Taufkirchen will Einkaufszentrum auf dem EADS-Gelände

Taufkirchen · Streit um Bebauung

Taufkirchen will EADS-Gelände an der B 471 für ein modernes Einkaufs- und Unterhaltungszentrum nutzen.	Foto: Schunk

Taufkirchen will EADS-Gelände an der B 471 für ein modernes Einkaufs- und Unterhaltungszentrum nutzen. Foto: Schunk

Taufkirchen · In der Frage nach der Nutzung brachliegender EADS-Flächen und -Gebäude ist es zu Differenzen zwischen den Nachbargemeinden Taufkirchen und Ottobrunn gekommen. Während man in der Hachinger-Tal-Gemeinde, auf deren Flur sich das Firmengelände des Luft- und Raumfahrtkonzerns befindet, die Öffnung des Areals für einen Gewerbepark favorisiert, hält man in Ottobrunn eisern am High-Tech-Standort fest. Auch vom Bund Naturschutz, der örtlichen Agenda 21 sowie der Organisation »Mütter gegen Atomkraft« kommt Kritik zu den Taufkirchener Plänen.

Die sehen vor, auf dem Areal einen Gewerbepark zu installieren. Nachdem High-Tech-Firmen »nicht in Sicht« seien und sich in absehbarer Zeit wohl auch nicht dort niederlassen würden, sei man mehr oder weniger gezwungen, die Flächen gewerblich zu nutzen, lautet die Auffassung von Taufkirchens Bürgermeister Jörg Pötke (ILT) und seiner Fraktionskollegen: »Es erscheint nichts am Horizont.« In diesem Sinne äußert sich auch ILT-Sprecher Karl Heinz Hansen: »Ich sage nicht: Das müssen wir jetzt unbedingt haben. Dennoch müssen wir uns darüber Gedanken machen, wie das Areal künftig zu nutzen ist.« Dass die Debatte überhaupt ins Leben gerufen wurde, ist Folge der Verlegung Tausender EADS-Arbeitsplätze nach Manching vor drei Jahren: Seitdem steht das Gebäude 70 mit den dazugehörigen Parkplätzen leer.

Rund 100.000 Quadratmeter umfasst das Areal, das nach dem Wunsch der EADS-Tochter »EADS Real Estate« vermarktet werden soll. Wenn schon Gewerbe, dann soll es jedoch etwas ganz Besonderes sein, »eine Attraktion, die überregionale Bedeutung hat«, wie es sich Hansen wünscht. Als Vorbilder nennen er und der Rathauschef etwa die »Westfield Mall« in London oder das »Centro« in Oberhausen mit einem Mix aus Einkaufs- und Freizeitzentren sowie touristischen Attraktionen.

Widerstand zu diesen Plänen kommt indes von zahlreichen Interessensgruppen. So erinnerten die Agenda 21, der BN und »Mütter gegen Atomkraft« in einem offenen Brief an die Gemeinde Taufkirchen daran, dass sich Pötke einst selbst zur »Speerspitze des Widerstands gegen die Ansiedlung von Großmärkten« erklärt habe. Mit der Errichtung des Brunnthaler Gewerbeparks an der B 471 und der damit verbundenen Rodung von Bannwald habe man der Natur irreversiblen Schaden zugefügt. Dies dürfe sich jetzt nicht an einer anderen Stelle im unmittelbaren Umgriff des Areals wiederholen, forderten die Sprecher der Interessensgemeinschaft, darunter der Vorsitzende des BN in Bayern, Christian Hierneis.

Pötke kann die Kritik verstehen, will aber zugleich eine scharfe Trennungslinie zwischen den beiden Standorten ziehen. »Völlig richtig erinnern sie daran, dass ich Speerspitze des Widerstands war – vor allem deswegen, weil ich ahnte, was in der Folge passieren würde«, entgegnete er seinerseits in einem offenen Brief auf das Schreiben. »Auf Brunnthaler Flur entstand und entsteht ein fantasieloser Gewerbewürfel, der durch das bunte Bemalen auch nicht attraktiver wird.« Die räumlichen und baurechtlichen Gegebenheiten auf dem EADS-Areal seien jedoch damit nicht zu vergleichen, insistiert das Gemeindeoberhaupt: »Im Gegensatz zu diesen bis vor wenigen Jahren noch naturnahen Freiflächen südlich der B 471-Hohenbrunner Straße besteht nördlich längst ein mehrstöckiges Baurecht zwischen Ludwig-Bölkow-Allee und Willy-Messerschmitt-Straße einschließlich der großen Parkflächen. Überdies ist das gesamte Areal seit Jahrzehnten versiegelt – unter anderem mit dem riesigen Gebäude Nr. 70, in das zwei Airbusse A380 hineinpassen würden und das seit einiger Zeit völlig leersteht.«

Pötke hebt hervor, dass es nicht um »Expansionspolitik« gehe, sondern darum, eine »vernünftige Nachfolgenutzung des Bestandes« zu ermöglichen. Gerne wolle er mit den Gruppen ins Gespräch kommen: »Vielleicht können wir uns auf den Minimalkonsens einigen, dass es Schlimmeres gibt als eine Konversion von Kriegstechnik zum kommunikativen Einzelhandel«, seufzt er mit Blick auf das vormalige MBB-Areal, das in Zeiten des Kalten Krieges ein »bestens abgeschirmter Sicherheitsbereich« gewesen sei. »Dort wurden Raketenmotoren getestet und laufend militärische Rüstungsgüter konzipiert. Deswegen war unsere Region beim Erstschlag als Zielobjekt einprogrammiert – Neutronenbombe, alles schon vergessen?« In Ottobrunn hingegen beobachtet man die Taufkirchener Gedankenspiele ebenfalls mit Argwohn. Man solle auf jeden Fall den High-Tech-Standort erhalten und die Flächen nicht einem neuen Konsumtempel opfern, fordert Bürgermeister Thomas Loderer (CSU): »Das ist nicht das, was wir hier haben wollen.« mst

Artikel vom 13.04.2010
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...