Mehr Durchblick im Umgang mit Islam und Judentum

Zentrum · Knigge der Kulturen

Interkulturelle Feste zwischen Bayern und Muslimen stärken gegenseitiges Verständnis und Toleranz.	Foto: Privat

Interkulturelle Feste zwischen Bayern und Muslimen stärken gegenseitiges Verständnis und Toleranz. Foto: Privat

Zentrum · Pralinen sind ein beliebtes Mitbringsel. Damit kann man eigentlich nichts falsch machen – oder etwa doch? Wer beispielsweise bei einer muslimischen Familie eingeladen ist, der könnte bereits einen Fauxpas begehen, wenn die Pralinen Alkohol enthalten.

Der Grund: Im Islam gilt ein Alkoholverbot. Gut also, Bescheid zu wissen. Das evangelische Bildungswerk (ebw) bietet nun die Vortragsreihe »Interkultureller Knigge« an, um über die Traditionen und Bräuche in muslimischen und auch jüdischen Kulturkreisen zu informieren. »Wir haben immer wieder festgestellt, dass viele im Umgang mit Menschen jüdischen oder muslimischen Glaubens besonders scheu und unsicher sind. Die Traditionen und Zeremonien, aber auch die Wertvorstellungen ›der anderen‹ sind uns zu wenig vertraut«, sagt die Veranstalterin Christa Liebscher von »Die Nachbarschaftshilfe«. »Da wollen wir Abhilfe schaffen, damit Berührungsängste überwunden werden können.« Behandelt werden Fragen wie: Wie benehme ich mich richtig? Was muss ich beachten? Was muss ich als Gastgeber bedenken? Welche Essensregeln gelten? Wie verhalte ich mich in einem Trauerfall?

Verschiedene Vertreter des Judentums und des Islam sind als Referenten geladen, die Vortragsreihe ist eine Kooperationsveranstaltung mit dem Verein »Freundschaft zwischen Ausländern und Deutschen e.V.« Das Interesse am Thema ist groß. »Wir haben jedes Mal viel Zuspruch, die Bereitschaft ›die anderen‹ zu verstehen, das Interesse aneinander, ist wesentlich größer geworden, man will aufeinander zugehen«, freut sich Liebscher. »Man will und weiß manchmal einfach nicht, wie.« Der Andrang ist ungebrochen. Auch der Vortrag am heutigen Mittwoch ist bereits ausgebucht, die Reihe wird im Frühjahr fortgesetzt, Veranstaltungsort ist das Gebäude des ebw an der Herzog-Wilhelm-Straße 24.

Eine weitere Möglichkeit, sich zu informieren, gibt es am 20. November um 19.30 Uhr im Internationalen Beratungszentrum an der Goethestraße 53. Schwerpunkt dieser Veranstaltung, die von »Die Nachbarschaftshilfe« initiiert wurde, ist Sterben und Tod. Erklärt werden die Rituale und Traditionen, wenn ein Mensch stirbt – im Judentum, Christentum und Islam. »Dieses Thema gehört zu den sensibelsten überhaupt«, so Liebscher. Insbesondere Ehrenamtliche in Alten- und Pflegeheimen seien damit regelmäßig konfrontiert. »Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade schwerkranke Menschen in ihren Ritualen sehr viel Halt finden und diese auch brauchen – und da ist es entscheidend, dass alle Verantwortlichen Bescheid wissen«, sagt die Sozialpädagogin. Aber auch im ganz normalen Alltag gilt: Wer sich mit den Bräuchen der anderen auskennt, erleichtert das Zusammenleben.

»Wer mit einem gewissen Know-How gerüstet ist, der traut sich auch schneller, auf den anderen zuzugehen – ohne die Angst, etwas falsch zu machen«, weiß Liebscher. Über die Bräuche von Muslimen und Juden Bescheid zu wissen, habe schließlich auch mit Respekt zu tun. »Anders als bei uns spielt die Religion viel stärker in den Alltag hinein, das gilt es, zu verstehen.« Gerade beim Essen, dessen Regeln sich meist aus dem Glauben ableiten, könne man viel falsch machen, wenn man Gastgeber ist. »Schweinefleisch ist für Muslime tabu. Und bei jüdisch Gläubigen gilt unter anderem, Fleischiges und Milchiges zu trennen«, erklärt Liebscher. Der sicherste Weg sei deshalb in jedem Fall vegetarische Kost anzubieten. Oder dieser Brauch: In muslimischen Haushalten werden Straßenschuhe vor der Wohnungstüre ausgezogen. Was vor allem darum so ist, weil auch zu Hause gebetet wird – der Boden soll deshalb nicht von Straßenschuhen verschmutzt werden. »Muslime würden einem Gast jedoch nie sagen ›Zieh deine Schuhe aus‹, sondern es erdulden«, so Liebscher. »Umso erleichterter sind sie natürlich, wenn einer Bescheid weiß.« Ein schöner Nebeneffekt übrigens: Über die Rituale und Bräuche komme man auch ins Gespräch darüber, was dem anderen wichtig ist. »Man ist neugierig aufeinander, man will erfahren, warum macht ihr das eigentlich«, sagt Liebscher. »Ein guter Weg, damit Vorurteile gar nicht erst entstehen.« S. Schindler

Artikel vom 06.11.2012
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