Neues Buch über Schwabing als Künstlerviertel einst und heute

Schwabing · Alles andere als tot

Schwabing als »Zustand«: Gernot Brauers Buch zum Viertel mit einem Essay von Brigitta Rambeck wird Mitte Juni in der Seidl-Villa vorgestellt. 	Foto: ko

Schwabing als »Zustand«: Gernot Brauers Buch zum Viertel mit einem Essay von Brigitta Rambeck wird Mitte Juni in der Seidl-Villa vorgestellt. Foto: ko

Schwabing · Was hat es eigentlich mit »Kraglfing«, »Wahnmoching« und der »Traumstadt« auf sich? Dieser Frage gehen Autor Gernot Brauer und Essayistin Brigitta Rambeck im Buch »München Schwabing – Ein Zustand« nach, das am Dienstag, 15. Juni, 19.30 Uhr, in der Seidlvilla, Nikolaiplatz 1, vorgestellt wird. Schwabing ist nicht tot, davon sind Brauer und Rambeck überzeugt. Viele Leute im Viertel »ärgern sich furchtbar« über solches Geschwätz, dass der Stadtteil seinen Ruf als Künstlerviertel mittlerweile zu unrecht trage, sagt Rambeck, Schwabingerin und Leiterin der literarischen Abteilung der Künstlervereinigung »Seerosenkreis«.

Zwar seien viele alteingesessene kulturelle Einrichtungen zugrunde gegangen. Aber es gebe immer wieder Neues. Und heutzutage gehörten auch »Groß­events« wie der Corso Leopold dazu. Gernot Brauer begibt sich im Buch auf 192 Seiten auf Spuren in die Vergangenheit, etwa nach »Kraglfing«, das für die bäuerliche Seite Schwabings steht, die bis in die 1950er Jahre existiert habe. Auch viele Arbeiter von hier ansässigen Traditionsbetrieben (die Lodenfabrik von Georg Frey und Johann Anton von Maffeis Lokomotivenfabrik), seien damals hier zu Hause gewesen. »Es war zum Teil eine richtige Arme-Leute-Gegend, was man sich heute kaum noch vorstellen kann«, sagt Brauer, der unter anderem die Aktivitäten des »Münchner Forums« begleitet und bereits ein Buch über Münchner Architektur geschrieben hat. Der Spagat im Viertel zwischen arm und reich sei enorm gewesen. »Kleinhäuslerei« habe rund um den Feilitzschplatz geherrscht, von Pündterplatz bis Franz-Joseph-Straße habe es hingegen große Wohnungen mit bis zu 800 Quadratmetern einschließlich Einliegerwohnung für den Kutscher gegeben.

Den Begriff »Wahnmoching« prägte schließlich eine Frau, die eine berühmte »zuagroaste« Schwabingerin war: Gräfin Franziska zu Reventlow, 1871 in Husum geboren. Ihre Wortneuschöpfung verknüpft den altbayerischen Ortsnamen Feldmoching mit Phantasien und sogar Wahnvorstellungen ihres Schwabinger Kreises. Die Gräfin ist es auch, die laut Gernot Brauer seinem Schwabing-Buch den Untertitel gegeben hat: Schwabing als »Zustand« sei ein Zitat von Franziska zu Reventlow gewesen, erzählt der Autor. Bei der Arbeit an seinem Werk hat Gernot Brauer festgestellt, dass Schwabing »zu Recht das Aushängeschild Münchens« sei. Das, was das Viertel ausmache, sei aber nicht etwa das Ambiente der Leopoldstraße – die Flaniermeile nutze nur »Schwabinger Qualitäten, die sie selbst nicht erzeugt«. Die Qualitäten seien verteilt über das ganze Viertel und blühten eher im Verborgenen. Der, der genauer hinschaue, werde zum Beispiel bei »Kunst im Karree« fündig. Kirsten Ossoinig

Artikel vom 18.05.2010
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