Gremium brüskiert die Bürger – Tagesordnungspunkt nicht behandelt

Vaterstetten · Eklat im Vaterstettener Gemeinderat

Vaterstetten · Erfreulich gut besucht war die Sitzung des Gemeinderates am 11. November. Es sollte spannend werden, denn zwei für Anwohner besonders wichtige Themen standen auf der Tagesordnung: Die Orstumfahrungen Weißenfeld/Parsdorf und der Verkauf bzw. die Bebauung eines Gemeindegrundstücks.

Das Thema Ortsumfahrung ist ein leidiges und dauerndes. Seit 30 Jahren bemüht man sich um eine verkehrsgerechte Entlastung der Weißenfelder, die unter ihrer Durchgangsstraße frequentiert von 10.000 Fahrzeugen täglich – zur Autobahn leiden. Es wurden endlose Sachvorträge gehalten, diverse Umfahrungs-Alternativen vorgestellt.

Zwangsenteignung?

Noch blocken einige Grunstücksbesitzer ab, sie erkennen »die Sinnhaftigkeit der Maßnahme nicht«, so Jutta Löbert (CSU), die im engen Kontakt mit den betroffenen Landwirten steht. Für ihr mutiges Plädoyer einer weiteren, intensiveren Gesprächskultur mit den Betroffenen bekam sie »standing ovations« von den Grünen. Trotzdem einigte sich die Mehrheit im Gemeinderat darauf, dass eine Umfahrung oberste Priorität habe. Und sollten die Grundstückseigentümer nicht »mitspielen«, dann werde es zu einem Planfeststellungsverfahren kommen. Das heißt: Der erste Schritt hin zur Enteignung. Nachdem der Gemeinde darin aber die Erfahrung fehle, wolle man zunächst noch einmal das Gespräch suchen, erst dann die rechtlichen Schritte einleiten.

Niederlage für den Bürgermeister

Mittlerweile waren gut zwei Stunden vergangen. Dann bahnte sich eine der wenigen Abstimmungsniederlagen von Bürgermeister Robert Niedergesäß an: Frau Kreuzberger vom erzbischöflichen Ordinariat bat intensiv um finanzielle Zuschüsse zum Kinderhaus St. Joseph mit Pfarrsaal. Ihr Flehen wurde nicht erhört, außer dem Bürgermeister war niemand gewillt, über weitere Zuschüsse zumindest einmal zu verhandeln. »Jetzt weiß ich, wie das ist – einer gegen alle«, schmunzelte Niedergesäß nach der Schlappe. Die Hälfte der Sitzungsbesucher war schon gegangen, Weißenfeld und Parsdorf waren erledigt. Nun freute sich die andere Hälfte auf das Thema »Bebauung, Erhalt der Grünfläche« am Grundstück Zugspitz- / Beethovenstraße.

Vergebens gewartet

Die Gemeinde hatte es verkauft, die neuen Besitzer wollen bei der Bebauung keine Rücksicht auf die dort stehende 50 Jahre alte Linde nehmen. Anwohner-Familie Bachhuber reichte eine Unterschriftenliste mit immerhin 86 Unterzeichnern ein. Der Sitzungsleiter hatte das Thema zur Diskussion auf die Tagesordnung gebracht, extra betont, dass Betroffene im Saal wären. Wil-Rafael Bienheim von den Freien Wählern stellte dennoch einen Geschäftsordnungsantrag, das Thema überhaupt nicht zur Sprache zu bringen. Juristisch sei das bereits korrekt abgehakt, »Darüber will ich nicht mehr reden...«, so Bienheim. Mit offenen Mündern nahmen die Besucher diese Äußerung zur Kenntniss, ebenso die mehrheitliche Zustimmung des Gemeinderates: das Thema war vom Tisch! Wutentbrannt verließen die Bürgerinnen und Bürger den Saal, nicht ohne ein paar Schimpfworte in Richtung Bienheim und Co. zu äußern. Vor der Türe hitzige Diskussionen: »Denen geht es nur um ihr Geld für die Gemeinde«, »Das war doch vorher schon abgesprochen«, »Dafür bin ich extra hergekommen – und dann so etwas nach drei Stunden warten...«.

Baumfällung mit mangelnder Ersatzpflanzung

Heinz Vierthaler vom Bund Naturschutz versprach, sich den Herrn Bienheim nochmals zur Brust zu nehmen. Vierthaler beklagt, dass die alte Linde, die umgerechnet einen Wert von 35.000 Euro hat, einfach gefällt werden darf, nur weil sonst eine Südterrasse nicht machbar wäre. Und die geplante, aus seiner Sicht mickrige Ersatzbepflanzung, würde einem »Normalbürger nicht genehmigt«.

Oliver Oswald

Artikel vom 18.11.2009
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