Ungeahnte Herausforderungen für neue Feldkirchner Pfarrerin

Feldkirchen · Pilz im alten Gebälk

Zum Start hat Pfarrerin Ghita Lenz-Lemberg einige Probleme zu meistern: etwa die pilzbefallenen Holzbalken, die im Frühjahr durch neue ersetzt werden. Derzeit klaffen dort tiefe Löcher in der Fassade der 175 Jahre alten Kirche. 	Fotos: cs

Zum Start hat Pfarrerin Ghita Lenz-Lemberg einige Probleme zu meistern: etwa die pilzbefallenen Holzbalken, die im Frühjahr durch neue ersetzt werden. Derzeit klaffen dort tiefe Löcher in der Fassade der 175 Jahre alten Kirche. Fotos: cs

Feldkirchen · Mit einer handfesten Überraschung hat die evangelische Gemeinde die Pfarrerin empfangen: Das Holz im 175 Jahre alten Gotteshaus in Feldkirchen ist morsch, der Kirchenraum vorerst unbenutzbar.

Doch mit Tatendrang und Gottvertrauen packt Ghita Lenz-Lemberg ihr neues Amt an. Dass sie beides dringend brauchen wird, das war der bisherigen zweiten Pfarrerin der Gröbenzeller Zachäuskirche schon vorher bewusst. Denn mit Alfred Krauth hat die mit 2700 Seelen relativ große evangelische Kirchengemeinde im Sommer nach über 20 Jahren einen überaus beliebten Seelsorger verabschiedet. Die berühmten »großen Fußstapfen« haben die 50-Jährige nicht davon abgehalten, sich nach elf Jahren im Landkreis Fürstenfeldbruck um die intern ausgeschriebene Stelle zu bemühen. »Evangelische Pfarrer sollen alle zehn bis 15 Jahre ihren Wirkungsort wechseln«, so ein Credo. Gleich mit dem ersten Bewerbungsschreiben hat es geklappt. Zuvor hat sich Ghita Lenz-Lemberg freilich bei Pfarrer Krauth erkundigt, was sie in Feldkirchen wohl so alles erwartet.

Dass es gleich ein marodes Gotteshaus sein würde, konnte auch der scheidende Pastor nicht ahnen. Ein Pilz hatte sich in dem Original-Gebälk aus dem 19. Jahrhundert eingenistet, alle Holzbalken müssen ausgewechselt werden. Das Malheur wurde bei der Installation einer Außen-Fluchttreppe aus dem im ersten Stock liegenden Kirchenraum entdeckt. Dieser ist nun bis mindestens Ostern wegen Bauarbeiten gesperrt. Der darunter liegende Gemeinderaum, in dem sich üblicherweise Mutter-Kind- und ähnliche Gruppen treffen, ist zwar für die 30 bis 40 Gläubigen bei den gewöhnlichen Gottesdiensten völlig ausreichend. Aber Weihnachten steht vor der Türe und die neue Seelsorgerin musste sich für die jeweils rund 250 Besucher bei Familiengottesdienst und Christmette an Heiligabend nach einem Ausweichquartier umsehen. Beide Gottesdienste haben jetzt eine Herberge im Rathaus-Foyer gefunden. Außer Handwerkern stehen der »Neuen« damit auch gleich Geldsorgen ins Haus. Von den Baukosten im sechsstelligen Bereich trägt das Kirchenbauamt zwar zwei Drittel, den Rest aber muss die Kirchengemeinde selbst aufbringen. »Dafür sind zwar Rücklagen vorhanden, es wird aber sicher auch Benefizaktionen geben«, kündigt Lenz-Lemberg an. Näheres will sie noch verraten.

