Echte Maßarbeit

Worauf es beim Verfassen eines Testaments ankommt

Testamente berühmter Münchner stellt zurzeit das Staatsarchiv München in der Schönfeldstraße aus. 	Foto: cr

Testamente berühmter Münchner stellt zurzeit das Staatsarchiv München in der Schönfeldstraße aus. Foto: cr

München · Hand aufs Herz: Haben Sie ein Testament gemacht? Wenn nicht, befinden Sie sich in großer Gesellschaft. Rund drei Viertel der Deutschen haben in dieser Hinsicht noch nicht vorgesorgt.

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Halten Sie ein Testament für wichtig? Wahrscheinlich schon, denn auch bei dieser Frage sind rund 75 Prozent der Deutschen dieser Meinung. Nur dass eigener Anspruch und Wirklichkeit ziemlich auseinanderklaffen.

Das Testament heißt nicht umsonst auch »letzter Wille«. Diesem Willen wird große Bedeutung beigemessen. Doch wer ihn nicht beizeiten formuliert, muss eine ungewollte Aufteilung der Erbmasse in Kauf nehmen. Außer man stimmt mit der gesetzlichen Erbfolge vollständig überein. Aber wer tut das schon?

Die gesetzliche Regelung ist nicht ganz unkompliziert. Allgemein lässt sich zusammenfassen, dass Verwandte erster Ordnung (Kinder und Enkel) zu festgelegten Teilen erben. Verwandte nachrangiger Ordnung erben nur dann, wenn kein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist. »Das Berliner Testament ist eine bei Ehegatten häufig gewählte Testamentsgestaltung«, weiß Dr. Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht und selbst Fachanwalt in München. Das Berliner Testament regelt die Erbfolge dahingehend, dass im Todesfall eines Menschen der hinterbliebene Ehegatte alles erbt. Stirbt auch dieser Elternteil, erben die Kinder. So weit, so einfach, so tückisch.

Bei größeren Werten »erbt« auch der Staat mit. »Hier gibt es intelligente Alternativlösungen, die die optimale Versorgung des überlebenden Ehegatten sicherstellen und gleichzeitig die Erbschaftssteuer so gering wie möglich halten«, erklärt Dr. Steiner. Denn die archetypische Fallkonstellation, die das Berliner Testament attraktiv macht, ist oftmals nicht so gegeben. Mit Steiners Worten: »Testamentsgestaltung ist Maßarbeit«. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, die Kompetenzen versierter Fachleute in Anspruch zu nehmen. Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, findet zahlreiche Informationen im Internet unter www.erbrechtsforum.de

Hier sind auch hilfreiche Publikationen erhältlich, außerdem findet man Termine zu Informationsveranstaltungen wie den jährlich stattfindenden Erbrechtstagen.

Die Frage, ob man ein Testament braucht, muss jeder für sich selbst beantworten. Dazu erklärt Dr. Steiner: »Außer bei vermögenslosen Personen ist ein Testament in jedem Fall sinnvoll. Im Einzelfall beantwortet sich die Frage anhand des Vergleichs zwischen dem Willen des Erblassers und den Ergebnissen, zu denen die gesetzliche Erbfolge führen würde.«

Um den letzten Willen durchsetzen zu können, ist es ratsam, das Testament zu hinterlegen. Dazu dient die Hinterlegungsstelle des Nachlassgerichts, das wiederum zum Amtsgericht gehört. Über diese gebührenpflichtige Hinterlegung muss der Erblasser keine Angehörigen oder andere potenzielle Erben ­informieren. Die Kommunikation zwischen Nachlassgericht und Standesamt stellt sicher, dass das Verfahren im Todesfall des Erblassers eröffnet wird.

Wer auf die Hinterlegung verzichten will, muss sein Testament unbedingt vollständig handschriftlich verfassen, damit es gültig ist. Das Datum sollte angegeben werden, um im Falle mehrerer Testamente feststellen zu können, welches das jüngste und damit alleingültige ist. Der Gang zum Notar ist übrigens nicht notwendig. Dr. Steiner empfiehlt jedoch: »Juristische Laien sollten sich vor Verfassen eines privatschriftlichen Testaments unbedingt von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten lassen.«

Ein Testament gibt nicht nur Auskunft über den letzten Willen, sondern auch über den Erblasser selbst. »Es ist ein authentisches Dokument, das der Verfasser ohne die ›Schere im Kopf‹ erstellt«, weiß Dr. Ulrike Hofmann vom Staatsarchiv München. Damit meint sie die tatsächliche, ungeschönte Darstellung eines Menschen durch sich selbst.

Hofmann hat zusammen mit vier Kollegen eine Ausstellung zusammengestellt, die aktuell im Staatsarchiv in der Schönfeldstraße 5 zu sehen ist. Es handelt sich um Testamente berühmter Münchner, darunter der frühere Oberbürgermeister Thomas Wimmer, der Komiker Karl Valentin und der Schauspieler Joe Stöckel. Auch erfahren die Besucher viel über die Geschichte des Testaments als solches.

Die Ausstellung läuft noch bis Freitag, 13. November, und ist werktags von 8 bis 18 Uhr zu sehen, freitags nur bis 13.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 23.10.2015
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