Hauptschule Unterschleißheim: Gemeinsam Unterricht mit behinderten Kindern

Unterschleißheim · »Zugpferdeffekt« nutzen

An der Hauptschule Unterschleißheim haben Fünftklässler mit und ohne geistige Behinderung gemeinsam Unterricht. Am »Klassenbaum« aus Papier darf jeder Schüler sein Foto anbringen. 	Foto: ko

An der Hauptschule Unterschleißheim haben Fünftklässler mit und ohne geistige Behinderung gemeinsam Unterricht. Am »Klassenbaum« aus Papier darf jeder Schüler sein Foto anbringen. Foto: ko

Unterschleißheim · Einträchtig basteln Lukas (11), Barbara (10) und Nina (10) am herbstlichen »Klassenbaum« aus Papier, den später Fotos aller Schüler zieren. Barbara und Nina helfen dem Elfjährigen ab und zu, etwa wenn er nicht so gut mit dem Laminiergerät zurecht kommt, durch das die Fotos gezogen werden. Die Mädchen sind Lukas’ Tutorinnen in der »integrativ arbeitenden Außenklasse in Kooperation mit der Hauptschule Unterschleißheim«.

Lukas hat das Down-Syndrom. Die beiden zehn Jahre alten Mädchen kümmern sich rührend um ihren Klassenkameraden. »Lukas’ Aussprache ist manchmal nicht so gut, aber ich kann ihn ohne Probleme verstehen«, erzählt Nina. Und Barbara findet es leicht, mit dem Elfjährigen zusammenzuarbeiten, sie hat sich das anfangs schwerer vorgestellt. Lukas macht es Spaß, mit den beiden Mädchen zu lernen. »Aber spielen mag ich manchmal lieber mit Jungs«, sagt er energisch.

Seit diesem Schuljahr haben sieben Kinder mit geistiger Beeinträchtigung der Münchner Otto-Steiner-Schule, Förderzentrum mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung des Augustinums, an der Hauptschule in Unterschleißheim einen eigenen Raum. In eines der Klassenzimmer ist eine Trennwand eingezogen worden, denn die sieben Schüler brauchen nicht so viel Platz. Die zweite Hälfte des Raumes wird als Büro genutzt. Außerdem ist aus Brandschutzgründen ein zweiter ebenerdiger Fluchtweg eingebaut worden.

Der Unterschleißheimer Stadtrat hat vor Schuljahresbeginn einstimmig beschlossen, für diesen Umbau im städtischen Nachtragshaushalt 40.000 Euro zur Verfügung zu stellen. Und die Ausgabe lohnt sich, denn die sieben Kinder, zwei mit Down-Syndrom und fünf mit einer allgemeinen Entwicklungsverzögerung, sowie die Grundschüler aus der regulären fünften Klasse profitieren gegenseitig vom Unterricht, der zum Teil gemeinsam stattfindet. So seien einige der Fünftklässler, von denen jeweils zwei als Tutoren ein Kind mit Beeinträchtigung betreuen, im Unterricht sehr viel ruhiger, sagt die Klassenleiterin der Regelklasse, Rita Martens.

Für Sonderschullehrerin Cordula Prechtl ist vor allem der hohe Wissensstand ihrer Schützlinge bemerkenswert. »Alle können lesen, das habe ich so noch nie erlebt.« Die Lehrkräfte schreiben dies dem »Zugpferdeffekt« des gemeinsamen Unterrichts zu. Für die Leiterin der Unterschleißheimer Hauptschule, Gina Hanke, steht bei der Integrationsklasse ganz klar der »soziale Faktor« im Vordergrund: Die Kinder würden lernen, aufeinander Rücksicht zu nehmen, sich als »normale Menschen« zu akzeptieren und sich gegenseitig zu helfen. Zirka zehn Wochenstunden haben alle Schüler gemeinsam Unterricht, zum Beispiel in den Fächern Musik, Kunst und Sport.

Mit dem Projekt wird der gemeinsame Unterricht fortgesetzt, der bereits seit der ersten Klasse Grundschule stattgefunden hat. Damals haben sich Eltern dafür stark gemacht, dass ihre Kinder mit Beeinträchtigung die Unterschleißheimer Johann-Schmid-Grundschule besuchen können. Somit ist der gemeinsame Umgang etwa für Nina und Lukas nichts Neues mehr. Denn die beiden kennen sich bereits aus der Grundschule. Kirsten Ossoinig

Artikel vom 20.10.2009
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