In Feldkirchens evangelischer Kirche sitzt der Schwamm

Feldkirchen · Neue Hiobsbotschaft

Pfarrerin Lenz-Lemberg in ihrem altehrwürdigen Sorgenkind. In der 175 Jahre alten Kirche geben sich die Handwerker die Portal-Klinke in die Hand. Vor dem Altar lagern Teile der Orgel (rechts). Nur: Wer soll das alles bezahlen? Foto: cs

Pfarrerin Lenz-Lemberg in ihrem altehrwürdigen Sorgenkind. In der 175 Jahre alten Kirche geben sich die Handwerker die Portal-Klinke in die Hand. Vor dem Altar lagern Teile der Orgel (rechts). Nur: Wer soll das alles bezahlen? Foto: cs

Feldkirchen · Ein rechtes Kreuz hat Feldkirchens neue Pfarrerin mit der Renovierung der über 175 Jahre alten Kirche. Nachdem vor neun Monaten Pilzbefall in den alten Balken entdeckt worden war, kam jetzt eine neue Hiobsbotschaft: Hausschwamm hat sich eingenistet.

Für Ghita Lenz-Lemberg »der größte GAU«.
Just zum Amtswechsel im Herbst des vergangenen Jahres hatte man bei der Installation einer Außen-Fluchttreppe den Pilz in dem Original-Gebälk aus dem 19. Jahrhundert entdeckt. Die Handwerker hielten Einzug, die Gläubigen mussten in den Gruppenraum im Erdgeschoss des Sakralbaus oder – bei größeren Anlässen wie Konfirmationen – in die Segenskirche nach Aschheim oder an Weihnachten sogar ins Rathaus-Foyer ausweichen. Beim Auswechseln des letzten pilzbefallenen Balkens schlug nun der Zimmerer Alarm: Jetzt frisst sich auch noch der Hausschwamm durch Holz und Mauerwerk. Damit dieser sich nicht unentdeckt hinter der Orgel verstecken kann, musste das Musikinstrument abgebaut werden. Dessen hölzerne Einzelteile lagern zurzeit vor dem Altarbild mit Christus am Kreuz. Weil ein Unglück selten alleine kommt, erwiesen sich bei dieser Gelegenheit auch einige der Orgelpfeifen als Sanierungsfall. Sie werden gerade in einem renommierten Orgelbaubetrieb in Bruckmühl neu gestimmt. Als die Orgel beiseite gerückt war, kamen ein ramponierter Parkettboden und fleckige Innenwände in dem einstigen »Betsaal« zum Vorschein. Bis zum Abschluss der Renovierungsarbeiten haben nun auch die Maler noch alle Hände voll zu tun.

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Das Gleiche gilt für die Hausherrin, die im vergangenen Oktober mit viel Tatendrang und Gottvertrauen die traditionsreiche Pfarrstelle von dem langjährigen Amtsinhaber Alfred Krauth übernommen hatte. Denn auch ohne das Gotteshaus als Sorgenkind werden ihr die Tage in der 2.700 Seelen zählenden und damit relativ großen Kirchengemeinde nicht lang. Zu ihrem Bereich gehören neben Feldkirchen und der Segenskirche in Aschheim auch die Orte Dornach, Hergolding, Neufarn, Parsdorf, Purfing und Weißenfeld. »Für einen alleine fast schon zu viel«, stöhnt sie. »Das ist hier eine gewachsene evangelische Gemeinschaft. Die Menschen fühlen sich mit ihrer Kirche traditionsgemäß stark verbunden.«

Älteste evangelische Kirche in Stadt und Landkreis

Kein Wunder: Das neu-romanische Gotteshaus, das im vergangenen Jahr 175-jähriges Bestehen feiern konnte, ist das älteste in Stadt und Landkreis München. Es wurde 1837 als Vikariatshaus, Betsaal und Schule errichtet. Da wird von der Amtsinhaberin neben ihren Kernaufgaben wie die Gestaltung von Gottesdiensten, Taufen, Trauungen und Beerdigungen sowie wöchentlich sechs Stunden Unterricht an der Grundschule auch Präsenz bei allen möglichen Einweihungen und Feiern erwartet. Die Kirchengemeinde ist außerdem Trägerin des Kindergartens Arche Noah und der Dornacher Kindertagesstätte und die Pfarrerin damit Dienstvorgesetzte von etwa 40 Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen.

Dazu kommen Geldsorgen. 109.000 Euro wurden ursprünglich für die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes angesetzt, jetzt addieren sich 78.000 Euro an zusätzlichen Ausgaben im Kampf gegen den Schimmel dazu. Zwei Drittel der Kosten und damit den Löwenanteil schultern zwar Landeskirche und Dekanat, aber 62.000 Euro plus der Rechnungen für die Instandsetzung von Parkett und Orgelpfeifen bleiben an der Kirchengemeinde hängen, betet Ghita Lenz-Lemberg vor. Lediglich 15.000 Euro stehen bis dato auf der Habenseite. Die sind vor allem durch ein Benefizkonzert der Joyfull Gospel Singers im Rathaus-Foyer, eine Lesung mit dem preisgekrönten Autor Alois Prinz, einen Flohmarkt vor der Kirche und diverse Einzelspenden zusammengekommen. Auch Bürgermeister Werner van der Weck hat für die Gemeinde Feldkirchen eine Summe von mehreren Tausend Euro zugesagt (siehe Bericht im Kasten). »Dann müssen wir wohl erstmal in den Sparstrumpf greifen, um die Handwerkerrechnungen zu bezahlen«, seufzt Lenz-Lemberg. Wer helfen möchte, kann auch eine sogenannte Kirchenmaus-Aktie zum symbolischen Wert von zehn Euro erwerben oder eine Spende auf das Konto der Kirchengemeinde überweisen.

Da ist die Pfarrerin froh, dass wenigstens eine ihrer Baustellen mittlerweile geschlossen ist: Das über Hundert Jahre alte Pfarrhaus direkt neben der Kirche, das ihr als Wohnung und mit ihrem Team als Arbeitsplatz dient, erhielt neue, dem Denkmalschutz entsprechende Fenster und wurde energetisch saniert. Hier ist sie mit ihrer Familie – dem Ehemann und der 17-jährigen Tochter Louisa – Anfang Oktober 2012 eingezogen. Nun hofft sie, dass sie nach genau einem Jahr zum Erntedankfest am 6. Oktober erstmals den Gottesdienst in dem mit frischem Blau getüchten Kirchenraum abhalten kann. Claudia Schmohl

Artikel vom 30.07.2013
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