Zum fünften Mal fand bei der Pfennigparade das beliebte Schachturnier statt

Milbertshofen · Völlig barrierefreier Sport

Schach ist bei der Pfennigparade seit Jahren beliebt. Mit einem großen Turnier wird der Denksport, bei dem fast jeder mitmachen kann, gefeiert.	Foto: ws

Schach ist bei der Pfennigparade seit Jahren beliebt. Mit einem großen Turnier wird der Denksport, bei dem fast jeder mitmachen kann, gefeiert. Foto: ws

Milbertshofen · »Schach ist ein Denksport, den man auch im Rollstuhl betreiben kann. Und man ist ebenbürtig mit den Nicht-Behinderten«, sagt Werner.

Er ist 60 Jahre alt, wohnt seit 1977 im Komplex der Pfennigparade an der Barlachstraße am Petuelring und gehört zu den Siegern des großen Schachturniers »Geistesblitz und Taktikwitz«.

Die Münchner Schachstiftung veranstaltet es einmal im Jahr. Jedes Mal nehmen Schüler, Bewohner und Werkstattbeschäftigte der Behinderten-Einrichtung teil. Heuer feiert man ein kleines Jubiläum, das Turnier findet zum fünften Mal statt. Die Clubräume platzen am Montag aus allen Nähten. Schachbrett steht an Schachbrett. Alle spielen auf einmal. »Das ist ein kleiner Weltrekord, dass in einem Raum so viele Behinderte Schach spielen«, findet Dijana Dengler, Vorsitzende der Münchner Schachstiftung. Fußballweltmeister Paul Breitner übergibt am Montagnachmittag die Pokale und Urkunden. Vor jeder Teilnehmerin und vor jedem Teilnehmer macht er eine Verbeugung, klopft ihnen anerkennend auf die Schulter und lässt sich zur Erinnerung mit jedem Einzelnen fotografieren.

Eine von ihnen ist Lilli. Die Zwölfjährige hat den ersten Preis in der Kategorie Mädchen gewonnen. Sie sitzt in einem pinkfarbenen Rollstuhl, wohnt mit ihren Eltern in der Messestadt Riem und besucht die Realschule in den Räumen der Pfennigparade. Nachmittags geht sie dort in die Tagesstätte. Einmal in der Woche kommen nette Leute von der Münchner Schachstiftung in die Behinderten-Einrichtung und bringen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Schach bei. Stiftungsvorsitzende Dijana Dengler macht es großen Spaß. »Wenn ich Buben Schach beibringe, sage ich immer: Jungs, stellt euch vor, jetzt spielt der FC Bayern gegen 1860 München.« Auf die Frage, wer denn gewinne, antworteten die Buben natürlich oft der FC Bayern. »Also, sage ich dann zu den Jungs: Lasst eure Figuren auf dem Schachbrett der FC Bayern München sein.«

Die Krönung des Schachkurses in der Pfennigparade ist das Schachturnier. Rund 50 Mädchen und Buben, Frauen und Männer nehmen in diesem Jahr daran teil. Auch einige Nicht-Behinderte. Die jüngsten sind zehn Jahre, die ältesten 60. Den ganzen Montag lang setzen sie sich gegenseitig schachmatt. Ein Spiel dauert 40 Minuten. Jeder und jede absolviert sieben Spiele. Wer in seiner Kategorie die meisten Punkte hat, hat gewonnen und bekommt einen Pokal. »Sie können sehr viel«, lobt Dengler die Teilnehmer. »Die Partien waren sehr gut.« Werners Bilanz kann sich sehen lassen: »Ich habe einmal verloren, einmal unentschieden gespielt und fünfmal gewonnen«, freut sich der Bewohner der Pfennigparade. Alexander war genauso gut. Die beiden teilen sich deshalb den ersten Preis, jeder bekommt einen Pokal.

Dabei sein ist alles. Deshalb geht am Ende keiner leer aus, jeder erhält einen Preis (Schachbücher, DVDs und andere nützliche Schachutensilien) – und natürlich eine Urkunde. »Schach macht schlau«, steht darauf. Die besten bekommen von Paul Breitner einen mächtigen Pokal in die Hand gedrückt. Ein Blinder, von großer Statur, steht da, hat keinerlei Berührungsängste und legt von oben herab dem Fußballstar freundschaftlich einen Arm um die Schulter. Auch Pfennigparade-Chef Gernot Steinmann freut sich über den Besuch des Ehrengastes. Dieser sei als Fußballspieler des FC Bayern München früher sein Idol gewesen.

Breitner selbst, der 1974 mit der Nationalelf Fußballweltmeister wurde, erzählt ebenfalls von seiner Jugend: »Ich bin in meinem direkten Umfeld mit behinderten Kindern erwachsen geworden.« Sein einziges Berufsziel sei es deshalb gewesen, einen Beruf zu ergreifen, »um mit Menschen wie euch leben zu können«, sagt Breitner. Er habe denn auch begonnen, Sonderpädagogik zu studieren, sei dann aber Fußballprofi geworden.

In den 1970er-Jahren war er neben Franz Beckenbauer und Gerd Müller einer der Stars beim FC Bayern München. Breitner lud die kleinen und großen Schachspieler aus der Pfennigparade, die noch nicht in der Fröttmaninger Fußballarena waren, nun zu einem Heimspiel der Bayern in der nächsten Bundesliga-Saison ab August ein. Und natürlich heißt es Daumen drücken für die nächsten Wochen: »Wir wollen, dass der FC Bayern möglichst viel gewinnt«, stellt Breitner klar. Wally Schmidt

Artikel vom 16.04.2013
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