Truderinger Familie widmet ihr Leben verwaisten oder verletzten Tieren

Trudering · Auffangstation für Eichhörnchen

Heidi Gallenberger füttert ein Eichhörnchen-Baby mit der Spritze. Foto: Föll

Heidi Gallenberger füttert ein Eichhörnchen-Baby mit der Spritze. Foto: Föll

Trudering · Im Wohnzimmer der Familie Gallenberger wuselt es wild durcheinander. Kinderhände recken sich nach oben, jeder will das kleine Etwas, das Sabine Gallenberger in der Hand hält und von dem nur ein spitzes Näschen, zwei Knopfaugen und ein paar Ohrpuscheln zu sehen sind, streicheln. »Einer nach dem anderen, sonst bekommt es Angst«, versucht die Tochter des Hauses die Grundschüler zu beruhigen.

Dicht gedrängt stehen sie um den Wohnzimmertisch, wo statt Blumen Tierfutter steht, und streichen einer nach dem anderen sanft über das weiche Fell des Eichhörnchens. Es ist gerade einmal acht Wochen alt und muss mit der Flasche aufgezogen werden – eines von sieben Flaschenkindern der Familie Gallenberger. Die restlichen 23 Eichhörnchen, die zur Zeit in der Obhut der Waldtruderinger Familie sind, haben das Schlimmste überstanden und klettern vergnügt in den Volieren herum, die im Wohnzimmer, auf der Terrasse oder hinter dem Haus im Garten stehen. Sie werden demnächst ausgewildert. »Seit März haben wir schon 169 Tiere großgezogen, letztes Jahr waren es insgesamt 250«, erklärt Mutter Heidi Gallenberger. Vor vier Jahren begann das Abenteuer, als der tierlieben Familie ein Findling gebracht wurde, mittlerweile ist das Anwesen der Gallenbergers zur nahezu bundesweit einzigen Eichhörnchen-Auffangstation geworden. Nur in Norddeutschland gibt es noch einen Verein, der sich um Eichhörnchen kümmert. »Das Problem ist, dass Tierärzte oft nicht wissen, was sie mit den Kleinen machen sollen, denn Wildtiere werden von manchen Tierärzten aufopfernd, von anderen aber gar nicht behandelt. Zum Glück haben wir eine Tierklinik mit einer Spezialistin für Nagetiere in der Nähe«, sagt Heidi Gallenberger. Aber in der Großstadt lauern viele Gefahren: Wenn die Jungen aus dem Nest fallen, treffen sie oft auf harten Beton, bleiben verletzt liegen und krepieren elendlich. Oder die Mütter sterben an Gartengiften wie Schneckenkorn. »Manchmal bekommen wir auch von hungrigen Krähen angehackte Tiere.« Die Klasse 2c der Turnerschule hat heute das besondere Vergnügen, diese Institution zu besuchen und Dinge über Eichhörnchen zu erfahren, die im normalen Biologie-Unterricht nicht gesagt werden: »Die Babys müssen alle drei bis vier Stunden gefüttert werden, nachts alle fünf bis sechs Stunden«, erklärt Heidi Gallenberger.

In der krankenhausüblichen Spritze mit Spezialsauger, mit der gefüttert wird, befindet sich eine Mischung aus Katzenaufzugsmilch, Fenchel-Honig-Tee und Apfelbrei. »Wir haben sehr viel recherchiert über Eichhörnchen und uns mit vielen Spezialisten unterhalten«, erklärt Sabine. Außerdem arbeiten sie mit Tierärzten, Homöopathen, dem Tierheim und anderen eng zusammen. Nun weiß die Familie, dass Eichhörnchen Kobel (Nistkästen) mit zwei Löchern brauchen, um vor Feinden flüchten zu können, dass sie zirka acht Jahre alt werden, und dass einheimische Tiere im Vergleich zu den amerikanischen Grauhörnchen nur halb so groß sind und die Farben Rot, Braun oder Schwarz haben können. Quasi rund um die Uhr sind die Gallenbergers im Einsatz – neben ihrem normalen Broterwerb. Außer dem Füttern fallen noch viele weitere Arbeiten an: Verletzungen behandeln, Volieren säubern, Nistkästen mit Roh-Baumwolle auslegen, Zweige aus den Käfigen wegfahren und neue beschaffen, zu den Volieren an den einzelnen Waldrändern fahren, wo die Tiere zum Auswildern untergebracht sind, neue Volieren aufstellen und vieles mehr. Inwischen hat sich ein kleiner Helferkreis gebildet, doch die müssen auch angelernt werden und schließlich wird jedes Tier individuell beobachtet, behandelt und betreut. Zur Zeit spart die Familie für eine mobile Voliere und sucht Menschen, die am Waldrand wohnen, um dort die Tiere auswildern zu können. »Aber unser Ziel ist eine richtige Auffangstation am Waldrand und einen Verein gründen, oder eventuell auch eine private Stiftung, da wir kaum auf städtische oder staatliche Unterstützung hoffen dürfen«, so Heidi Gallenberger.

Hilfe benötigt

Die Zukunft der Eichhörnchen-Auffangstation steht auf sehr wackeligen Beinen, denn es gibt bereits Beschwerden aus der Nachbarschaft. Unterstützung in jeglicher Hinsicht wird also gerne angenommen, auch können geschlossene Tannen- zapfen, Bucheckern, Nüsse oder Moos abgegeben werden. Wer helfen oder ein verletztes/verwaistes Eichhörnchen bringen möchte kann sich unter Tel. 01 71/ 8 13 28 35 oder 4 30 57 11 melden.

Sybille Föll

Artikel vom 23.06.2010
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