

Artikel vom 02.12.2015
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...