Es klingelt stündlich

München · Immer mehr Anfragen: SuchtHotline sucht Mitarbeiter

Fast 7.000 Anfragen gingen 2014 bei der SuchtHotline München ein – neuer Höchstwert. Um  helfen zu können, braucht der Verein immer neue Mitarbeiter.	Foto: SuchtHotline München

Fast 7.000 Anfragen gingen 2014 bei der SuchtHotline München ein – neuer Höchstwert. Um helfen zu können, braucht der Verein immer neue Mitarbeiter. Foto: SuchtHotline München

München · Es gibt Rekorde, auf die man nicht stolz sein kann: Dazu gehört das Jahresergebnis der SuchtHotline München, die 2014 knapp über 7.000 Anfragen verzeichnete.

Weitere Artikel zum Thema
München · SuchtHotline braucht Verstärkung
Artikel vom 30.08.2018: Ehrenamtliche gesucht

München · Neuer Rekord für SuchtHotline
Artikel vom 09.01.2015: So seh ich das! Münchner Samstagsblatt-Redakteur Benjamin Schuldt zum Thema

Wie der Verein kürzlich bekannt gab, ist das ein erneuter Anstieg um 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Schnitt fast stündlich geht beim Krisentelefon, das rund um die Uhr anonym und kostenlos sowie auch per E-Mail erreichbar ist, eine Anfrage ein – meist von verzweifelten Menschen, die nicht mehr weiter wissen, alleine nicht von Alkohol, Drogen oder exzessivem Medienkonsum wegkommen.

Doch um weiterhelfen zu können, muss am anderen Ende natürlich auch ein kompetenter Ansprechpartner sitzen. Die SuchtHotline sucht derzeit dringend weitere Ehrenamtliche, um Hilfesuchende nicht abweisen zu müssen. Derzeit leisten circa 60 Ehrenamtliche rund um die Uhr den Dienst am Telefon. Vor allem an Feiertagen wird die Not bei vielen spürbar – dann klingelt das Telefon noch häufiger.

Wie Christoph Teich, der Leiter der SuchtHotline, betont, sei bei der Arbeit am Telefon gerade der Erstkontakt von entscheidender Bedeutung:
Gelinge dieser, nähmen Hilfesuchende auch weitere Angebote des Suchthilfesystems, wie Selbsthilfegruppen oder Therapien, eher an. Viele Anrufer sprächen bei der SuchtHotline erstmals im Schutz der Anonymität über ihr Suchtproblem, meint Teich. »Krisen halten sich nicht an bestimmte Zeiten. Deshalb ist die 24-stündige Erreichbarkeit so wichtig«, betont der studierte Sozialpädagoge. So könnten Rückfälle immer wieder verhindert werden oder – falls bereits eingetreten – sofort nach einem Weg zur Verbesserung der akuten Situation gesucht werden.

Handelt es sich bei jüngeren Menschen eher um illegale Drogen oder Mediensucht, so steht bei älteren Menschen der Alkohol oder die Medikamentenabhängigkeit im Vordergrund. Die Abhängigkeit entsteht in diesen Fällen wesentlich schleichender – und erzeugt oft erst nach 20 Jahren Missbrauch massiven Leidensdruck.

Der häufigste Grund, sich an die SuchtHotline zu wenden, ist nach Angaben des Vereins übrigens nicht die Einsicht in die eigene Abhängigkeit, sondern oftmals der Druck des Partners oder des Arbeitgebers, gesundheitliche oder finanzielle Probleme sowie Ärger mit der Justiz oder der Führerscheinbehörde – oft wegen Autofahrten unter Alkohol oder Drogen. Die meisten der über 7.000 Anfragen im abgelaufenen Kalenderjahr drehten sich rund um das Thema Alkohol: etwa 42 Prozent. Fast jeder Zweite, der mit der SuchtHotline in Kontakt tritt, hat also ein Alkoholproblem, gefolgt von Problemen mit illegalen Drogen (29 Prozent) und Spielsucht (11 Prozent).

Während Heroin im Jahr 2014 weiterhin abgenommen hat und Cannabis etwa auf gleichem Niveau geblieben ist, verzeichnete der Verein eine erneute Zunahme bei dem Amphetamin Crystal Meth und den sogenannten Legal Highs – darunter versteht man Suchtstoffe, die noch nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Erneut zugenommen hätten außerdem Hilfegesuche zum Thema Mediensucht. Das kann nach Angaben der SuchtHotline exzessives Internetsurfen oder Computerspielen über sechs Stunden täglich sein.

Die Angebote der SuchtHotline umfassen neben der Beratung rund um die Uhr, telefonisch oder per E-Mail, auch juristische oder medizinische Auskünfte. Für juristische Fragen, die im Zusammenhang mit der Suchtproblematik stehen, gibt es die Möglichkeit der Auskunft durch ehrenamtlich mitarbeitende Juristen. Häufig betreffen die Themen Probleme, die mit dem Konsum oder Verkauf von illegalen Drogen, mit einem Führerscheinverlust oder einer Betreuung in Verbindung stehen. Die Gespräche ersetzen aber nicht den Besuch bei einem Rechtsanwalt. Für medizinische Fragen im Zusammenhang mit Sucht steht eine ehrenamtliche Ärztin zur Verfügung. Sowohl von Betroffenen selbst als auch von Angehörigen erreichen die SuchtHotline öfters medizinische Anfragen – vor allem in Bezug auf Hepatitis, AIDS und alkoholbedingte Folgeerkrankungen. Doch auch in diesem Fall gilt: Das Gespräch ersetzt keinesfalls den Besuch bei einem Arzt.

»Krisen halten sich nicht an bestimmte Zeiten«

Die SuchtHotline führt ihre Beratungen in fünf Fremdsprachen durch: Englisch, Italienisch, Portugiesisch, Schwedisch und Französisch. Die genauen Zeiten dafür können unter Tel. 0 89/28 28 22 erfragt werden. Bei fast einem Fünftel mehr Fälle innerhalb eines Kalenderjahres, ist einleuchtend, dass die SuchtHotline dringend weiter Verstärkung braucht. Der Verein sucht Menschen, die Interesse an einer verantwortungsvollen Tätigkeit haben. Bestimmte Vorerfahrungen sind dafür nicht notwendig.

Wer Interesse an einer Ausbildung zum Suchtkrankenhelfer hat, kann sich unter www.suchthotline.de oder unter Tel. 0 89/28 28 22 informieren. Am 14. und 21. Januar finden zudem, jeweils um 18 Uhr, zwei Infoabende statt, bei denen Interessierte im Beratungszentrum (Tal 19, Nähe Marienplatz) ganz unverbindlich vorbeischauen können. Die Ausbildung hat einen Umfang von 11 Abenden (immer mittwochs) und zwei Wochenenden.

Jeder, der ehrenamtlich bei der SuchtHotline mitarbeiten möchte, sollte pro Monat rund 20 Stunden für den Dienst am Telefon erübrigen können. red

Anonyme Soforthilfe

SuchtHotline München (SHM) e.V. Beratung für Suchtgefährdete, Abhängige und Angehörige anonym und kostenlos rund um die Uhr per Telefon und E-Mail erreichbar: Tel. 0 89/28 28 22, kontakt@suchthotline.info www.suchthotline.de

Artikel vom 09.01.2015
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...