Einigung der Stadt mit ehrenamtlichen Webmastern lässt weiter auf sich warten

Wem gehört Bogenhausen?

Bogenhausen · Veranstaltungen im Stadtteil, Informationen über örtliche Vereine, Fotos von aktuellen Ereignissen – dies und vieles mehr findet man nicht nur im Bogenhausener Anzeiger, sondern auch auf Internetseiten wie parkstadt-bogenhausen.de.

Wer zur Zeit jedoch die Seite www.bogenhausen.de aufrufen will, bekommt nur eine Mitteilung der Initiativgruppe »Münchner Stadtteilnetz«, die Seite sei auf Grund der anhaltenden Rechtsstreitigkeiten mit der Stadt München derzeit nicht inhaltlich betreut. Im »Münchner Stadtteilnetz« haben sich engagierte Bürger zusammengeschlossen, die ehrenamtlich Stadtteilseiten betreuen. Auf Grund einer Klage der Stadt sind diese Seiten jedoch in Gefahr.

Begonnen hat alles damit, dass sich eine pfiffige Software-Firma aus der Ludwigsvorstadt vor drei Jahren mehrere Internet-Adressen Münchner Stadtteile, sogenannte Domains, hat reservieren lassen. »Wir haben diese Domains an engagierte Leute aus dem jeweiligen Stadtteil weitergegeben, die sich seitdem um die Gestaltung der Seite kümmern«, so ein Sprecher der Firma.

Die Stadt sieht das anders: »Domaingrabbing« wirft sie der Firma vor und verklagte sie auf die Herausgabe der Domains. Von »Domaingrabbing« spricht man, wenn sich eine Privatperson oder eine Firma Internet-Adressen unrechtmäßig reservieren läßt. Unrechtmäßig deshalb, weil die Adressen, dem Namen nach, einer anderen Firma zugeschrieben werden kann. In diesem Fall der Stadt München.

Laut Direktorium der Stadt sollten nach erfolgreichem Ausgang dieser Klage alle Domains, die Namen oder Namensbestandteile von Münchner Stadtbezirken enthalten dem zentralen München-Portal (www. muenchen.de) angeschlossen und den Websiteinhabern entzogen werden.

Die ehrenamtlichen Webmaster, die über Jahre viel Zeit und teilweise auch Geld in »ihre« Stadtteilseiten investiert haben, protestieren heftig. Drei Bezirkssausschüsse, unter anderem der BA 13 Bogenhausen, forderten die Stadt auf, die Klage zurück zu ziehen.

Werner Wittemer, Webmaster von www.parkstadt. bogenhausen.de, sieht seine Seite zwar nicht direkt bedroht, findet das Vorgehen der Stadt jedoch alles andere als fair. Ehrenamtliche Arbeit so mit Füßen zu treten, halten die engagierten Webmaster für skandalös. Besonders in einem Jahr, dass als »Jahr des Ehrenamtes« ausgerufen wurde.

Auch sein Kollege vom Münchner Stadtviertelnetz, Guido Buchholtz, ist sauer. Seit fast drei Jahren betreut er als Bezirksausschussmitglied www.perlach.de. Er führt auf seiner Internet-Seite einen schönen Vergleich an: »Stellen Sie sich vor, Sie haben in einer Kleingartenanlage mit viel Spaß und Aufwand ein »Stück Land« bewirtschaftet. Ihre Pflanzen sind gerade so richtig am wachsen, da kommt eines Tages ein Bagger, der im Auftrag der Stadt alles plattwalzt! Auf die Frage warum, erhalten Sie die Auskunft, dass hier irgendwann mal ein großes Gebäude entstehen soll – Bauplan, Finanzen und Zeitplan existieren hierfür jedoch noch nicht.«

Ähnlich verhält es sich im Internet-Streit mit der Stadt. Sollte die nämlich den Prozess im Frühjahr gewinnen, ist noch völlig unklar, wer die Stadtteilseiten weiter betreuen soll. Für die Stadt würde dies einen immensen personellen und vor allem finanziellen Aufwand bedeuten.

Nicht zuletzt deshalb, versuchte man sich aussergerichtlich zu einigen. »Die Stadt wird diese Seiten wegen des personellen Aufwandes gar nicht ganz übernehmen können. Schließlich handelt es sich um 25 Stadtteilseiten«, erklärt Klaus Diemer vom Direktorium der Stadt.

Nachdem ein erster «Runder Tisch« Anfang August nicht den erhofften Erfolg hatte, versuchte man Anfang Oktober erneut zu schlichten. Damals hatte man sich geeinigt, die Betreuung der Stadtviertelseiten weiterhin den bisherigen Webmastern zu überlassen. Einzige Bedingung, die die Stadt stellte: Die Seiten müssen inhaltlich und optisch einem Mindeststandard entsprechen. Im Klartext: Pornographische und gewaltverherrlichende Inhalte sind tabu, Informationen müssen überparteilich sein und der Bezug zum München Portal muß optisch erkennbar sein.

Das war für die ehrenamtlichen Webmaster bislang sowieso selbstverständlich, doch gegen eine optische Gleichmachung der Seiten wehren sie sich entschieden. »Jeder soll seine künstlerische Freiheit haben«, meint Guido Buchholtz. »Die Website-Betreiber befürchten, dass sie in ihrer Gestaltung nicht mehr frei wären. Aber das wird alles nicht so heiss gegessen, wie es gekocht wird« , beruhigt Diemer. Der Vertragsentwurf, den die Stadt vorgelegt hatte, muß jetzt in diesem Punkt noch einmal überarbeitet werden. Über eine Änderung muß jedoch erst der Stadtrat abstimmen »Bis 30. Juni 2002 soll jedoch eine Einigung erzielt sein«, so Klaus Diemer. ct

Artikel vom 12.12.2001
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