16-Jähriger rettet Freundin (20) aus dem Riemer See – Andere schauen zu

Riem · Zivilcourage? Logisch!

Christoph (16) und seine Mutter Alexandra Schwarz sagen »Ja!« zur Zivilcourage: Der 16-Jährige hat eine Freundin vor dem Ertrinken gerettet.	Foto: ko

Christoph (16) und seine Mutter Alexandra Schwarz sagen »Ja!« zur Zivilcourage: Der 16-Jährige hat eine Freundin vor dem Ertrinken gerettet. Foto: ko

Riem · Freitag, 2. Oktober, ist ein Datum, das Christoph (16) und Conny (20) wohl nie vergessen werden. Denn Christoph hat an diesem Tag seiner Freundin das Leben gerettet. Die Zwanzigjährige war abends auf dem Rückweg von einer Feier in den Riemer See gefallen. Christoph hat als Einziger der Jugendlichen, die dabei waren, nicht nur zugesehen, sondern geholfen: Er ist seiner Freundin in das eiskalte Wasser hinterher gesprungen, hat sie herausgezogen und vor dem Ertrinken bewahrt.

Freitagabend, 23.30 Uhr: Fünf Jugendliche verlassen eine Party in der Schrebergartensiedlung am Messegelände. Auf halbem Weg bemerkt Christoph, dass er seinen Rucksack vergessen hat. Er kehrt noch einmal um und holt seine Freunde schließlich auf Höhe des Riemer Sees ein. Conny fehlt in der Runde bei seiner Rückkehr. Sie macht sich jedoch durch laute Hilferufe bemerkbar. Im Dunkeln hat sie den Weg am Wasser vorbei verfehlt und liegt nun im See, der zwar nicht sonderlich tief ist, für Conny aber trotzdem zum Verhängnis wurde, denn sie hatte sich im Ufergestrüpp verfangen. Christoph zögert nicht eine Sekunde und handelt.

Er zieht Schuhe und Jacke aus und rettet die Freundin, die mittlerweile ohnmächtig geworden ist, unter Aufbietung aller seiner Kräfte aus dem Wasser, bringt sie am Ufer in die stabile Seitenlage und ruft mit den anderen Jugendlichen, die bis dahin nur zugesehen haben, den Notarzt. »Mein erster Gedanke war: Ich muss ihr helfen«, sagt der mutige 16-Jährige. Für ihn ist seine Tat selbstverständlich. Trotzdem schaudert er im Nachhinein bei dem Gedanken, was passiert wäre, wenn er zehn Minuten später gekommen wäre. »Ich glaube, die anderen hätten auch weiter nichts unternommen«, sagt Christoph. Er bedauert, dass es bei vielen Menschen wohl an Zivilcourage mangele. Und er erinnert an Dominik Brunner, der an der S-Bahnstation in Solln im September sein Leben für vier Kinder gab, weil er sie schützen wollte. »Wenn ich sehe, dass jemand zusammengeschlagen wird, würde ich helfen«, ist Christoph überzeugt. Vielleicht würde er nicht direkt in das Geschehen eingreifen, aber auf gar keinen Fall würde er tatenlos zusehen, da ist sich der 16-Jährige sicher. »Denn wenn was passiert, tun viele nichts, sind aber hinterher ganz entsetzt.«

Im Alter von 14 Jahren hat Christoph für zwei bewusstlose Personen, einen Mann im Nachbarsgarten und einen in der U-Bahn, den Notarzt gerufen. Als Christoph neun Jahre alt war, hat er stundenlang selbst auf Hilfe warten müssen, nachdem er sich im Unterhachinger Freibad nach einem Sturz eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte. All diese Erlebnisse haben dazu geführt, dass es für den Jugendlichen selbstverständlich ist, hinzusehen. Das und die elterliche Erziehung. »Zu helfen ist für uns selbstverständlich. Und nicht nur in dramatischen Situationen, sondern auch nur mal, wenn es gilt einer alten Frau die Einkaufstaschen nach Hause zu tragen«, sagt Christophs Mutter Alexandra Schwarz. Sie glaubt, dass viele Menschen einfach Scheu davor hätten, zu helfen. »Die muss man verlieren, dann ist es das Normalste von der Welt, im Notfall anzupacken.« Connys Eltern haben sich beim Lebensretter ihrer Tochter herzlich bedankt. Und heute können Christoph und Conny über Freitag, den 2. Oktober, schon wieder ein wenig lachen. Kirsten Ossoinig

Artikel vom 13.10.2009
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