Wie gesund ist vegetarische Ernährung – für Erwachsene und Kinder?

Münchner Ernährungsexperte im Interview über Verzicht auf Fleisch

Professor Hans Hauner.

Professor Hans Hauner.

München · Gelbe Rüben knabbern oder doch lieber einen gscheiten Schweinebraten essen? Jahrzehntelang wurde in vielen Kulturkreisen der Verzehr von Fleisch mit Wohlstand gleichgesetzt. Inzwischen aber gibt es immer mehr Menschen, die fleischlos leben.

Vegetarische Kost liegt im Trend, insbesondere in der Fastenzeit. Wer es noch radikaler mag, schließt sich den so genannten Veganern an und verzichtet auf sämtliche tierische Produkte, also unter anderem auch auf Eier und Milch. Ob es tatsächlich eine gute Entscheidung ist, dem Fleischkonsum völlig zu entsagen, darüber sprachen wir mit Professor Hans Hauner, Leiter am Institut für Ernährungsmedizin des Klinikums Rechts der Isar.

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Münchner Samstagsblatt: Jeder zehnte Deutsche verzichtet auf Fleisch – behauptet zumindest der Vegetarierbund Deutschland. Wie sind die Zahlen für München?

Professor Hans Hauner: Wirklich belastbare Zahlen gibt es aktuell weder für München noch bundesweit. Die letzte bundesweite Erhebung zum Thema Ernährung stammt aus den Jahren 2005 und 2006. Darin gaben drei bis sechs Prozent der Befragten an, sich vegetarisch zu ernähren. Besonders deutlich war der Trend unter den jungen Mädchen. Rund zehn Prozent der weiblichen Teenager zog es vor, fleischlos zu essen. Ein ähnlich hoher Wert wurde weder bei älteren Frauen noch bei Männern erreicht.

Vegetarismus ist also überhaupt nicht auf dem Vormarsch?

Professor Hans Hauner: Die Gruppe derer, die Vegetarismus oder gar Veganismus konsequent betreiben, ist vergleichsweise noch relativ gering. Tatsache ist sicher, dass der Vegetarier an sich kein Exot mehr ist. In vielen Gaststätten stehen inzwischen zahlreiche vegetarische Speisen auf der Karte. Gleichzeitig geht der generelle Fleisch-und Wurstkonsum eindeutig zurück. Was man also sicher sagen kann ist, dass mit dem Thema Fleisch wesentlich bewusster umgegangen wird.

Warum dieser Bewusstseinswandel?

Professor Hans Hauner: Für die Mehrheit derer, die sich vegetarisch ernähren, sind ethische Motive vorrangig. Insbesondere der Tierschutz spielt eine große Rolle. Unter anderem soll der Massentierhaltung die rote Karte gezeigt werden. Es scheint viele mehr zu überzeugen den Tieren zuliebe auf Fleisch zu verzichten. Gesunde Ernährung ist da meist nur zweitrangig.

Inwiefern tut man sich selbst etwas Gutes, wenn man sich vegetarisch ernährt?

Professor Hans Hauner: Wer auf Fleisch verzichtet, nimmt deutlich weniger gesättigte Fettsäuren zu sich. Andererseits muss man aufpassen, denn Fleisch ist der Eisenlieferant schlechthin. Um sicherzugehen, dass kein Eisenmangel entsteht, sollte man sich vor der Umstellung auf vegetarische Kost ärztlich untersuchen lassen und ebenso sechs Monate später. Was das Eiweiß angeht, so kann man es auch über Soja, Bohnen, Erbsen und Getreide zu sich nehmen. Man ist dabei nicht ausschließlich auf tierische Quellen angewiesen. Wer sich vegetarisch ernähren will, soll es also gerne tun, aber bitte vernünftig und durchdacht. Es gibt ja auch Vegetarier, die kochen sich nur noch Nudeln in verschiedenen Varianten. Damit tut man sich mit Sicherheit nichts Gutes. Deshalb: Abwechslungsreich kochen. Und außerdem darauf achten, sich regelmäßig zu bewegen.

Und wie ist es bei Kindern – fleischlose Kost, ja oder nein?

Professor Hans Hauner: Insbesondere bei Kleinkindern ist vegetarische Kost nicht optimal. Kinder sind noch im Wachstum und brauchen deshalb unbedingt Eisen. Ein bisschen Fleisch sollte also auf dem Speiseplan stehen, denn über tierische Kost ist die Eisenversorgung gesichert und am leichtesten zu bekommen. Andernfalls können sich unter anderem die Organe nicht richtig entwickeln. Warnen möchte ich davor, Kinder ausschließlich vegan zu ernähren. Das ist schlichtweg verantwortungslos. Denn dadurch werden sie nicht mit den für sie notwendigen Nährstoffen versorgt. Auch Erwachsene sollten sich umfassend informieren, bevor sie auf vegane Kost umsteigen.

»Kinder ausschließlich vegan zu ernähren ist verantwortungslos«

Wie bedenklich ist Fleisch aus gesundheitlicher Sicht tatsächlich?

Professor Hans Hauner: Fleisch ist ein ganz normales Lebensmittel. Hysterie ist also unangebracht. Zudem sind wir Menschen Allesesser. Es ist also keinesfalls widernatürlich, Fleisch zu verzehren. Und was die Gesundheit betrifft: Fleisch ist Lieferant von B12, Protein und Eisen. Jedoch rate ich zu einem maßvollen Fleischkonsum. Wer zu viel Fleisch verzehrt, ist gefährdet, unter anderem an Adipositas, Dickdarmkrebs und Diabetes zu erkranken. Auch Herz und Kreislauf werden erheblich belastet. Von Sylvie-Sophie Schindler

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Artikel vom 20.03.2014
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