Ist die Schwanthalerstraße ein »Schandfleck« für die Stadt?

Zentrum · Grün statt Betongrau

Diese Fotomontage zeigt, wie sich das Bild der Schwanthalerstraße durch nur einige Bäume laut Franz Wickenhäuser (kl. Foto) schon »liebenswert« verändern würde. 	Fotos: Franz Wickenhäuser

Diese Fotomontage zeigt, wie sich das Bild der Schwanthalerstraße durch nur einige Bäume laut Franz Wickenhäuser (kl. Foto) schon »liebenswert« verändern würde. Fotos: Franz Wickenhäuser

Zentrum · Aus is! Die Wiesn hat ihre Pforten geschlossen. Und wie immer haben wir uns fesch »aufgmaschelt«, wenn die Welt bei uns zu Gast ist. Doch hat sich auch das Viertel von seiner besten Seite gezeigt? Der Verein Südliches Bahnhofsviertel München hadert da noch mit einer stadtplanerischen Wunde. Die Schwanthalerstraße sei besonders während der Zeit des Oktoberfestes für Touristen ein derzeit nicht besonders überzeugendes Bild der Münchner Lebensart, stellt der Vorsitzende Franz Wickenhäuser fest.

Auch die gut 3.000 Menschen, die hier wohnen und die 30.000 Menschen, die hier arbeiten, sollen sich noch wohler fühlen können. Deshalb hat er eine Vision ins Gespräch gebracht: Die Schwanthalerstraße soll begrünt werden. »Wir hoffen, dass von einigen wirksam gesetzten Grünpunkten im Viertel eine Botschaft ausgeht: Hier ist keine Steinwüste, sondern Münchens Puls in die Welt«, so Wickenhäuser. Doch es bleibt nicht nur bei schönen Träumen. Das gewünschte Vorhaben ist inzwischen einen wesentlichen Schritt weiter gekommen. Der Verein hat beim Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt (BA 2) einen entsprechenden Antrag gestellt, der in der vergangenen Woche ohne Gegenstimmen angenommen wurde.

Neben der Schwanthalerstraße soll demnach auch die Landwehrstraße von einer Begrünung profitieren. »Wir begrüßen es, wenn endlich das Betongrau durch Bäume aufgelockert würde«, sagt BA-Chef Alexander Miklosy. Er nennt ein jüngstes Beispiel, das zeigt, was schon ein bisschen Grün auslösen kann: »Der integrative Christbaum an der Goethestraße 20 hat im Dezember für Aufsehen gesorgt und gleichzeitig das Straßenbild verschönert.« Nach dem Ende der Renovierungsarbeiten für das Deutsche Theater wäre der Zeitpunkt günstig, um beispielsweise zwischen den Stellplätzen eine alleeartige Begrünung vorzusehen. Möglich wären auch Einzelbäume an den Kreuzungen. Nun geht es darum, sich ein Okay von der Stadt zu holen. Was vielleicht nicht so ganz unkompliziert ist. Denn Schwierigkeiten sieht Miklosy etwa im Untergrund. Wenn hier Versorgungsleitungen in einer starken Dichte verlegt seien, erschwert dies logischerweise Baumpflanzungen, sagt er.

Aber auch dann hofft er auf Begrünung, »notfalls durch mobile Pflanztröge wie in der Fußgängerzone«. Auch BA-2-Mitglied und Baumschutzbeauftragte ­Silvia Haas (Die Grünen) und Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher unterstützen den ­Antrag. Begründet wird das nicht nur mit einer optischen Aufwertung. »Stadtforscher raten dazu, die Städte jetzt zu begrünen, weil sich die Temperatur in Städten in etwa zehn Jahren um ein bis zwei Grad erhöht«, so Haas. Neben Grünzügen für die Durchlüftung der gesamten Stadtgebiete, würden Straßenbäume immer wichtiger. Sie seien wichtige Sauerstofflieferanten und Schattenspender für den Menschen, würden also die Lebensqualität im Straßenraum erheblich verbessern. Und gerade an der Schwanthalerstraße tobt sozusagen das Leben.

Gut 25 Nationen leben und arbeiten hier. Laut Wickenhäuser ist die Schwanthalerstraße zusammen mit der Goethe-, Schiller- und Landwehrstraße ein »Spiegelbild des multinationalen lebendigen Münchens, eben Münchens Puls in die Welt«. Seit 1912 ist Wickenhäuser in der Schwanthalerstraße mit seiner Tochter Kathrin in der vierten Generation unternehmerisch zu Hause. Früher übrigens gehörten Bäume und Rasen hier ganz selbstverständlich zum Straßenbild. Mit der Begrünungsaktion wird insofern auch angeknüpft an vergangene Zeiten. »Vor der Nazi-Diktatur gab es hier reizende Vorgärten und Wirtschaften mit grüner Freifläche«, sagt Wickenhäuser.

Diese Grünflächen sind noch vor Kriegsbeginn »brutal zubetoniert« worden und so sei das heutige Straßenformat entstanden. Dabei habe das gesamte ursprüngliche Bebauungskonzept seit dem 18. Jahrhundert begrünte Straßenzüge zum Erhalt der Lebensqualität ausgewiesen. »Eine Schwanthalerstraße mit Vorgärten wäre aber ein Rückfall in die Jahre um 1920, dies wäre nicht zeitgerecht«, räumt Wickenhäuser ein. »Das Ziel ist aber auch kein botanischer Garten, sondern ein liebens- und lebenswertes Stadtviertel mit den notwendigen grünen Lichtblicken.«

Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 09.10.2012
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