Leslie Schwartz berichtet seine Geschichte

Landkreis · Der »Todeszug von Poing«

Die letzten drei Überlebenden des »Todeszuges von Poing«: Leslie Schwartz, Max Mannheimer und Stephen Nasser (v. l.) am Poinger Mahnmal.	Foto: Privat

Die letzten drei Überlebenden des »Todeszuges von Poing«: Leslie Schwartz, Max Mannheimer und Stephen Nasser (v. l.) am Poinger Mahnmal. Foto: Privat

Poing-Vaterstetten-Grafing · Leslie Schwartz hat den »Todeszug von Poing« überlebt. Mit einem Kopfschuss kam er am 29. April 1945 in Tutzing am Starnberger See schwer verwundet und von Typhus gezeichnet an und wurde dort von der Amerikanischen Armee befreit.

Seit 1946 lebt er in New York und kommt jedes Jahr nach Deutschland um seine Geschichte in Schulen und Büchereien zu erzählen: am Montag, 27. Juni, um 19.30 Uhr in der Bücherei Grafing, Grenzstraße 5, am Dienstag, 28. Juni, um 19.30 Uhr in der Bücherei Poing, Karl-Sittler-Straße 12, und am Donnerstag, 30. Juni um 19.30 Uhr im Rathaus Vaterstetten, Wendelsteinstraße 7.

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Anfang 1944 wurde der damals 14-jährige jüdische Bub Laszlo, so ist sein Geburtsname, aus einer ungarischen Kleinstadt mit seiner Familie von den Nazis nach Auschwitz verschleppt, kurz darauf nach Dachau und anschließend in das KZ-Außenlager Mühldorf-Mettenheim gebracht. Dort musste er mit rund dreitausend anderen meist jüdischen KZ-Häftlingen am Bau eines gigantischen Bunkers unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten.

Als im April 1945 das Ende des Krieges absehbar war, wurden die Häftlinge in den sogenannten »Todeszug«, er bestand aus 80 Viehwaggons, verfrachtet, der Richtung Süden in eine nicht vorhandene »Alpenfestung« fahren sollte. Zur gleichen Zeit wurden aus zahlreichen anderen KZ-Außenlagern sogenannte Todesmärsche auf den Weg Richtung Süden geschickt, bei dem Tausende ums Leben kamen.

Nach seiner Genesung wanderte Laszlo 1946 nach Amerika aus und nannte sich dort Leslie Schwartz. Voriges Jahr kam er nach Poing, um seine Lebensretterin zu suchen, die ihm damals in Poing auf einem Bauernhof Brot und Milch gab. Diese Frau ging ihm 65 Jahre lang nicht aus dem Sinn. Es war Barbara Huber, die Bäuerin auf einem Hof an der Dorfstraße in Poing. Er hat die Tochter seiner Retterin, Marianne Maier, gefunden und auch den Hof, auf dem sich damals das Drama abgespielt hatte. Als der Zug aus Mühldorf wegen Maschinenschaden in Poing halten musste, hieß es, der Krieg sei zu Ende und viele Häftlinge konnten aus dem Zug fliehen und auf den Bauernhöfen rund um Poing Zuflucht suchen. Dann kamen aber SS-Schergen herbei, schossen um sich und trieben die geflüchteten Häftlinge zurück in den Zug. Dabei erlitt Laszlo einen Schuss in den Hinterkopf, der vorne an der Backe wieder austrat. Rund 50 Tote und 200 verletzte Häftlinge war die Bilanz dieses Massakers. Mehr tot als lebendig wurde Laszlo in Tutzing befreit, operiert und im Lazarett in Feldafing gesund gepflegt. In Amerika hat er später eine Deutsche Frau aus Münster in Westfalen geheiratet, mit der er seitdem in USA lebt und jedes Jahr für einige Monate nach Deutschland kommt.

Unermüdlich ist er seit einigen Jahren unterwegs, um gegen das Vergessen der Naziverbrechen zu kämpfen, hält Vorträge in Gymnasien, Realschulen und liest aus seinem Buch »Durch die Hölle von Auschwitz und Dachau«.

Artikel vom 20.06.2011
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