Gstanzl-Wettbewerb: Hip Hop-Band Blumentopf in der Jury

München · „Urform des Freestyle-Rap“

Auf der Suche nach ihren bayerischen Wurzeln haben „Blumentopf“ jetzt mit der Blaskapelle Münsing zusammengearbeitet. Foto: Daniel Delang/Red Bull Deutschland

Auf der Suche nach ihren bayerischen Wurzeln haben „Blumentopf“ jetzt mit der Blaskapelle Münsing zusammengearbeitet. Foto: Daniel Delang/Red Bull Deutschland

München · Dass sie eine bayerische Band sind, hört man ihren Texten nicht an. Dabei bedauert es Rapper Schu von der Münchner Hip Hop-Formation „Blumentopf“, bürgerlich Florian Schuster, „sehr, nicht wirklich bairisch sprechen zu können, da Texte schreiben in der Muttersprache mehr Kraft hat als in einer fremden Sprache. Das ist bei Künstlern, die Mundart sprechen noch mal stärker“.

Gerade im Großraum München sei halt unter den Jüngeren das Hochdeutsche weiter verbreitet als der Dialekt. Vor kurzem haben sich „Blumentopf“ mit der Musikkapelle Münsing und ihrer EP „Fenster zum Berg“ auf die Suche nach ihren bayerischen Wurzeln begeben und fünf Titel ihres Erfolgsalbums „Wir“ interpretiert. Jetzt sitzen sie in der Jury beim Finale des „Gstanzl-Slams“ am 5. Juli, der heuer das erste Mal im Wappensaal des Hofbräuhauses stattfindet.

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Die drei Vorrunden starten am 21. März, 20 Uhr. Bewerber allen Alters können sich anmelden unter der E-Mail gstanzl-slam@hofbraeuhaus.de. Auch kurzfristig: Ab 18 Uhr liegt am Montag eine offene Teilnehmerliste aus. Bis zu zehn Künstler können sich je fünf Minuten lang dem Publikum präsentieren, das für die Endrunde die drei Besten aussucht. Alle Musik- und Stilrichtungen dürfen kombiniert werden, wichtig ist nur der Bezug zur bayerischen Kultur. Beispiel: Mundart mit moderner Musik, Bayern-Rap, Neuinterpretationen von traditionellen Gstanzln, Blasmusik-Hip Hop, oder auch noch nie Dagewesenes. Es gibt nur eine Regel: Die Publikumsjury innerhalb von fünf Minuten von sich zu überzeugen. Der Eintritt für die Zuschauer beträgt 5 Euro. Karten gibt es nur an der Abendkasse. Die weiteren Termine vor dem Finale: 11. April und 16. Mai im Hofbräuhaus.

„Gstanzl singen ist so etwas wie die Urform des Freestyle-Rap“, findet Schu, „improvisierte Reime über das aktuelle Zeitgeschehen und alle Anwesenden. Im Grunde genau das, was Leute wie der Kraudn Sepp schon lange in den Gaststätten hierzulande gemacht haben, bevor am anderen Ende der Welt Hip Hop erfunden wurde.“ Der Freestyle-Rap sei auch eine der Lieblings-Ausdrucksformen von „Blumentopf“, erklärt Schu, „drum fühlen wir uns in der Jury gut aufgehoben und halten uns auch, trotz des Hochdeutsch, für kompetent genug.“

Kurz, prägnant und spontan erfunden, sei das perfekte Gstanzl, politische Kritik in Vierzeilerform, erklärt Andreas Koll, Volkssänger-Experte und Archivar im Valentin-Karlstadt-Musäum. „Ich sehe das Gstanzl nicht als Volksmusik-Sparte, sondern als gesellschaftlichen Ausdruck von Meinungen und Gefühlen, alles, was die Leute bewegt.“ Das war bei der Volkssängerblüte um 1900 so oder bei den Atomprotest-Liedern der Biermösl Blosn, die für Koll die heutige Gstanzl-Tradition darstellen. Textlich habe alles Platz in den Gstanzln, das sich wohl vom italienischen „stanza“ für Strophe herleitet.

Die Leute sollen sich „mehr und mehr mit dem Thema Heimat, Bayern, Mundart und den schönen Traditionen beschäftigen und daraus was machen“, erklärt Sprecherin Sabine Elisabeth Barthelmeß das Ziel des vom Hofbräuhaus initiierten Gstanzlwettbewerbs.

Auf gemischte Gefühle stößt die Veranstaltung bei Gerhard Holz, 1. Vorsitzender des gut 1.000 Mitglieder starken Landschaftsverbands München des Fördervereins Bairische Sprache und Dialekte. „Ich kann verstehen, dass man junge Leute ansprechen will, die Idee ist gut, aber der Titel geht an den Älteren total vorbei.“ Der Wettbewerb wolle doch alle Altersgruppen ansprechen, „doch jeder, der Gstanzl singen kann, und das sind doch eher die Älteren, den schreckt der Begriff „Gstanzl-Slam“ sicher ab“, meint Holz, der mit seinem Verein auch gegen „überflüssige Anglizismen“ kämpft. Das Hofbräuhaus will mit dem Gstanzl-Slam „die Traditionen pflegen und diese auch gerade an Junge weitergeben“, sagt Barthelmeß. „Heimat und Mundart soll aber auch Spaß machen“, deswegen können alle Stil- und Musikrichtungen kombiniert oder auch in traditioneller Form dargeboten werden. „Von den Kandidaten erwarten wir uns vor allem, gut unterhalten zu werden“, bringt es Jurymitglied Schu auf den Punkt, „denn nur dann geht‘s eine Runde weiter!“

Von Michaela Schmid

Artikel vom 17.03.2011
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