Überhaupt ist die neue Amtsinhaberin zurückhaltend mit Ankündigungen und Versprechungen. Sie werde zwar sicher einiges verändern, wolle aber zunächst ein Jahr lang eher zuhören und gezielte Gespräche führen. Vorerst hat sie noch alle Hände voll zu tun, sich in ihrem großen Wirkungskreis vorzustellen. Dazu gehören neben Feldkirchen und der Segenskirche in Aschheim auch die Orte Dornach, Hergolding, Neufarn, Parsdorf, Purfing und Weißenfeld. Ein Zufall, dass gerade jetzt nach sechsjähriger Amtszeit der zehnköpfige Kirchenvorstand neu gewählt und etwas verjüngt wurde. Jung ist auch die Bevölkerung in den Wachstumsgemeinden im Münchner Osten.

Die Kirchengemeinde ist dabei Trägerin des Kindergartens Arche Noah in Feldkirchen und der Dornacher Kindertagesstätte. »Eine große Herausforderung«, wie Ghita Lenz-Lemberg sagt. Sie müsse erst noch die Zeit finden, sich um diese Einrichtungen intensiv zu kümmern. Immerhin ist sie damit Dienstvorgesetzte und Ansprechpartnerin für rund 40 Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen. Außerdem gehören der Religionspädagoge Dirk Heidenstecker sowie die Sekretärin Anja Schild, der Hausmeister und Mesner Richard Slawik und der Organist und Chorleiter Klaus Schmidt zu ihrem Team. Freilich bleiben die Kernaufgaben wie die Gestaltung von Gottesdiensten, Taufen, Trauungen und Beerdigungen sowie wöchentlich sechs Stunden Unterricht an der Grundschule an ihr hängen. Außerdem will sie sich bei vielen Veranstaltungen am Ort zeigen. »Feldkirchen ist ein traditionelles evangelisches Dorf.

Das Althergebrachte spielt vor allem bei den Älteren eine große Rolle«, hat sie – ganz im Gegensatz zu ihrer bisherigen Wirkungsstätte – festgestellt. »Da wird eine hohe Präsenz erwartet.« Gerne würde sie sich intensiver der eigentlichen Seelsorge widmen, etwa bei Hausbesuchen. »Dafür fehlt leider oft die Zeit«, bedauert sie. Aber das sei »ein grundsätzliches Problem« ihres Berufsstandes. Ganz sicher würde sie sich auch gerne ans Einrichten ihres neuen Zuhauses machen, in das sie am 1. Oktober mit dem Ehemann, einem selbständigen Kaufmann, und der 17-jährigen Tochter Louisa eingezogen ist. Aber in dem hundert Jahre alten Pfarrhaus direkt neben der Kirche gingen bis vor kurzem ebenfalls die Handwerker ein und aus und die letzten Umzugskisten stehen unausgepackt in den Wohnräumen neben ihren schönen alten Möbeln.

Viele Baustellen für neue Pfarrerin

Denn die Dienstwohnung wurde ebenfalls renoviert. Ein neuer Boden musste verlegt und die Fensterläden nach den Vorgaben des Denkmalamtes ausgewechselt werden. Und im Arbeitszimmer warten stapelweise Bücher drauf, in die schweren, dunklen Bücherregale einsortiert zu werden. Viele Baustellen also für die erste Frau auf Feldkirchens Pfarrstelle. Und damit wenig Zeit für die gebürtige Münchnerin, um ihre Hobbys zu pflegen: das Lesen, das Reisen und Bergwandern. Sie ist schon den Jakobsweg gegangen. Im Urlaub zieht es sie nach Griechenland oder Frankreich. Von Kuba war sie begeistert und hat dafür sogar angefangen, ein paar Brocken Spanisch zu lernen. »Ich erlebe gerne neue Menschen«, sagt sie. »Und ich brauche die Natur, um abzuschalten.« Ob sie mittlerweile in Feldkirchen angekommen ist? »Noch nicht ganz, aber ich habe schon einen ganz guten Gesamtüberblick«, sagt sie bescheiden. Der Rest wird sicher bald kommen. Claudia Schmohl

Artikel vom 11.12.2012
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