Gemeinde Hallbergmoos kämpfte für den Verbleib von Thomas Bachmann

Hallbergmoos · Pfarrer darf bleiben!

Nicht immer sind die Gottesdienste so voll. Doch die Zeiten, als nur zehn evangelische Christen den Weg fanden, sind durch den Hallbergmooser Pfarrer, Thomas Bachmann (r.), lange vorbei.	Fotos: bb/sl

Nicht immer sind die Gottesdienste so voll. Doch die Zeiten, als nur zehn evangelische Christen den Weg fanden, sind durch den Hallbergmooser Pfarrer, Thomas Bachmann (r.), lange vorbei. Fotos: bb/sl

Hallbergmoos · Eine schriftliche Zusage von 40.000 Euro für zwei Jahre waren notwendig, damit der beliebte evangelische Pfarrer Thomas Bachmann weiterhin in Hallbergmoos bleiben darf. Denn eigentlich ist die Gemeinde mit ihren 1100 evangelischen Christen zu klein für eine eigene Pfarrei.

Die Landeskirche drückte bereits vor zwei Jahren angesichts des Kirchenneubaus ein Auge zu, will nun erneut großzügig sein, um die sehr erfolgreiche Jugendarbeit sowie missionarische Tätigkeit Bachmanns nicht abzubrechen. Für zwei Jahre würde sie die eine Hälfte seines Salärs bezahlen. Die zweite Hälfte musste von den Christen selbst aufgebracht werden. Da wollte die Gemeinde nicht abseits stehen und sicherte ebenfalls 10.000 Euro zu, doch vermutlich werden die dank der großzügigen Spender aus der Kirchengemeinde gar nicht benötigt.

»Das kann doch nicht wahr sein, dass die evangelische Kirche jedes Jahr viele Milliarden an Kirchensteuer einnimmt, wir sogar mit 300.000 Euro als Gemeinde die neue Emmaus-Kirche mitbezuschusst haben. Und jetzt sollen wir für den Pfarrer auch noch etwas bezahlen? Da stimme ich dagegen, nicht weil ich gegen den sehr guten Pfarrer Bachmann bin, sondern gegen das Verhalten der Kirche«, erklärte Gemeinderat Bernhard Neumüller (FW) bestimmt. Auch Christian Krätschmer (CSU) konnte den Antrag von Bürgermeister Klaus Stallmeister kaum glauben: »Ich finde das eine bodenlose Frechheit der Kirche und frage mich, was denn mit dem nächsten evangelischen Pfarrer passiert, der kommt? Müssen wir den dann auch zahlen? Irgendwann muss auch mal Schluss sein!« Letztlich blieben die beiden Räte aber die einzigen, die offen gegen den Antrag Stallmeisters stimmten, für zwei Jahre 10.000 Euro für den Verbleib Bachmanns zu bezahlen. Pfarrer Thomas Bachmann (46) ist seit 2004 in Hallbergmoos, damals kamen im Schnitt acht bis zwölf Besucher zu den Gottesdiensten.

Gemeinsam mit seiner Frau Renate engagiert er sich seither enorm in der Jugendarbeit mit Freizeiten, Musicals und zahlreichen Projekten. Darüber hinaus ist er als evangelischer Religionslehrer in der Grund- und Hauptschule tätig und widmet sich der seelsorgerischen und missionarischen Arbeit. Natürlich war er auch mit dabei bei allen Aktionen des »Kirchenbauvereins«: Kastanienfest, Hallbergmooser Backbuch, Truthahnessen und Weinfest, Lesung mit Prominenten, Konzerte mit Chören, Stände auf den Weihnachtsmärkten mit eigenen Likören und CDs, ein jährlicher Nikolausdienst oder der Bausteinverkauf brachten sukzessive Geld in die Kasse. »Das Problem ist«, erklärt Stallmeister, »dass Hallbergmoos nur 1100 evangelische Christen hat, einen Pfarrer mit einer eigenen Pfarrei kann es laut evangelischem Kirchenrecht aber erst ab 2000 Christen geben. Daher ist Hallbergmoos nur ein Teil der Neufahrner Kirchengemeinde mit einer halben Stelle – und darum bekommt der Ort immer nur einen Pfarrer auf Zeit!« Bachmanns Zeit war eigentlich schon vor zwei Jahren abgelaufen.

Doch auf Grund seines großen Engagements für den Bau der neuen Kirche hat die Landeskirche bereits die vergangenen beiden Jahre mit einem starken Augenzudrücken, auch auf Druck der Gemeinde und dank der Hilfe großzügiger Spender aus Hallbergmoos, die in zwei Jahren 40.000 Euro zuschossen, akzeptiert. »Doch man muss auch sehen, es gibt einige andere Gemeinden, die sehen die ständigen Sonderwege für Hallbergmoos sehr skeptisch, sind auch neidisch und missgünstig – wir dürfen daher nicht den Fehler machen und die evangelische Landeskirche angreifen, die tut alles dafür, dass Bachmann bleiben kann«, so Stallmeister.

