Eltern fordern Aufstockung der Lehrerzahlen an Gymnasien

Harlaching · Keine Kapazitäten

Klopfen an die Pforten des Maximilianeums: Mit einer Petition im Bayerischen Landtag wollen Eltern eine Aufstockung der Eingangsklassen an den städtischen Gymnasien Münchens erzwingen.	Foto: mst

Klopfen an die Pforten des Maximilianeums: Mit einer Petition im Bayerischen Landtag wollen Eltern eine Aufstockung der Eingangsklassen an den städtischen Gymnasien Münchens erzwingen. Foto: mst

Harlaching · Schülereltern gehen auf die Barrikaden: Mit einer Petition im Bayerischen Landtag haben Vertreter des Elternbeirats des Theodolinden-Gymnasiums auf die Schieflage im Bayerischen Bildungssystem aufmerksam gemacht. Sie fordern eine deutliche Aufstockung der fünften Klassen in den städtischen Gymnasien und wollen hierfür den Freistaat finanziell in die Pflicht nehmen.

Eltern von Kindern, die derzeit die vierte Jahrgangsstufe in der Grundschule an der Rotbuchenstraße absolvieren, haben Angst: Am 11. Mai findet die Einschreibung an den städtischen und staatlichen Gymnasien in Bayern statt. Doch der Elternbeirat des Theodolinden-Gymnasiums (TLG) in Harlaching befürchtet, dass die Sprösslinge nicht ihre Wunschschule am Staudengarten werden besuchen können.

Grund ist die nach wie vor ungeklärte Finanzierungsfrage des Lehrerpersonals – ein Streit, der schon seit Jahren zwischen der Landeshauptstadt München und dem Freistaat Bayern schwelt. »Es wächst die Wut der Eltern auf eine Bildungspolitik, die Versprechungen nicht einlöst, sondern immer wieder hinausschiebt«, ärgert sich Elternbeirats-Vorsitzende Sabine Walzer. Das Problem: Wegen fehlender Plätze mussten im Vorjahr 345 Schüler bei der Anmeldung in den städtischen Gymnasien der Landeshauptstadt abgewiesen werden. Zum einen liegt das an dem Zuwachs an angehenden Gymnasiasten, der 2009 in München 4,1 Prozent betrug.

Zum anderen ist ein Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2003 für die Misere verantwortlich. Dabei war der Vorstoß der Bildungspolitiker in Münchens höchstem politischen Gremium gut gemeint: Um möglichst kleine Klassenstärken mit maximal 30 Schülern pro Klassenzimmer zu erzielen, wurde die Zahl der Eingangsklassen in den städtischen Gymnasien auf 50 gedeckelt. Damit sollten die Lehrbedingungen von Grund auf verbessert werden – sowohl für die Schüler als auch für die Lehrer. Jahre lang ging das auch gut – bis 2009, als auf Grund dieser Deckelung im TLG erstmals eine fünfte Klasse komplett gestrichen werden musste. Bis dahin gab es zusammen mit der Fußball-Leistungsklasse vier fünfte Klassen, nunmehr sind es nur noch drei. Die Kehrseite dieser Deckelung bekam man mit voller Wucht im Münchner Süden zu spüren: Weil es 2009 an den städtischen Gymnasien im Norden Münchens, darunter das Willi-Graf-Gymnasium, einen regelrechten Ansturm gab, waren die per Stadtratsbeschluss verordneten 50 Klassen schnell ausgeschöpft.

Die Folge: Fast alle Gymnasien in den anderen Stadtteilen der Landeshauptstadt mussten eine Klasse abgeben, um diese Zahl nicht zu überschreiten. Mit höchst unliebsamen Konsequenzen: »Die betroffenen Schüler wurden fast ausschließlich an staatliche Gymnasien verwiesen, die zum Teil weit entfernt vom Wohnort lagen«, schimpft Walzer.

Diejenigen, die auch an diesen Einrichtungen keinen Platz bekommen hätten, seien letztlich »per Zuweisung vom Ministerialbeauftragten« an andere städtische Gymnasien zugeteilt worden. In Harlaching bleiben konnten viele nicht, denn auch im nahe gelegenen staatlichen Albert-Einstein-Gymnasium habe man die Schotten wegen Überfüllung dicht machen müssen, wie Walzer klagt. Sollte das ­Thema nicht ganz schnell auf die Tagesordnung des Bayerischen Landtags kommen, befürchtet man das Schlimmste: »Anhand der vorliegenden Statistiken wissen alle Beteiligten, dass sich dieses Szenario in den kommenden Jahren wiederholen wird. Es besteht akuter Handlungsbedarf«, unterstreicht Martin Münsterkötter, Vorsitzender des gemeinsamen Elternbeirats der Volksschulen der Stadt München. Heuer wird sich seiner Ansicht nach das Problem noch verschärfen: »Wir rechnen damit, dass mindestens 500 Schüler an den städtischen Gymnasien vor verschlossenen Türen stehen werden.«

In der Stadt kennt man das Problem und signalisiert Unterstützungsbereitschaft. Eva-Maria Volland, Sprecherin des Münchner Schulreferats, verweist auf den Erziehungsauftrag des Freistaates: »Beim Unterhalt der 14 städtischen Gymnasien handelt es sich um eine freiwil­lige kommunale Zusatzleistung«, erklärt sie gegenüber der Harlachinger Rundschau. Ziel sei es, den Bildungsauftrag zu unterstützen, wofür man bislang 60 Millionen Euro jährlich aus den Haushaltsmitteln der Stadt bereitgestellt habe. Dabei hätte die Kosten für die Bezahlung der Lehrkräfte alleine die Landesregierung zu schultern: »Kompetenzstreitigkeiten kann es aus unserer Sicht nicht geben, weil ausschließlich der Freistaat qua Verfassungsauftrag verpflichtet ist, den Bildungs- und Erziehungsauftrag flächendeckend zu schultern«, ergänzt Volland und spricht von einer »überfälligen Reform der Schulfinanzierung«.

Mit einer Petition haben die Elternbeiräte der Städtischen Gymnasien Münchens jetzt direkt an die Türen des Bayerischen Landtags geklopft: »Wir fordern von den Bildungspolitikern des Freistaates Bayern und der Landeshauptstadt München, den Streit über die Finanzierung des Lehrpersonals beizulegen«, heißt es in der Beschwerdeschrift, die nach den Worten Münsterkötters bereits rund 60 Elternbeiräte aus ganz München unterzeichnet haben. In den Hallen des Maximilianeums indes rannten sie regelrecht offene Türen ein: »Sie haben in der Sache völlig Recht«, beschwichtigt Hans-Ulrich Pfaffmann, Vorsitzender des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport im Bayerischen Landtag. »Eigentlich ist nach der Gesetzeslage der Staat zuständig für den Anteil an Personal.«

Auch die Grünen-Landtagsabgeordnete und Fraktionsvorsitzende Margarete Bause will sich für die Belange der Schüler einsetzen: »Es kann nicht sein, dass der Streit zwischen Stadt und Land auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird.« Pfaffmann verspricht, das Thema noch im April auf die Tagesordnung zu hieven – damit noch bis zur Einschreibung am 11. Mai eine Entscheidung fällt. mst

Artikel vom 23.02.2010
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