Adventszeit im Kinderhaus

Ramersdorf · Fünf Religionen, 22 Nationen unter einem Dach

Einrichtungsleiterin Renate Schemann. 	Foto: privat

Einrichtungsleiterin Renate Schemann. Foto: privat

Ramersdorf · Jeden Tag kommen die Kinder des Johanniter Kinderhauses nach der Schule in das rotbraune Haus in der Görzerstraße. Sie stammen aus sozial benachteiligten Familien und werden vom Team des Johanniter-Kinderhauses im schulischen, emotionalen und sozialen Bereich betreut und gefördert.

In den nächsten Wochen verbringen sie zusammen die Adventszeit. Wie das funktioniert, obwohl die Kinder aus 22 Nationen kommen und mehreren unterschiedlichen Religionen angehören, erklärt die Einrichtungsleiterin Renate Schemann:

Wo unterschiedliche Religionen und Nationen aufeinandertreffen sind Konflikte oft vorprogrammiert. Wie schaffen Sie es, dass im Johanniter Kindehaus gemeinsam friedlich die Adventszeit verbracht wird?

Schemann: Konflikte treten meiner Meinung nach erst dann auf, wenn eine Religion oder Nation die Dominanz beansprucht. In unserem Hause wird keine Religion oder Nation in ihrer Bedeutung vor die andere gestellt. Alle Kinder, egal welcher Religion oder Nationalität sie angehören, werden gleich respektiert – inklusive ihres Glaubens und ihrer Traditionen. Unsere gemeinsame Mitte sind die bei allen Religionen anzutreffenden Werte wie Toleranz, Respekt, Güte, Ehrlichkeit, Gewaltlosigkeit und Liebe.

Jede Religion hat ihre eigenen Feste. Heißt das also, dass die Kinder nicht nur eine Weihnachtsfeier gemeinsam feiern?

Schemann: Oh ja, das ist sehr wichtig und auch sehr schön und bereichernd für alle! Wir feiern jedes Jahr verschieden Feste. Alle können wir leider nicht feiern, sonst kämen wir aus dem Feiern nicht heraus. Dieses Jahr haben wir ein interkulturelles Fest gefeiert, das mal keiner Religion zuzuordnen war.

Was hören Sie denn von den Eltern, wenn deren Kind zu Hause von den gemeinsamen Festen erzählt?

Schemann: Diese Situation gibt es bei uns eigentlich nicht, denn alle Feste werden zusammen mit den Eltern gefeiert. Fast immer bringen die Eltern herrliche Speisen aus ihrem Land mit, das sozusagen unser Catering ist. Manchmal übernehmen manche Eltern für ein Fest sogar die Verantwortung es zu organisieren.

Welchen Rat geben Sie Eltern und Kindern mit in die Adventszeit, die einen großen nichtchristlichen Freundeskreis haben oder selbst einer anderen Religion angehören?

Schemann: Gar keinen, das ist nicht nötig. Man kann den Advent so begehen, dass sich alle dazugehörig fühlen können. Am letzten Tag, vor der Schließungszeit zu Weihnachten, veranstalten wir ein kleines Fest unterm Baum mit Geschenken, Kinderpunsch und einer Vorlesegeschichte, die alle gleich berühren soll und kann.

Haben Sie einen ganz persönlichen Wunsch für dieses Weihnachtsfest?

Schemann: Im Grunde habe ich immer den gleichen Wunsch: Dass mehr Menschen friedlich miteinander leben können und dabei mehr Toleranz, Friedfertigkeit, Bescheidenheit leben und Verantwortung auch für andere übernehmen. Man kann so viel voneinander lernen, sich gegenseitig helfen und sich dabei persönlich so sehr weiterentwickeln – das beweisen unsere Kinder.

Artikel vom 19.12.2013
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