Kunst oder Kommerz? Ausstellung zeigt Vielfalt der japanischen Comics

»Der Weg des Manga« vom 23. Januar bis 9. Februar im Gasteig

Gegenwart und Vergangenheit japanischer Comickunst: Links ein Samurai aus einem Anime, rechts der Donnergott von Sekka Kamisaka, entstanden 1909/10. 	Fotos: Günter Beck

Gegenwart und Vergangenheit japanischer Comickunst: Links ein Samurai aus einem Anime, rechts der Donnergott von Sekka Kamisaka, entstanden 1909/10. Fotos: Günter Beck

München · Sie sind meist in schwarz-weiß gezeichnet und werden in Europa von hinten nach vorne gelesen: Mangas. Längst sind die japanischen Comics auch in Deutschland populär. Dass Mangas und ihre Trickfilmvariante, die Anime, weit mehr sind als ein Trend der Jugendkultur, zeigen die Münchner Volkshochschule und die Stadtbibliothek in ihrer neuen Ausstellung.

»manga-do – der Weg des Manga« läuft vom 23. Januar bis zum 9. Februar im Gasteig und soll die für viele unerwartete Vielfalt des Comic-Genres demonstrieren.
Selbst jemand, der sich weder für japanische Kultur noch für Comics im allgemeinen begeistert, dürfte schon einmal Manga- oder Anime-Helden begegnet sein: Zu präsent waren und sind Dragon Ball, Sailor Moon, Pokémon und Co. in etwa seit Beginn des neuen Jahrtausends in deutschen Kinder- und Jugendzimmern, im Fernsehen oder im Kino.

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Doch die Serien, die in Deutschland bekannt, beliebt und kommerziell erfolgreich sind, sind nur ein kleiner Bruchteil dessen, was in Japan entsteht. »Nur etwa ein Promille erscheint in Deutschland«, sagt Freddy Litten. Der Münchner Sinologe und Wissenschaftshistoriker ist einer der beiden Kuratoren der Ausstellung und beschäftigt sich seit einem Jahrzehnt mit Mangas. Der Hauptunterschied zwischen den japanischen und den westlichen Comics sei die wesentlich größere Themenvielfalt, erklärt Litten. »Alle denkbaren Genres werden bedient – von Sport bis zum Historiendrama.« Dadurch sprächen Mangas besonders viele Zielgruppen an, speziell die weibliche Leserschaft. »Reizvoll am Manga ist auch, dass man anspruchsvolle Werke schaffen kann, die sich verkaufen lassen«, meint Litten.

Sind Mangas nun eher Kunst oder Kommerz? »Alles, was wir in der Ausstellung zeigen, ist Kommerz«, sagt der Experte. Der Verkaufsgedanke stehe beim Zeichnen im Vordergrund. »Deswegen kann es trotzdem Kunst sein«, meint Litten. Mangas sollen ihre Leser unterhalten, können aber durchaus informativ oder kritisch sein. In Japan habe beispielsweise ein Manga über Kindesmisshandlung mit zu einer Gesetzesänderung beigetragen, sagt Freddy Litten.

In Deutschland werden Mangas und Anime dagegen oft als »Kinderkram« abgetan – vermutlich wegen den charakteristischen Kulleraugen, kuriosen Frisuren und kindlichen Gesichtern der Figuren. »Dieser Stil ist ein Vorurteil«, entgegnet Litten. Auch in punkto Zeichnungen sei die Bandbreite weitaus größer. Der Kurator präsentiert in der Ausstellung verschiedene Stile, Genres und Zielgruppen und gibt auch einen historischen Abriss. Ihren Ursprung haben die Mangas in den sogenannten »ukiyo-e«, japanischen Farbholzschnitten, die ab dem 17. Jahrhundert ihre Blütezeit erlebten. Schon die »ukiyo-e« entstanden aus kommer-ziellem Antrieb heraus. Sie beeinflussten sogar die europäische Malerei – so ließen sich etwa Vincent van Gogh und Paul Gauguin von den japanischen Darstellungen inspirieren. In der Ausstellung sind traditionelle »ukiyo-e« aus der Sammlung von Günter Beck zu sehen.

Im 20. Jahrhundert entstand schließlich – unter dem Einfluss amerikanischer Comics – der moderne Manga, der den Sprung nach Europa und Amerika schaffte. Inzwischen gibt es auch in Deutschland eine Szene von »Mangakas« (so heißen Mangazeichner), fünf davon sind in der Ausstellung vertreten. »Wir haben sogar eine Beethoven-Biographie dabei«, sagt Litten.

Dass die Ausstellung in München zu sehen ist, hat einen Hintergrund: In der Isarmetropole gründete sich im Januar 2000 der Verein »Animexx«, der heute weltweit über 1000 Mitglieder hat. »Animexx« hat sich speziell der Förderung von Manga und Anime verschrieben, betreibt eine der größten deutschen Websites und organisiert regelmäßig Fantreffen. Der Verein hat auch an der Ausstellung mitgewirkt. »Dort kann sich jeder einen Eindruck verschaffen, und erkennen, dass Mangas nicht ausschließlich Jugendkultur sind«, meint Litten. Die Ausstellung »manga-do – der Weg des Manga« läuft vom Donnerstag, 23. Januar, bis Sonntag, 9. Februar, jeweils von 8 bis 23 Uhr, im Gasteig (Foyer des Kleinen Konzertsaals). Der Eintritt ist frei. Von Benjamin Schuldt

Weitere Informationen unter www.mhvs.de.

Artikel vom 16.01.2014
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