Theaterprojekt hilft Jugendlichen beim Deutschlernen

Au · Gut angekommen

Theaterspielen, Deutschlernen, Erlebnisse verarbeiten: Die Jugendlichen arbeiten gerne mit ihren Lehrern Christiane Kröll (li.) und Johannes Rieder (re.)	Foto: js

Theaterspielen, Deutschlernen, Erlebnisse verarbeiten: Die Jugendlichen arbeiten gerne mit ihren Lehrern Christiane Kröll (li.) und Johannes Rieder (re.) Foto: js

Au · »Deutsch ist jetzt mein Lieblingsfach«, schwärmt eine 15-jährige Schülerin der Mittelschule an der Weilerstraße. Die Bulgarin besucht die 8. Jahrgangsstufe der Übergangsklasse, in der Jugendliche ohne Deutschkenntnisse unterrichtet werden.

Seit Ostern verbessern sie ihre Sprachkenntnisse bei einem interessanten Theaterprojekt. Erzählt werden dabei auch Geschichten von Schülern, die ohne ihre Eltern aus Krisenregionen fliehen mussten. Am Mittwoch, 23. Mai, wird das Stück im Jugendtreff in der Au, Am Kegelhof 8 aufgeführt. Namentlich dürfen die jungen Darsteller nicht genannt werden. »Die Eltern und die Personen, die ihre Vormundschaft übernommen haben, wollen das nicht«, erklärt der professionelle Regisseur Johannes Rieder, der seit rund vier Wochen jeden Vormittag mit den Jugendlichen an der Schule probt. Insgesamt 24 Schüler mit Migrationshintergrund zwischen 14 und 16 Jahren aus elf verschiedenen Ländern, darunter auch Krisengebiete wie Afghanistan, nehmen an dem Projekt teil. »Viele von ihnen haben Schlimmes erlebt«, sagt Rieder.

Von ihren Schicksalen wollen die jungen Frauen und Männer nun erzählen. Es sei erstaunlich, wie groß das Mitteilungsbedürfnis sei, so der Regisseur. Deshalb habe er mit der Klasse kein Theaterstück im üblichen Sinne einstudiert. Thema seien vielmehr die Schüler selbst, ihre Biografien, ihre Zukunftsträume. Die junge Bulgarin etwa spielt eine Polizistin, die von einem Verbrecher bestochen wird. Szenen wie diese gehörten in den Herkunftsländern der Jugendlichen zum Alltag. Manche von ihnen seien mit Schlepperbanden nach Deutschland eingereist, andere hätten Monate auf dem Schiff verbracht, berichtet Rieder. Nicht alle seien bereit, ihre Geschichten selbst vor Publikum vorzutragen: »Aber es ist ihnen wichtig, dass die Menschen hier davon erfahren.« Deshalb liest bei der Aufführung die 15-jährige deutsche Schülerin Lillith Texte vor, die von den Geschehnissen erzählen.

Vokabeln lernen mit dem Internet

Bei der Verständigung mit den Schülern greift Rieder immer wieder auf das Internet zurück. »Wenn sie ein Wort nicht kennen, geben sie es in ihrer Landessprache in das Handy ein und zeigen mir Bilder davon«, erklärt er. Es werde viel improvisiert, gesprochen werde zum Teil ein Gemisch aus Deutsch und Englisch. Inzwischen hätten sich jedoch die Deutschkenntnisse der Jugendlichen deutlich verbessert, lobt die Klassenlehrerin Christiane Kröll. »Jetzt verstehe ich, was die Lehrer sagen, das war am Anfang nicht so«, bestätigt auch die junge Bulgarin. Die öffentliche Aufführung des Stücks »Gespielte Sprache« ist am 23. Mai ab 18.30 Uhr im Jugendtreff zu sehen; der Eintritt ist frei. Julia Stark

Artikel vom 15.05.2012
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