Naturindianer als Projekt der UNESCO-Weltdekade ausgezeichnet

Trudering-Riem · Auf gutem Pfad

Von links: Timotheus Lorenz alias Timo Turtle, »Oberhäuptling« Oliver Fritsch als Grauer Wolf und Amien Van den Berg alias Amien Anaconda mit Kindern, die das Herbstcamp der Naturindianer besucht haben.  Foto: Kohnke

Von links: Timotheus Lorenz alias Timo Turtle, »Oberhäuptling« Oliver Fritsch als Grauer Wolf und Amien Van den Berg alias Amien Anaconda mit Kindern, die das Herbstcamp der Naturindianer besucht haben. Foto: Kohnke

Trudering - Riem · Nicht per Rauchzeichen, sondern per E-Mail kam jetzt die gute Botschaft: »Gerade letzte Woche habe ich die Mitteilung erhalten, dass die Feriencamps der Naturindianer zum zweiten Mal als offizielles Projekt der UNESCO-Weltdekade ausgezeichnet wurden«.

Die Freude über die Entscheidung der Fachjury steht Oliver Fritsch ins Gesicht geschrieben. Erst vor fünf Jahren gründete der Diplom-Geograf und Naturerlebnispädagoge die Münchner Umweltbildungseinrichtung. Das prämierte Motto der Camps für Kinder verschiedenen Alters: Inmitten schöner Natur »Nachhaltigkeit lernen« – auf spielerische, selbstständige Weise.

Zu den Orten, wo Fritsch dies anbieten kann, zählt auch die pädagogische Farm in Trudering, an der Friedenspromenade/Ecke Markgrafenstraße. Gerade haben hier sieben Jungen und Mädchen ihre Herbstferien verbracht, täglich von 9 bis 16 Uhr getobt, Spaß gehabt aber auch manches erfahren. »Mit den Tieren was machen ist am Tollsten«, behauptet Niklas, einer der Naturindianer. Der Neunjährige genießt es, sich gemeinsam mit den anderen Kindern um die Ponys zu kümmern.

Ausreiten sei der Hit, versichert auch Marcel (zehn Jahre). Klasse sei aber auch, die Meerschweinchen mit den Namen »Salz«, »Pfeffer« und »Zimt« zu füttern. Herzstück des Camps und Unterschlupf bei Wind und Wetter ist ein großes, handgefertigtes Tipi, das sich wie ein Wahrzeichen vor den Häuserreihen ringsum abhebt. Hier können sich die Kinder aufwärmen, hier wird gebastelt und gegessen, etwa Kartoffeln aus dem offenen Feuer, mit Quark und gemeinsam gesammelten Kräutern. Dies alles ganz bewusst ohne fließend Wasser oder Strom – eine wertvolle Erfahrung zum Thema Ressourcenschutz. Das Leitmotiv des diesjährigen Herbstcamps hieß »Talking Peace«: »Die Kinder haben gelernt, Streitereien durch Kommunikation und nicht durch Aggression zu lösen«, erklärt Mitarbeiter Timotheus Lorenz, Leiter des Konfliktlösungstrainings, hier allgemein bekannt als Timo Turtle.

»Wir sind hier quasi nur Mieter«, erklärt Oliver Fritsch oder auch »Häuptling Grauer Wolf«, wie ihn die Kinder nennen. Die pädagogische Farm selbst betreibe der Berufsschullehrer Peter Ruch, der Mädchen und Jungen aus Kindertagesstätten, Krippen und der angrenzenden Grundschule hier Kontakt zu Tieren ermöglicht. Aber die Tage des Idylls sind gezählt: »Wir werden hier sicherlich noch bis zu den nächsten Sommerferien Freizeiten anbieten können, dann wird diese Farm dem geplanten neuen Truderinger Gymnasium weichen müssen«, bedauert der Naturerlebnispädagoge. Deshalb hätten sich die Naturindianer bereits ratsuchend an den Bezirksausschuss (BA) Trudering-Riem gewandt und um Unterstützung gebeten. »Wir Indianer sind flexibel! Wir bräuchten nur ein rund ein Hektar großes, ruhig wildes Stück Land«, erläutert Fritsch und hofft auf Unterstützung. Die BA-Mitglieder stehen dem Projekt jedenfalls positiv gegenüber und leiteten das Anliegen bereits an die Stadt weiter.

Das Team rund um Häuptling Oliver Fritsch, zu dem auch Partnerin Ursula Helfrich gehört, hat jede Menge Zukunftspläne. So habe man Anfang August eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft gegründet, die Naturindianer-Kids. »Weiter arbeiten wir auch tatkräftig an unserem Naturindianer-Kinderhort-Konzept, für das wir noch einen Kooperationspartner und einen geeigneten Standort suchen«, erklärt Fritsch. Vorstellbar sei etwa die Kooperation mit einer Schule. »Wir könnten ein Tipi auf dem Schulgelände aufbauen und die Kinder dort nach dem Unterricht betreuen«. Dieses Projekt liefe parallel zu den bereits bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und Ferien-Aktionen.

In zahlreichen Projekten und Institutionen sind die Naturindianer ebenfalls engagiert: Als Gründungsmitglied des regionalen Münchner Kompetenzzentrums für Bildung und nachhaltige Entwicklung (BenE), in der Arbeitsgemeinschaft Natur-und Umweltbildung (ANU) sowie auch im Qualitätszirkel Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung – um nur einige zu nennen.

Die Auszeichnung als Projekt der UNESCO-Weltdekade, dokumentiert durch Urkunde, Fahne, Logo und Stempel, erhalten Oliver Fritsch und sein Team am Donnerstag, 12. November, im Rahmen einer Feierstunde im Nemetschek-Haus in Riem. Dort tagen auf Einladung der Bayerischen Staatsregierung der Runde Tisch 2009 sowie das Nationalkomitee für die UN-Dekade. Bereits 2002 haben die Vereinten Nationen für die Jahre 2005 bis 2014 die Weltdekade »Bildung für nachhaltige Entwicklung« ausgerufen. Die deutsche Umsetzung steht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Horst Köhler. Prämiert wurden bereits fast 900 Projekte. Kindergärten, Schulen oder lokale Einzelgruppen, die sich ebenfalls mit einem Projekt bewerben wollen, sollten sich sputen: Die Bewerbungsfrist für dieses Jahr läuft nur noch bis zum 1. Dezember. Näheres auf www. bne-portal.de.

Weitere Informationen über die Naturindianer und ihr Programm, wie etwa der Weihnachtswerkstatt im Tipi (19. Dezember) oder dem Wintercamp (28. und 29. Dezember) gibt es ebenfalls im Internet: www.naturindianer.de. K. Kohnke

Artikel vom 11.11.2009
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