Kirchseeon zelebriert das Umlegen seines Maibaums

Kirchseeon · Inszenierter Fall

Verantwortlich für die »Aktion Maibaum« (v. li.): Josef Götz (Trachtenverein Seetaler), Herbert Feicht (Edelweiß-Schützen), Gerda Rothhaupt, Hans Mazurek (Feuerwehrchef) und als Besucher Bürgermeister Udo Ockl.  Foto: Oswald

Verantwortlich für die »Aktion Maibaum« (v. li.): Josef Götz (Trachtenverein Seetaler), Herbert Feicht (Edelweiß-Schützen), Gerda Rothhaupt, Hans Mazurek (Feuerwehrchef) und als Besucher Bürgermeister Udo Ockl. Foto: Oswald

Kirchseeon · Jeder Abschied fällt schwer – beim Maibaum in Kirchseeon im wahrsten Sinne des Wortes: Satte 3,9 Kubikmeter Holz krachten auf den Marktplatz. Der Abbau des Riesen war mindestens genauso spannend wie der Aufbau.

Nach vier Jahren ist Schluss, das sagt die Versicherung, bei Schädlingsbefall auch früher. Auch die Kirch­see­oner mussten sich am Sonntag von ihrem 33 Meter hohen Prachtstück verabschieden. Der Countdown begann um 13.00 Uhr. Die Feuerwehr hatte ihre Stellungen am Marktplatz bezogen, neben dem »Exeku­tionsplatz« war ein Biergarten eingerichtet worden. Bei schönem Wetter wurde für dieses Spektakel mit Hunderten Schaulustigen gerechnet. Anfangs verfolgten bei bedecktem Himmel nur 50 Einheimische den Abbau der Wappen und Tafeln an der 104 Jahre alten Fichte aus dem Ebersberger Forst. Immer wieder hob die fahrbare Leiter zwei vermeintlich schwindelfreie Feuerwehrler Richtung Maibaumspitze, um die Schrauben an den Schmuckstücken zu lockern. Insgesamt zwei Stunden ging es rauf und runter, bis die hölzerne Schönheit quasi nackt dastand. »Kopf ab« lautete nun die Devise, die obersten drei Meter inklusive dem starren Wetterhahn mussten dran glauben. Der Laie mutmaßte ab jetzt ein langweiliges Absägen von oben nach unten, Stück für Stück.

Doch die Kirchsee­oner, unter der Leitung des Vereinsbündnisses »Aktion Maibaum«, die von sich behaupten, die ersten im Landkreis gewesen zu sein, die den Abbau des Maibaums zum eigenen Spektakel machten, hatten eine spezielle Performance für die mittlerweile 400 Zaungäste vorgesehen: Der spitze Riese wurde aus der Bodenverankerung gelöst, um dann »pfeigrod« auf die Straße zu krachen! Die war mit über 100 alten Autoreifen gepflastert, um den Aufprall abzufedern. High Noon am Marktplatz – es war wirklich spannend: Großräumig abgeschirmt von der Landebahn zählten die Zuschauer den Countdown, bis die wackere Fichte letztlich trotz Gummireifen mit Riesenkrach zu Boden fiel und in die Brüche ging. Markus Mazurek (23), der Sohn des örtlichen Feuerwehrvorstands, machte dann mit seiner Motorsäge Kleinholz daraus. Das war für ihn verhältnismäßig entspannend, denn vorher musste er ständig in schwindelnder Höhe dem Maibaum-Veteranen an die Gurgel. »Normalerweise gehe ich auf keine Leiter, die höher ist als drei Meter. Aber diesmal musste ich die Zähne zusammenbeißen«, so der tapfere Floriansjünger. Dass die Zusage für den gewagten Aufstieg auf die über 40 Meter lange Feuerwehrleiter aus einer Bierlaune vom Vorabend stammt, das erzählte uns sein Vater hinter vorgehaltener Hand. Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel hatte da scheinbar weniger Bedenken: Seinen aktuellen Urlaub nutzte er für eine Leiterfahrt, um von oben spektakuläre Bilder mit seiner Videokamera aufzunehmen.

Der neue Maibaum ist schon anvisiert, eine Fichte wird’s wieder werden – so ist das Tradition in Oberbayern. Die abgesägten Kleinteile vom Vorgänger dienen dann als Schalbretter und Ummantelung für das Hüttendach des Neuen. Im April wird das gute Stück, das zwischen 29 und 34 Meter lang sein wird, aus dem Wald geholt, dann geht’s ins Wachstüberl, wo er bemalt wird. Jede Nacht kümmert sich ein anderer Verein um die Sicherheit. »Noch nie ist es gelungen, uns den Baum zu stiebitzen«, sagt Feuerwehrchef Hans Mazurek sichtlich stolz. Bis zum 1. Mai gibt’s noch allerhand zu tun: Die Schilder müssen übermalt werden – das macht seit Jahren der Künstler Herbert Schafbauer – und neue kommen dazu. So etwa von der Eisdiele am Marktplatz, dem Burschenverein oder der Kaminkehrerinnung. »Die Nachfrage ist da, man kann sich ruhig bewerben, so lange es ein ausgewogenes Verhältnis am Baum gibt«, erklärt die Vorsitzende des Kirchseeoner Vereinskartells, Gerda Rothhaupt.

Sie hat ihre ganze Truppe »Aktion Maibaum«, bestehend aus dem Schützenverein »Edelweiß Schützen«, der Feuerwehr Markt Kirchseeon und dem Trachtenverein »Seeadler«, während der ganzen Veranstaltung bestens im Griff.

Auf der Maibaum-Homepage www.maibaum-kirchseeon.de kann man sich über Wissenswertes rund um die beliebte Tradition informieren.

Oliver Oswald

Weitere aktuelle Berichte aus der Region findet man auch auf www.wochenan zeiger.de

Artikel vom 09.09.2009
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