Nun sind die beiden Jahre fast wieder abgelaufen und es geht darum, wie es mit dem Pfarrer weitergeht. Seit November 2010 wurde Bachmann neben einer halben Pfarrstelle in der Kirchengemeinde auf Antrag eine halbe Projektstelle bewilligt. »Meine Frau Renate und ich fühlen uns sehr wohl in Hallbergmoos und wollen jetzt, wo wir es tatsächlich geschafft haben, ein eigenes Gotteshaus zu bauen, natürlich auch darin weiter wirken. Es ist für mich so möglich geworden, meine Zeit und Kraft als Pfarrer ganz dem Sprengel Hallbergmoos mit seiner Gemeindearbeit und dem Kirchenbau, als auch für den missionarischen Gemeindeaufbau zu widmen. Aber«, so schränkt Bachmann selbst ein, »wir haben noch einen weiten Weg zum Bezahlen der Emmaus-Kirche vor uns! Es ist notwendig, dass wir als Pfarrgemeinde das Darlehen begleichen und durch Großzügigkeit und gemeinsame Kraftanstrengung zusammen mit dem Kirchbauverein und motivierten Projekten schuldenfrei werden. Deswegen möchte ich ganz klar sagen, dass alle, die sich vorgenommen haben, diesen Berg in den nächsten Jahren abtragen zu helfen, bei ihrem Vorhaben bleiben sollen. Meine Projektstelle darf keine Konkurrenz zu unserem Bauprojekt sein! Wer also überlegt, ob er Geld dafür spendet, dass ich bleiben kann oder die Schulden abbezahlt werden, da stecke ich gerne zurück.«

Von den Baukosten der neuen Emmaus-Kirche in Höhe von 1,6 Millionen Euro steuerte die Landeskirche 850.000 Euro, die Gemeinde Hallbergmoos 300.000 Euro zu. Blieb ein offener Betrag von 450.000 Euro, den die evangelische Kirchengemeinde selbst stemmen musste. Privatleute und vor allem unzählige Aktionen des Fördervereins erbrachten 250.000 Euro, »in den kommenden zehn Jahre müssen wir also noch etwa 210.000 Euro für unser neues Gemeindezentrum zusammenbringen«, erläutert Gerhard Thiel, der Vorsitzende des Kirchenbau-Ausschusses.

»Neuer Wein in neuen Schläuchen« heißt das aktuelle Projekt von Bachmann, mit dem er nicht nur intensiv die Werbetrommel für die Kirche rührt, sondern sich auch das Ziel auf die Fahnen geheftet hat, die nicht mehr aktiven Christen, die Ausgetretenen und sogar die Atheisten dazu zu bewegen, in seine Veranstaltungen und Gottesdienste zu holen: Mit Erfolg! Heute sind die Gottesdienste fast immer voll und die zur Verfügung stehenden 170 Sitzplätze immer sehr gut besucht. »Damit die sehr gute Jugendarbeit von Pfarrer Bachmann auch weiter betrieben werden kann ist es unverzichtbar, dass seine Amtszeit um weitere zwei Jahren verlängert wird. Daher ist es notwendig, dass sich auch die Gemeinde Hallbergmoos an der Finanzierung der erforderlichen 40.000 Euro mit mindestens 10.000 Euro beteiligt«, schlug Bürgermeister Stallmeister vor. Für Gemeinderat Karlheinz Bergmeier (SPD) ist das sogar noch zu wenig. »Ich ärgere mich auch über das Verhalten der Kirche, aber wir sollten alles daran setzen, unsere beiden sehr guten Pfarrer Menzel und Bachmann unbedingt zu halten!« Stallmeister beruhigte, »das ist nur ein Signal an die Landeskirche, dass die Gemeinde Bachmann unbedingt halten will – sollten dann noch ein paar Euro oder auch mehr fehlen, dann wird das bestimmt kein Problem sein«.

Auch Alois Hettenkofer (CSU) bekräftigte, dass die Gemeinde hier auch keinen Fall kleinlich sein dürfe, »wir geben so viel Geld für die Wünsche der Sportvereine aus, da sollten wir jetzt auch mal für die Kirche etwas tun.« Sein Ratskollege Neumüller legt noch einmal nach: »Jetzt haben die da eine nagelneue tolle Kirche mit unserer Hilfe gebaut – da sollten wir es doch mal drauf anlegen, ob die die tatsächlich leer stehen lassen. Ich denke, da wäre ganz schnell ein neuer Pfarrer da, den wir nicht bezahlen müssten.« Trotzdem stimmte der Gemeinderat mit großer Mehrheit der 10.000 Euro »Spende« für Pfarrer Bachmann zu, die nun vermutlich gar nicht benötigt werden, denn Hallbergmooser Christen und Bürger haben die erforderlichen 40.000 Euro annähernd komplett zugesichert. Thomas Bachmann, der erst spät, »nach einer religionsfreien Jugendphase und drei Jahren bei der Bundeswehr als Berufssoldat«, zum Glauben kam, kann also noch mindestens zwei Jahre im Ort bleiben. »Das Ziel ist dann natürlich eine Dauerstelle, denn auch die Landeskirche sieht, was wir hier aufgebaut haben und möchte nicht alle zwei Jahre so viel Staub aufwirbeln«, hofft Bachmann. bb

Artikel vom 31.07.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...