Maxvorstädter Bürger sprechen sich gegen Stadtratsentscheidung aus

Maxvorstadt · »Meiserstraße soll bleiben«

Wegen einer noch laufenden Klage des Meiser-Enkels trägt die Straße trotz Stadtratsbeschluss bis heute ihren angestammten Namen.	Foto: js

Wegen einer noch laufenden Klage des Meiser-Enkels trägt die Straße trotz Stadtratsbeschluss bis heute ihren angestammten Namen. Foto: js

Maxvorstadt · Bereits im Februar 2008 hat der Stadtrat entschieden, die Meiserstraße in Katharina-von-Bora-Straße umzubenennen. Auf der Bürgerversammlung der Maxvorstadt am vergangenen Donnerstag im Pfarrsaal St. Benno haben sich die Anwohner jedoch dafür ausgesprochen, den ursprünglichen Straßennamen beizubehalten. Der Grund: Neueste kirchenhistorische Forschungen könnten den Namenspatron Bischof Hans Meiser (1881-1956), der wegen antisemitischer Äußerungen in die Kritik geraten war, rehabiliteren.

Eigentlich ist es längst beschlossene Sache: Der Name Meiser soll aus dem Straßenregister Münchens verschwinden. Vor rund zwei Jahren sprachen sich die Stadträte dafür aus, den wegen judenfeindlicher Tendenzen historisch umstrittenen evangelischen Bischof nicht mehr länger durch eine Straßenwidmung zu ehren. Doch passiert ist bislang noch nichts.

Ob die Umbenennung überhaupt gerechtfertigt ist, steht nun jedoch in Frage – zur Freude der Anwohner. »Die Meiserstraße soll die Meiserstraße bleiben«, forderte Gerhard Mittag auf der Bürgerversammlung. Recherchen hätten ergeben, dass der evangelische Bischof, nach dem die Straße benannt ist, doch nicht als judenfeindlich einzustufen sei. Mittag bezog sich damit auf die aktuelle Forschungsarbeit des Erlanger Theologieprofessors Lukas Bormann.

Dieser hatte im Oktober auf einer Gedenkveranstaltung anlässlich der Besetzung des evangelischen Landeskirchenamtes durch die Nazis vor 75 Jahren verlauten lassen, dass Meiser in den Sicherheitsprotokollen der SS als judenfreundlich bezeichnet worden sei. »Es ist ein später Sieg für die Nazis, wenn Meiser in einer demokratischen Gesellschaft nicht mehr der Erinnerung wert sein sollte«, sagte er. Die Umbenennung werde zum Teil auf falsche historische Grundlagen gestützt. »Gerade in München würde ich es bedauern, wenn die Meiserstraße verschwinden würde, weil dort auch ein Ort des Widerstands war«, so der Erlanger Professor. Auch die Bürger des Stadtteils wünschen sich, dass die Widmung der Straße erhalten bleibt. Bis auf eine Gegenstimme befürworteten die Versammlungsteilnehmer Mittags Antrag. »Wir waren schon immer gegen die Umbenennung«, erklärte auch Oskar Holl, der Vorsitzende des Bezirksausschusses Maxvorstadt (BA 3).

Das evangelische Landeskirchenamt, das seinen Sitz in der Meiserstraße hat, ist von der geplanten Adressänderung ebenfalls wenig begeistert, steht dem Namensgeber jedoch kritisch gegenüber. »Meiser hat sich einerseits für Juden eingesetzt, andererseits Dinge über sie gesagt, die wirklich nicht in Ordnung waren«, sagte Johannes Minkus, Sprecher der evangelischen Landeskirche. Die Kirche hätte sich gewünscht, sowohl an die positiven, als auch an die negativen Seiten seines Wirkens weiterhin zu erinnern, »aber der Stadtrat hat anders entschieden.«

Ob und wann die Umbenennung tatsächlich vollzogen wird, hängt jedoch zunächst von einem ganz anderen Aspekt ab. Hans Christian Meiser, der Enkel des Bischofs, hat nämlich gegen das Vorhaben der Stadt geklagt. Das Verwaltungsgericht gab im vergangenen November der Kommune Recht, doch nun ist er in Revision gegangen. »Wie lange das dauert, ist noch nicht abzusehen, wir haben noch nicht einmal einen Gerichtstermin«, sagte Antje Motzek vom Kommunalreferat. Dem Antrag der Bürgerversammlung könne man daher nicht nachkommen, »so lange das Verfahren läuft, können wir hierzu keine Entscheidung treffen.« Julia Stark

Artikel vom 24.11.2009
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