Seit 40 Jahren kommen die Spielbusse in die Stadtviertel

München · Von Biertragerl zu Bauklötzen

Dienten zu Beginn 1972 Biertragerl als kreative Spielsachen, fordern heute unter anderem 10.000 „Bauklötze“ (so heißt auch einer der Busse) kleine – und große – Baumeister heraus. Fotos: Spielen in der Stadt, Sabine Kuhn

Dienten zu Beginn 1972 Biertragerl als kreative Spielsachen, fordern heute unter anderem 10.000 „Bauklötze“ (so heißt auch einer der Busse) kleine – und große – Baumeister heraus. Fotos: Spielen in der Stadt, Sabine Kuhn

München · Ganze 40 Jahre ist es her, dass ein Spielbus erstmals die kleinen Münchner dazu animierte, sich auszutoben und kreativ zu werden. Anlässlich der Olympischen Spiele 1972 in München fand das erste Projekt der „Gruppe Keks“ statt, einer Vereinigung von Kunstlehrern, die sich zum Ziel gesetzt hatte, den öffentlichen Raum für Spielaktionen zu erschließen. Seitdem sind die Busse von Mai bis September in der Stadt unterwegs.

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Allerdings erschweren steigende Kosten den Initiatoren die Arbeit zunehmend. Von Anfang an mit dabei war Karla Leonhardt-Zacharias vom Verein Pädagogische Aktion e.V. „Damals haben wir wilde Spielaktionen veranstaltet“, erinnert sie sich. Etwa sei am Johannisplatz auf der Wiese vor der Kirche ein Loch ausgegraben und mit Styroporbällen befüllt worden, in denen die Kinder „baden“ konnten. Bei einem anderen Projekt habe sich die Betreuerin von den Kindern bemalen lassen und sich anschließend auf großen Zeitungspapierbahnen abgerollt: „Diese Dinge wären heute so nicht mehr möglich.“

In den 1970er-Jahren sei die Bereitschaft der Menschen, Neues auszuprobieren, wesentlich größer gewesen: „Jetzt wird viel mehr auf Sauberkeit geachtet und die Kinder bemalen brav ein DIN A 4 Papier.“ Damals hingegen habe sich auch die Verwaltung nicht vor Experimenten gescheut. 1972 fuhr das Spielmobil erstmals im Auftrag der Stadt vier verschiedene Orte an, die als soziale Brennpunkte galten: den Maßmannplatz in der Maxvorstadt, den Luitpoldpark in Nordschwabing sowie je einen weiteren Standort in Sendling und der Blumenau. Schon damals bespielt worden sei außerdem Neuperlach: „Dort war noch alles Baustelle.“ Ein häufiges Ziel sei außerdem der Kegelhof in der Au gewesen.

Aber auch heute bieten Spielbusse den Kindern regelmäßig spannende Erlebnisse. Am vergangenen Mittwoch etwa machte der Zirkus Pumpernudel in der Neuherbergstraße am Harthof Station. Die kleinen Teilnehmer konnten dort in wenigen Stunden Jonglieren lernen, eine Clown-Nummer einstudieren und erste Versuche in Akrobatik wagen. „Je nach Fähigkeiten der Besucher geht das vom Schwebebalken bis hin zum Seiltanzen“, erklärt Alexander Wenzlik, Geschäftsführer des Vereins Spielen in der Stadt e.V. Zum Abschluss konnten die Buben und Mädchen ihre Künste vor Publikum präsentieren. Am Donnerstag, 31. Mai, und Freitag, 1. Juni, ist der Zirkus ab 14 Uhr im Luitpoldpark zu Gast.

Besonders viel Freude hätten die jüngeren Teilnehmer außerdem an Wasserspielen, erzählt Wenzlik. Auch hierfür gibt es ein eigenes Spielmobil, ein altes Feuerwehrauto, das umgebaut wurde: „Es hat Schläuche, die an Hydranten angeschlossen werden.“ Mit diesem Modell würden vor allem Seen und Bäche angefahren. Am Dienstag, 3., und Mittwoch, 4. Juli, hält der Wagen jedoch von 15 bis 19 Uhr an der großen Wiese im Neubaugebiet am Ackermannbogen. Doch auch mit wenigen Mitteln könne man viel erreichen. Sehr beliebt sei zum Beispiel ein Spielbus, der rund 10.000 Bauklötze mitführe: „Damit zu spielen macht schon den Zwei- bis Dreijährigen, aber auch den Eltern Spaß.“ Dieses Spielmobil ist am Samstag, 9. und Sonntag, 10. Juni am Corso Leopold in Schwabing anzutreffen.

Bei der Wahl der Standorte arbeiten die Organisatoren übrigens eng mit den Bezirksausschüssen der Viertel zusammen. Von den Stadtteilparlamenten erfahren sie, in welchen Siedlungen noch wenig für Kinder geboten ist, und steuern diese Orte gezielt an. Bedarf gebe es etwa in der Parkstadt Schwabing, in Neuperlach, aber auch Am Hart oder in Untergiesing. Trotz des großen Zulaufs musste das Angebot in den vergangenen Jahren allerdings eingeschränkt werden. Der Grund: knappe Kassen. Zwar werden die Projekte von der Stadt bezuschusst. Jedoch seien die Ausgaben, etwa für Strom und Miete, drastisch gestiegen, klagt Wenzlik. Der höhere Aufwand werde nur zum Teil durch öffentliche Gelder ausgeglichen: „Deshalb sind wir gezwungen, Einsatztage zu streichen.“

Entgegenwirken wollen die Organisatoren dieser Entwicklung nun durch neue Einnahmequellen. Im Oktober wird ein sogenanntes Heldenrennen veranstaltet, ein Lauf durch den Englischen Garten. Das Startgeld wird für die Spielbus-Aktionen verwendet. „Aber auch Spenden sind natürlich sehr erwünscht“, betont Wenzlik. Dringend gebraucht würden außerdem ehrenamtliche Helfer. Mehr Informationen zu den Spielbussen sowie das aktuelle Programm gibt es im Internet unter www.spielen-in-der-stadt.de.

Von Julia Stark

Artikel vom 24.05.2012
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