Stalking-Opferhilfe: Bundesverdienstkreuz für Münchnerin

München · „Man sieht die Folgen nicht“

Erika Schindecker (M.) bekam von Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz überreicht. Das Bild zeigt die beiden mit Köhlers Frau Eva im Schloss Bellevue.	Foto: Bildstelle/Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Erika Schindecker (M.) bekam von Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz überreicht. Das Bild zeigt die beiden mit Köhlers Frau Eva im Schloss Bellevue. Foto: Bildstelle/Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Telefonterror, andauernde Belästigung per E-Mail, Liebesbekundungen, die kein Ende nehmen wollen, und ständig die Angst, dass der Verfolger einem auflauert – für Opfer von Stalking ist Freiheit ein Fremdwort. Die Münchner Geschäftsfrau Erika Schindecker hat Stalking vor sechs Jahren selbst erlebt. Um anderen zu helfen, gründete sie 2005 den Verein „Deutsche Stalking-Opferhilfe“ (DSOH). Dafür zeichnete sie Bundespräsident Horst Köhler im Schloss Bellevue in Berlin mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland aus.

„Dass mich der Bundespräsident nach Berlin eingeladen hat, ist eine besondere Würdigung“, sagt Schindecker. Sie erhofft sich durch die Auszeichnung mehr Aufmerksamkeit für ihre Arbeit bei der Stalking-Opferhilfe. „Seitdem sich herumgesprochen hat, dass Stalking ein Straftatbestand ist, trauen sich die Opfer mehr, sich zu offenbaren und über ihr Schicksal zu sprechen“, stellt Erika Schindecker fest. „Wir haben auch mehr Anfragen von Ausländern.“ Bei ihnen spiele oft auch häusliche Gewalt eine Rolle. „Das sind die kritischsten Fälle“, so die 57-Jährige. „Aber immer mehr haben den Mut, etwas zu unternehmen.“ Auch die Bürger seien inzwischen besser über das Thema Stalking informiert.

Das Umfeld der Opfer nehme das Thema inzwischen auch ernst. „Das war vorher nicht so“, erläutert Schindecker. „Dabei ist es sehr wichtig für die Opfer, dass sie auf Verständnis stoßen.“ Jeder müsse aufmerksam sein, auch am Arbeitsplatz. „Wir hatten auch schon Anrufe von Firmenchefs, deren Mitarbeiter von Stalking betroffen waren, weil einer einen Kollegen gestalkt hat. Dass sich Vorgesetzte bei uns melden, finde ich gut. Auch bei Arbeitgebern muss es mehr Sensibilität für dieses Thema geben.“ Für Erika Schindecker ist Stalking sogar schlimmer als Mobbing. „Wer gemobbt wird, kann immerhin abends aus der Firma gehen und hat dann seine Ruhe. Ein Stalking-Opfer kann kein normales Leben mehr führen, wird ständig verfolgt und terrorisiert“, so die Münchnerin. „Dadurch, dass sich viele Opfer nicht öffnen und den Täter gewähren lassen, erleiden sie einen enormen seelischen Schaden, der bis hin zu einer posttraumatischen Belastungsstörung gehen kann.“ Von Leonie Specht

Stalking-Opfer können sich bei der DSOH zu folgenden Zeiten telefonisch beraten lassen: Montag von 9 bis 12 Uhr unter Telefon 01 51/52 06 52 09, von 20 bis 22 Uhr unter Telefon 01 70/1 08 78 79; Dienstag von 17 bis 19 Uhr unter Telefon 01 71/9 29 30 30; Donnerstag von 19 bis 21 Uhr unter Telefon 01 51/52 06 52 06; Freitag von 16 bis 18 Uhr unter Telefon 01 51/52 06 52 03.

Das nächste Selbstsicherheitstraining gegen Stalking findet voraussichtlich im Frühjahr 2010 im King’s Hotel, Dachauer Straße 13, statt und ist für Opfer kostenlos.

Anmeldung mit Name, Anschrift und Telefonnummer per Fax unter 2 60 78 81 oder per E-Mail unter info@deutsche-stalkingopferhilfe.de. Die DSOH plant auch den Aufbau einer Selbsthilfegruppe für Stalkingopfer. Nähere Auskünfte dazu gibt es in der DSOH-Geschäftsstelle, Sendlinger Straße 21, Telefon 01 70/8 87 82 33. Weitere Informationen im Internet unter www.deutsche-stalkingopferhilfe.de.

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Artikel vom 10.02.2010
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