»Pressestädtler« feiern 40. Jubiläum ihrer geliebten Wohnanlage

Moosach · Fast perfektes Zuhause

Nach 30 oder sogar 40 Jahren fühlen sich Wolfgang Linden (2. von links) und seine Nachbarn als »Pressestädtler«.	Foto: ws

Nach 30 oder sogar 40 Jahren fühlen sich Wolfgang Linden (2. von links) und seine Nachbarn als »Pressestädtler«. Foto: ws

Moosach · 40 Jahre Olympia-Pressestadt feiert die Moosacher Wohnanlage an der Riesstraße am Samstag, 16. Juni, mit einem großen Fest. Von 12 bis 18 Uhr ist Jung und Alt ein abwechslungsreiches Programm geboten.

Eine Künstlerin unternimmt mit den Besuchern eine musikalische Reise um die Welt – immerhin hat die Anlage mit ihren gut 760 Wohnungen während der Olympischen Sommerspiele 1972 in München Journalisten aus aller Welt beherbergt. Heute leben in der Siedlung rund 1.800 Menschen – viele schon seit den Olympischen Spielen.

Damals vor 40 Jahren seien hier lauter junge Familien eingezogen, erinnert sich ein Bewohner aus dem elften Stock des Hochhauses in der Pressestadt. »Die jungen Familien kamen von überall und fühlten sich wohl in den Olympiabauten«, erzählt der Moosacher. Man wohne im Grünen, der Olympiapark sei ganz nah und noch immer »der ideale Platz für aktive Freizeit.« Im Laufe der Zeit habe man seine Nachbarn kennen gelernt und »es entwickelte sich ein Pressestadtgefühl«. Von vielen Wohnungen aus sei zudem der Blick über München herrlich. Bei Föhn sehe man die Alpen. »Noch heute sind unsere Besucher immer neu von diesem Panorama begeistert«, schwärmt der Bewohner des Hochhauses. Sein Fazit: »40 Jahre Pressestadt: Ein halbes Leben wohnen und leben wir hier. Wir haben Heimat und Freunde gefunden. Es ist immer noch herrlich hier, zumal wir 1998 unsere Wohnung gekauft haben und stolze Eigentümer in der Olympia-Pressestadt sind.«

Längst hat sich das ehemalige Domizil von Sportreportern und Fotografen in eine attraktive Eigentumswohnanlage verwandelt. Nach dem Auszug der Journalisten war es zunächst eine Mietanlage in öffentlichem Eigentum. Im 1998 wurde die Immobilie an die Patrizia AG verkauft. Das Augsburger Immobilienunternehmen privatisierte die Pressestadt und wandelte alle Einheiten in Eigentumswohnungen um. Viele Mieter erwarben eine Wohnung, andere bekamen von dem neuen Eigentümer ein 15 Jahre langes oder sogar ein lebenslanges Wohnrecht.

Gudrun und Walter Heinrich sind Mieter geblieben. Seit November 1972 leben sie in der Siedlung und fühlen sich längst als »Pressestädtler«. Ihr Haus an der Riesstraße 66 hat 13 Stockwerke, das Ehepaar lebt im siebten Stock. Schon da sei der Blick über München super, schwärmt Walter Heinrich. »Bei Föhn sieht man die Bergkette und im Vordergrund das Olympia-Zeltdach.« Direkt vor der Haustüre liegt das Olympia-Einkaufszentrum, Bayerns größte Shoppingmeile. Das wertet das Ehepaar als weiteren Vorteil der Siedlung, ebenso die U-Bahn. Da sei man von Moosach in einer Viertelstunde in der Innenstadt. Fazit: »Wir fühlen uns hier wohl«, sagt Gudrun Heinrich.

Die Anlage wurde von 1969 bis 1972 errichtet: Es gibt einige Flachbauten im Süden, ansonsten sind die Wohnhäuser um drei Innenhöfe gruppiert. Im Ostteil, an der Riesstraße 82 und 84, steht mit 23 Stockwerken und gut 70 Metern Höhe eines der höchsten Wohngebäude in München. Gleich neben dem Hochhaus erstreckt sich die Landshuter Allee. Fast wäre hier auf der Trasse des ehemaligen Olympiabahnhofs der Transrapid vorbeigefahren, alle fünf Minuten ein Hochgeschwindigkeitszug – nur 40 Meter entfernt.

Das wäre für die Anwohner der Siedlung ein Horror-Szenario gewesen, sie hätten eine »wahnsinnige Lärmbelästigung« befürchtet, berichtet Wolfgang Linden, Sprecher der Mieter- und Eigentümergemeinschaft Olympia-Pressestadt (MOP), rückblickend. Die Bewohner hätten fast sechs Jahre lang mit Unterschriftenaktionen, Demonstrationen und Anträgen gegen die Magnetschwebebahn gekämpft. Als das Projekt überraschend im März 2008 beerdigt wurde, fiel Linden ein Stein vom Herzen: »Wir haben in der Pressestadt die Sektkorken knallen lassen.« Der ganze Aufwand für den Protest habe sich gelohnt.

Auf die Frage, wie es sich denn nun – ohne Transrapid – in der Siedlung lebe, gerät der Sprecher der Pressestadt, der mit seiner Frau Veronika seit 30 Jahren hier wohnt, ins Schwärmen. Der Balkon geht nach Süden, »ich schaue von meiner Wohnung aus voll ins Grüne. Mir gefällt es hier, von der Großstadt merkt man überhaupt nichts.« In der Siedlung gebe es eine »tolle Gemeinschaft« und wenig Anonymität in den Wohnhäusern, betont Linden. »Man kennt sich, man redet und diskutiert miteinander, es ist ein Zusammenhalt da. Und es gibt Nachbarschaftshilfe.«

Kein Transrapid und auch kein neues Fußballstadion auf dem nahen ZHS-Gelände, darüber sind die Bewohner der Pressestadt im Nachhinein sehr erleichtert, nur eines empfinden viele als störend: den Verkehrslärm von der nahen Landshuter Allee. »Sie ist laut Lärmatlas der Stadt eine der lautesten Straßen in München«, beklagt ein Hochhaus-Bewohner. Da oben auf seinem Balkon sei es viel lauter als weiter unten. Rund um das Hochhaus wachsen viele Büsche und Sträucher, sie schirmen die Bewohner in den unteren Stockwerken zumindest im Sommer gegen den Straßenlärm ab. Bekanntermaßen steige Lärm aber nach oben, und zwar das ganze Jahr über, beklagt der Pressestädtler aus dem elften Stock. Wally Schmidt

Artikel vom 12.06.2012
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