SPD beantragt Sonderausschuss zur Aufklärung

Ramersdorf · Landtag untersucht Nazi-Mord

Der Laden in der Bad-Schachener-Straße wird heute von einer anderen Familie betrieben	Foto: Privat

Der Laden in der Bad-Schachener-Straße wird heute von einer anderen Familie betrieben Foto: Privat

Ramersdorf · Elf Jahre nach dem Mord an dem Ramersdorfer Gemüsehändler Habil Kilic befasst sich der Bayerische Landtag in einem Untersuchungsausschuss mit der rechtsextremistisch motivierten Gewaltserie.

Kilic war am 29. August 2001 in seinem Obst- und Gemüseladen in der Bad Schachener Straße 14 in Ramersdorf erschossen worden. Eine Kundin hatte den türkischen Einzelhändler gegen 11 Uhr vormittags blutüberströmt am Boden aufgefunden, der mittlerweile herbeigeeilte Postbote konnte dem damals 38-jährigen nicht mehr helfen. Zwei Kopfschüsse - der Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen.

Habil Kilic war bis zu diesem Zeitpunkt das vierte von zehn Opfern der sogenannten Zwickauer Terrorzelle NSU ( = »Nationalsozialistischer Untergrund«), deren Blutspur sich von Sachsen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen bis nach Bayern zog. 5 der 10 Morde fanden in Bayern statt. Knapp ein halbes Jahrzehnt war die Verbrechensserie unaufgeklärt geblieben. Die Ehefrau und die damals 14-jährige Tochter von Habil Kilic waren nach dem Mord von Ramersdorf fortgezogen. Heute betreibt eine andere Familie den Laden. Es ist der sechste Laden in zehn Jahren.

SPD-Landtagsabgeordneter und Fraktionschef Markus Rinderspacher begründete die SPD-Initiative: »Wir sind es den Hinterbliebenen der Opfer schuldig, die Verbrechensserie umfassend zu beleuchten und aufzuklären.« Es gehe im Untersuchungsausschuss um die Frage, wieso die Verbrechensserie über einen so langen Zeitraum nicht aufgeklärt werden konnte. Am Ende müssten die richtigen Rückschlüsse dazu führen, dass sich ein solch offensichtliches strukturelles Koordinierungsversagen der Sicherheitsbehörden nicht mehr wiederholen kann.

Auch parlamentarische Untersuchungsausschüsse im Bund, Thüringen und Sachsen befassen sich mit dem Sachverhalt. Dem Komplex rund um den Ramersdorfer Mord von 2001 und dessen Aufklärung widmet der Fragenkatalog, den SPD, Grüne und Freie Wähler vergangene Woche gemeinsam im Landtag vorstellten, das dritte Kapitel mit 27 Einzelfragen. Unter anderem wollen die Parlamentarier wissen, was die objektiven Spuren und Zeugenbefragungen konkret ergeben haben und wie sich die Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaften in München, Nürnberg und Hamburg gestaltete. Auch geht es darum, welche Maßnahmen ergriffen worden sind, um die Herkunft der Tatwaffe aufzuklären. Der gesamte Fragenkatalog in sieben Kapiteln umfasst 180 Fragen.

Rinderspacher treibt auch ein persönliches Interesse an. Er betreibt unweit des damaligen Tatorts sein SPD-Bürgerbüro in der Melusinenstraße. Er sei von Nachbarn in den letzten Monaten häufig angesprochen worden, was die Hintergründe gewesen seien und wieso die Sicherheitsbehörden so lange im Dunkeln tappten. Der Untersuchungsausschuss soll sich noch vor der parlamentarischen Sommerpause konstituieren und bis Sommer 2013 einen Abschlussbericht vorlegen.

Artikel vom 02.07.2012
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