Steigender Bedarf: Schuldnerberatung für Jugendliche

München · Was geht und was geht nicht

Kostenlos und vertraulich: Die Jugend-Schuldnerberatung im JIZ mit der Soziologin Carolin Tschapka und  Einrichtungsleiter Michael Graber. Foto: Kohnke

Kostenlos und vertraulich: Die Jugend-Schuldnerberatung im JIZ mit der Soziologin Carolin Tschapka und Einrichtungsleiter Michael Graber. Foto: Kohnke

München · Der Umgang mit Geld ist nicht einfach, gerade für Jugendliche und junge Erwachsene. Das Internet ermöglicht Einkaufen rund um die Uhr. Ein Vertrag ist schnell unterschrieben – aber auch durchschaut? Schuldenfallen lauern vielerorts.

Bevor die Lage eskaliert und offene Rechnungen über den Kopf wachsen, können sich junge Leute Hilfe holen. Die gibt es kostenlos und vertraulich bei der Jugend-Schuldnerberatung im Jugendinformationszentrum (JIZ), in Kooperation mit AWO/DGB. Im Landkreis helfen allen Landkreisbewohnern die zwei speziellen Beratungsstellen der Caritas in Unterschleißheim und Taufkirchen, die der Landkreis München finanziert.

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Jeden Donnerstag von 16 bis 18 Uhr ist die Diplom-Soziologin Carolin Tschapka in dem kleinen, freundlichen Büro des Jugendinformationszentrums in der Nähe der Fußgängerzone zu sprechen. Im Wechsel mit ihren Kolleginnen Christina Huber und Eva Hering vom AWO-Kreisverband. Ohne Anmeldung, ohne Bürokratie, sind in der Herzogspitalstraße 24 alle jungen Leute willkommen, die Unterstützung im Umgang mit Geld brauchen. Und es werden immer mehr. Waren es vor drei Jahren noch 83 Jugendliche im Alter bis 25 Jahren, so gab es 2012 bereits 111 Ratsuchende. Derzeit setzen sich Carolin Tschapka und ihre Kolleginnen für 60 Betroffene ein. Vier Erstkontakte gab es allein an diesem Donnerstag. Die meisten, die kommen, haben im Schnitt bis zu 5.000 Euro Schulden und sind zwischen 20 und 23 Jahren alt.

Die Ursachen einer Verschuldung sind facettenreich, meist liegt ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren zugrunde. Fehlende Finanzkompetenz, kein Schulabschluss und geringes Einkommen, aber auch das familiäre Umfeld und Arbeitslosigkeit könnten die Schuldenspirale in Gang setzen, erzählt die 30-Jährige. „Im Erstgespräch klären wir zunächst die individuellen Ursachen“, so Tschapka. Manche der Betroffenen hätten sogar Verträge für Freunde abgeschlossen, die ebenfalls schon verschuldet sind. „Geht die Freundschaft dann auseinander, stehen die jungen Leute plötzlich alleine da“. Zunehmend seien da auch junge Frauen betroffen. Stabilität in den Ausgaben und die Führung eines Haushaltsplans sind die ersten Schritte aus der Verschuldung. Wichtig sei dabei der Überblick, das Sortieren und Verstehen von Forderungen, Rechnungen, Verträgen. „Das kann schon ein gutes halbes Jahr dauern“, weiß die Soziologin aus Erfahrung. Erst dann könne an einer konstruktiven Lösung gearbeitet werden, falls nötig auch unter Einbeziehung weiterer Beratungsstellen.

Als letzter Schritt könne eine Privatinsolvenz beim Insolvenzgericht angestrebt werden, erklärt Tschapka. Hilfe und Perspektiven gebe es immer. Dazu ergänzt Michael Graber, Leiter des JIZ: „Natürlich können wir in der Schuldnerberatung keine Rechtsberatung vornehmen“. Im JIZ gibt es aber immer dienstags ab 16 Uhr eine Rechtsberatung speziell für Kinder und Jugendliche. „Elf Anwälte engagieren sich hier ehrenamtlich in Kooperation mit dem Stadtjugendamt“, so Graber. Das JIZ sei eine Info- und Beratungsstelle für alle Themen rund um die Jugend, in Trägerschaft des Kreisjugendrings München-Stadt. „Es ist bundesweit die älteste und größte Einrichtung dieser Art“, betont Graber.

„Bei Schuldenproblemen sollte man möglichst bald zu uns kommen“, legt Birgit Oppermann-Schramm von der Schuldnerberatung der Caritas Taufkirchen den Jugendlichen ans Herz. „Je früher, desto leichter ist alles zu regeln. Sobald es einen Vollstreckungstitel gibt, wird‘s kompliziert“. Die Beratung bei der Caritas ist vertraulich wie auch kostenlos. Neben der klassischen Beratung setzt die Diplom-Sozialpädagogin und ihre Kollegen auf Prävention an Mittelschulen im Landkreis, in Ottobrunn, Höhenkirchen oder Unterhaching. Zielgruppe sind die neunten Abschlussklassen – Jugendliche im Alter von etwa 16 Jahren, kurz vor dem ersten eigenen Gehalt. „Da wird etwa in Gruppenarbeit geklärt, wie viel Gehalt es in den verschiedenen Ausbildungsberufen gibt“, erläutert Oppermann-Schramms Kollege Klaus Binder. Andere wiederum zeigen die zu erwartenden Lebenshaltungs-Kosten auf. „Da merken die Schüler ganz schnell, was geht und was nicht.“ Von Kathrin Kohnke

Sollten Jugendliche mehr lernen über Geld und Schulden, etwa in der Schule? Stimmen Sie ab unter www.samstagsblatt.de.

Hier gibt’s Beratung

  • Jugend-Schuldnerberatung im JIZ, donnerstags, 16 bis 18 Uhr, im JIZ, Herzogspitalstraße 24, www.jiz-muenchen.de
  • Telefonische Beratung bei der AWO/DGB, Schwanthalerstr. 64, www.awo-muenchen.de, unter anderem dienstags von 13 bis 14 Uhr, Tel. 0 89/51 55 64 50.
  • Caritas-Zentrum Schleißheim-Garching, Im Klosterfeld 14b, Unterschleißheim, Tel. 0 89/32 18 32-0
  • Caritas Taufkirchen, Am Bahnsteig 14, Taufkirchen: Tel. 0 89/9 60 51 70, www.caritas-taufkirchen.de

Artikel vom 14.02.2013
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