Patientenverfügung: Was man darüber alles wissen muss

München · Selbst entscheiden – bis zuletzt

Bundesweit von Experten empfohlen: Broschüre zum Thema Patientenverfügung des bayer. Verbraucherschutzministeriums. Ein schwerer Unfall kann dafür sorgen, dass man seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. F: Verbraucherschutzministerium/ADAC

Bundesweit von Experten empfohlen: Broschüre zum Thema Patientenverfügung des bayer. Verbraucherschutzministeriums. Ein schwerer Unfall kann dafür sorgen, dass man seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. F: Verbraucherschutzministerium/ADAC

München · „Mercedesfahrer übersieht beim Abbiegen Motorradfahrer“, „Rollerfahrer prallt auf zwei wartende Autos und wird schwer verletzt“, „Elfjährige wird mit ihrem Tretroller von Pkw erfasst“ – diese Unfälle meldete die Münchner Polizei allein vergangenen Dienstag.

Ob 18 oder 80 – vor einem Unglück ist keiner gefeit, von einem Moment auf den anderen kann sich das Schicksal wenden. Und was ist, wenn man infolge eines schweren Unfalls, einer Erkrankung oder durch Nachlassen der geistigen Kräfte im Alter seine Angelegenheiten nicht mehr selbst wie gewohnt regeln kann? Darüber machen sich immer mehr Münchner Gedanken: In einer Gaststätte an der Einsteinstraße drängten sich kürzlich im Rahmen der „Bogenhausener-Haidhauser Gespräche“ an einem Werktag fast 150 Interessierte. Gleichzeitig fanden in Haid- und Bogenhausen zwei weitere Informationsveranstaltungen zum gleichen Thema statt. Wir vom „Münchner SamstagBlatt“ geben Ihnen einen Überblick über alles, was Sie darüber wissen müssen.

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Falls im Fall des Falles keine juristisch narrensichere schriftliche Erklärungen vorliegen, also keine Vorsorge getroffen ist, kann das Betreuungsgericht im Bedarfsfall einen Betreuer – eventuell aus dem Kreis der Angehörigen – zur gesetzlichen Vertretung bestellen. Aber auch familienfremde Personen können damit beauftragt werden, bundesweit sind knapp 1,5 Millionen Betreuungen registriert. Wer sicher gehen will, dass alles in seinem Sinne entschieden wird, der geht mit einer Patienten- und Betreuungsverfügung sowie Vorsorgevollmacht auf Nummer sicher. Sie sind nach deutschem Recht die Instrumente, die eigenen Vorstellungen zu fixieren.

Die Patientenverfügung gilt für den Fall, dass man so schwer verletzt oder so schwer krank ist, dass aller Wahrscheinlichkeit nach der Tod eintreten und man seinen Willen nicht mehr äußern kann. Für einen Arzt ist es hilfreich, wenn er auf die (Original-)Unterlagen zurückgreifen kann, um zu entscheiden, ob er bestimmte lebensverlängernde Maßnahmen wie künstliche Ernährung oder lebensverlängernde Medikamente anordnen soll. Denn der Patient kann festlegen, welche Behandlungsmethoden er – noch – wünscht und welche er ausgeschlossen haben will. In den Vordrucken muss lediglich „Ja“ oder „Nein“ angekreuzt, sie können aber auch persönlich ergänzt werden.

Das juristisch einwandfreie Fazit in zwei Sätzen: „Ich wünsche keine ärztlichen Maßnahmen, die nichts weiter als eine Verlängerung des Sterbevorgangs bedeuten. Ich bitte, mein Recht auf ein menschenwürdiges Sterben zu achten“.

Die Betreuungsverfügung sichert laut Gesetz die Betreuung, wenn ein Volljähriger aufgrund einer psychischen, körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann (§1896 BGB). Die angeordnete Betreuung nimmt auf die individuellen Notwendigkeiten Rücksicht, wie Maßnahmen bei der Bank oder beim Arzt. Außerordentlich wichtig wird die Betreuung, wenn der Fall der Geschäftsunfähigkeit eingetreten ist. Das Recht sieht vor, dass jeder per Verfügung bestimmen kann, wer sein Betreuer werden soll. Ist das nicht geregelt, kann vom Vormundschaftsgericht eine Person, zumeist ein Rechtsanwalt, beauftragt werden.

Die Vorsorgevollmacht definiert die Betreuung innerhalb der Familie zum Beispiel durch den Ehepartner oder ein Kind. Die Vollmacht wird in der Regel als Generalvollmacht erteilt und schließt dann grundsätzlich die Bestellung eines Betreuers aus (§ 1896 Abs. 2 BGB). Diesen Zweck sollte man ausdrücklich angeben. Einer gerichtlichen Kontrolle bedarf es in diesem Fall nicht. Ist jedoch kein Betreuer benannt und das Vormundschaftsgericht hat einen bestellt, muss dieser jährlich Rechnung über Einnahmen und Ausgaben des Betreuten bei der Behörde ablegen.

Die entsprechenden Formulare werden mit der „reinen“ Unterschrift gültig, bedürfen also keiner notariellen Beglaubigung. Die Patientenverfügung – seit 2009 im Bürgerlichen Gesetzbuch in den Paragrafen 1901a/b per Schriftform geregelt (vor diesem Zeitpunkt schriftlich verfasste Verfügungen behalten ihre Gültigkeit) – sollte allerdings alle zwei Jahre neu und mit Datum versehen unterschrieben werden, um damit die Ernsthaftigkeit der Anordnungen zu betonen.

Bei der Vorsorgevollmacht empfiehlt sich eine notarielle Beglaubigung oder Beurkundung dann, wenn über Grundstücke des Vollmachtgebers verfügt werden soll. Bei Banken sollte man die dort erhältlichen Vollmachten für alle Konten und Depots unterschreiben, und zwar mit dem Vermerk „über den Tod hinaus, damit der Bevollmächtigte auch nach dem Tod des Vollmachtgebers über die Konten und Depots verfügen kann. Das gilt auch für Eheleute, die gemeinsam über ein Konto oder auch Depot verfügen.

Von I. Köhler-Blessing

Rat auf 58 Seiten

Als bundesweit vorbildlich – der VdK hat sie unter anderem übernommen – gilt die 58-seitige Broschüre des bayerischen Justiz- und Verbraucherschutzministeriums „Vorsorge für Unfall, Krankheit, Alter durch Vollmacht, Betreuungsverfügung, Patientenverfügung“. Sie ist für 3,90 Euro im Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-406-59511-0) oder kann kostenlos als pdf im Internet heruntergeladen werden (http://www.verwaltungsportal.bayern.de/Broschueren-bestellen-.196-1067740.1928150/index.htme).

Der Bayerische Blinden- und Sehbehindertenbund e.V. gibt die Broschüre auf Kassette, in Punktschrift, Maxi-Druck und auf Diskette heraus. Zu bestellen unter bit.@bbsb.org.

Artikel vom 26.05.2011
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