Hallbergmoos kämpft um künftige Nutzung der Senderwiese

Hallbergmoos · Kein Parkplatz, aber vielleicht Ackerbau

Solarpark und Skateworld lehnte die Gemeinde vor Jahren ab, jetzt auch einen Großparkplatz. Ackerbau wäre auf der Senderwiese aber möglich. Foto: bb

Solarpark und Skateworld lehnte die Gemeinde vor Jahren ab, jetzt auch einen Großparkplatz. Ackerbau wäre auf der Senderwiese aber möglich. Foto: bb

Hallbergmoos · »Wenn es nach mir geht, bekommt die neue Besitzerin keinen Fuß auf den Boden auf der Senderwiese – hoffentlich sind wir uns da alle einig im Gemeinderat«, hatte unlängst noch der CSU-Fraktionsvorsitzende Dr. Marcus Mey angekündigt.

Mit einer Ausnahme war man sich dann tatsächlich einig und lehnte den Antrag von Inge Scherm, Inhaberin der »Scherm-Gruppe« und seit August 2011 neue Besitzern der Senderwiese am südlichen Ortseingang, auf Nutzung von bis zu zehn Hektar als Fahrzeugabstellfläche ab. Einem zweiten Antrag von Scherm, die restliche Fläche als Ackerland zu nutzen, stimmte der Gemeinderat hingegen zu – sofern auch die Naturschutzbehörde dies genehmigt.

Sehr gerne hätte die Gemeinde das 75 Hektar große »Sahnestückchen« Senderwiese gekauft und hatte sich 20 Jahre lang darum bemüht. Die Wiese hat ihren Namen vom ehemaligen US-Langwellensender Erching, der 1952 errichtet wurde und hauptsächlich den Propagandasender »Voice of America« für Osteuropa ausstrahlte, zeitweise auch das Programm des RIAS in Berlin. Eine Besonderheit war die Stromversorgung, sie erfolgte mit Hilfe eigener Generatoren, daher verfügte das Stationsgebäude über sehr große Öltanks. Ab 1980 strahlte die Bundespost tagsüber das Programm des Deutschlandfunks aus, musste wegen des neuen Münchner Flughafens aber nachts abschalten. Im Jahr 1985 wurde der Sender endgültig abgebaut. Allerdings befinden sich noch aus der amerikanischen Zeit her laut einem Gutachten mindestens 20.000 Liter Heizöl als Altlast im Boden – das war jahrelang der Knackpunkt bei Verkaufsgesprächen: Wer bezahlt die Entsorgung dieser Altlasten?

Die Gemeinde bemühte sich, wie Bürgermeister Klaus Stallmeister betont, seit über 20 Jahren um die Wiese, die eigentlich nur als Schafweide genutzt wurde, und hatte einen Etat von 3,6 Millionen Euro reserviert. Die Gemeinde war sich ihrer Sache so sicher, dass sie im Oktober 2010 die Errichtung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage ablehnte, im Juni 2011 einen Investor aus München, der angeblich 400 Millionen in eine »Skateworld« investieren wollte. »Genau in der Phase, wo wir von unserem Anwalt das Risiko für uns durch die Altlastentsorgung prüfen ließen, teilten uns die Amerikaner und die Makler mit, dass das gesamte Gelände verkauft sei!«, so Rathaus-Leiter Herbert Kestler. Im Hallbergmooser Gemeinderat waren alle Fraktionen ebenso entsetzt wie auch die Rathaus-Verwaltung. SPD und CSU prüfen gerade sämtliche Akten, was da intern schief gelaufen sein könnte.

Auf der Wiese sollten bis zu 2.000 Autos abgestellt werden

Gekauft hatte alles – laut einem Insider annähernd für den identischen Preis, den auch die Gemeinde zahlen wollte, aber eben ohne, dass die Ölentsorgung eventuell noch an den Amerikanern hängen blieb – die Unternehmerin Inge Scherm aus Karlskron. Der Sitz ihrer »Scherm-Gruppe« liegt an der A 9 zwischen Manching und Ingolstadt. Als europaweit agierender Systemdienstleister mit 17 Standorten in Deutschland und Osteuropa bietet man nach eigenen Aussagen »Logistikdienstleistungen auf höchstem Qualitätsniveau«. Das Unternehmen hat über 400 eigene Lkws, rund 2.000 Mitarbeiter und über 480.000 Quadratmeter eigene und gemietete Lager- und Montagefläche. In Hallbergmoos wollte man jetzt Abstellflächen für Autos schaffen, »um den wachsenden Bedarf der Automobilindustrie zu decken; etwa 1.000 bis 2.000 Fahrzeugen hätten auf den fünf bis zehn Hektar der Wiese Platz gehabt«, schätzte Bürgermeister Klaus Stallmeister.

»Es sieht jetzt natürlich so aus, als ob wir beleidigt sind oder Rache nehmen wollen. Aber Tatsache ist, dass dieses Grundstück in 20 Jahren bestimmt ein Vielfaches von heute wert sein wird und wir dort natürlich die Gemeinde gerne weiter entwickelt hätten. Wir werden versuchen dort alles zu verhindern, was mit Gewerbeansiedlung zu tun hat – aber es kann natürlich auch mal ein Gericht oder eine höhere Behörde kommen und uns sagen, dass wir das nicht dürfen!«, meinte Mey beim politischen Frühschoppen seiner Partei. Dementsprechend wurde der Antrag der neuen Eigentümerin im Gemeinderat abgelehnt, begründet wurde das mit dem »besonderen Schutzzweck von Flächennutzungs- und Bebauungsplan«. Das Gelände ist als Fläche für die Landwirtschaft, als Gebiet zum Schutz von Wiesenbrütern und als geplantes Landschaftsschutz- und »Erholungsgebiet Hallbergmoos-Süd« ausgewiesen.

Naturschutzgebiet oder Ackerland?

»Da gibt’s doch keinerlei Naturschutz auf dem Acker wegen der vielen Schafe! Da springen weder Hasen, noch Rehe herum oder brüten Vögel, das verhindern die Schafe. Daher sollte man unbedingt dem Antrag auf Gründland-Umbruch zustimmen«, forderte Günter Rottmeier (Einigkeit). Senderwiesen-Besitzerin Scherm hatte nämlich auch einen zweiten Antrag gestellt, dass sie die restliche Wiese als Ackerland nutzen möchte. Dort geht man davon aus, dass die Flächen seit Jahrzehnten als Weide für Schafe genutzt wurde und dort noch nie Ackerbau stattgefunden hat. Ob dieses Brachland eine hohe Bedeutung für geschützte Arten hat, will der Gemeinderat der Naturschutzbehörde überlassen und – falls die zustimmt – eine landwirtschaftliche Nutzung akzeptieren.

Artikel vom 21.03.2012
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