Da schau her! Albrecht Ackerland über Fasching

München · Mit dem Fasching ist so wie mit der Wiesn: Erst ist er einem wurscht, rückt er näher, dann denkt man sich, bloß nicht auf den Viktualienmarkt, Sperrgebiet für ein paar Tage, und am Faschingsdienstag selber steht man doch um elf da und lässt sich von einer wildfremden Biene Maja auf einen Schnaps einladen. Schöne echte reine Münchner Inkonsequenz.

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Früher war der Fasching ja noch was, wie sowieso früher alles wilder und kerniger war, die Revoluzzer waren Revoluzzer, die Spießer waren Spießer, am Samstag war um 12.30 Uhr Ladenschluss, außer es war langer Samstag, und eine jede Wirschaft hatte einen Hausball, manche davon so berühmt, dass sogar ein Haidhauser ins Mars-gleich entfernte Sendling vorrückte mit seinem Piraten-Kostüm. Ich glaube allerdings, der Fasching war zu einer Zeit groß, als man sonst nicht viel zu lachen hatte, und plötzlich fühlt man sich für einen Moment lang zünftig frei, was neun Monate später die Geburtenrate nach oben zeigen ließ.

Übrig geblieben von dem angeblich einmal legendären Münchner Fasching sind ein paar Bälle in BR, Deutschem Theater oder Bayerischem Hof, das scheint mir ein Parallelkosmos, immer gut besucht, voller engagierter Tänzer im fortgeschrittenem Alter, Weinzwang, sowas. Vielleicht täusche ich mich ja, aber ich finde, manche Meinungen darf man sich schon behalten, auch wenn sie sich aus Vorurteilen speisen. Das einzige gute Vorurteil, so sage ich jetzt mal, ist etwas von solchen Bällen zu halten, ohne je dort gewesen zu sein. Ich tue Ihnen, liebe Ballbesucher und noch mehr den Veranstaltern sicher unrecht. Wahrscheinlich ist es meine pure Angst, dass ich mit einem Ballbesuch genau das finde, was ich ein Leben lang suchte. Vor so etwas Schönem habe ich freilich eine berechtigte Angst.

Sei’s drum, solange ich mich doch noch hin traue, bleibt mir ja die Biene Maja am Dienstag um elf auf dem Viktualienmarkt. Vor einigen Jahren gab es noch in der Nähe vom Markt ein paar Jungs, die einfach ihre Lautsprechertürme aufbauten und ihre Musik spielten, karibische moderne Musik, schnell, laut, lustig – und ohne jede Erlaubnis. Aber schön war’s, und jedes Jahr kamen ein paar Hundert und hatten eine Mordsgaudi. Dann drehte leider der Wind bei der Ordnungsbehörde, nein sowas einfach zu dulden, ja wo kommen wir denn da hin.

Da wäre ich nämlich mit der Biene Maja am Dienstag hingezogen. Vielleicht spare ich mir aber auch einfach den Markt - und gehe ins nächste Pfarrheim, denn das sind noch verlässliche Orte für echte angenehm angespannte Ausgelassenheit. Und das Weißbier schmeckt dort immer bemerkenswert gut. Gut, dass mir das noch eingefallen ist. Ich wünsche Ihnen viel Spaß – wo auch immer. Und vergessen sie nicht: Zuhause ist es oft am schönsten.

Artikel vom 13.02.2015
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