Neue Eingangsklassen an Gymnasien reichen nicht aus

Perlach · Unterricht im Keller

Der Pavillon des Michaeli-Gymnasiums ist marode, ein neuer, geschweige denn ein Umbau der Schule, nicht in Sicht. Foto: Föll

Der Pavillon des Michaeli-Gymnasiums ist marode, ein neuer, geschweige denn ein Umbau der Schule, nicht in Sicht. Foto: Föll

Perlach/Giesing · 4.811 Schülerinnen und Schüler wechseln heuer in München von der Grundschule aufs Gymnasium – 189 Kinder mehr als noch im letzten Schuljahr. Platz sollen die Jungen und Mädchen in einer der zehn Eingangsklassen der 14 städtischen Gymnasien finden, deren Zahl seit dem Schuljahr 2003/2004 auf lediglich 50 Klassen à 30 Schüler gedeckelt ist.

Doch im 16. Stadtbezirk mussten 65 Schüler von den städtischen Gymnasien zurückgewiesen werden, weil nicht genug Plätze in Eingangsklassen vorhanden sind. Am städtischen Werner-von-Siemens-Gymnasium (WvSG) in Neuperlach gingen Anmeldungen für sechs Eingangsklassen ein. Zumindest fünf Klassen können eingerichtet werden, weil die Realschule im gleichen Gebäude einen Raum zur Verfügung stellt. Das WvSG ist mit der Schülerzahl ebenso am Anschlag wie das staatliche Asamgymnasium (ASG) in Giesing, das ebenfalls Schüler abweisen musste. Es erhält aber zum nächsten Schuljahr eine weitere Eingangsklasse, wie das Kultusministerium jetzt mitteilte.

Keine Lösung hingegen gibt es für das städtische Heinrich-Heine-Gymnasium (HHG) in Neuperlach. Es darf wegen des Deckelungsbeschlusses des Münchner Stadtrats nur drei Eingangsklassen einrichten, obwohl Bedarf und Klassenraum für eine vierte Klasse vorhanden sind. »Viele Waldperlacher haben sich gar nicht mehr getraut, ihre Kinder am HHG anzumelden. Meine Tochter muss jetzt jeden Tag nach Neubiberg ins Gymnasium fahren«, schilderte eine Mutter dem Bezirksausschuss (BA) 16 Ramersdorf-Perlach.

In der gleichen Sitzung forderten die SPD-Fraktion und die CSU-Fraktion eben diese vierte Eingangsklasse am HHG: »Das Land muss für die Lehrerkosten aufkommen, und soll daher Lehrer und Personalkosten dafür zur Verfügung stellen«, argumentiert die SPD und stärkt damit der Stadt den Rücken. Sie hatte die Neubildung von Klassen angeboten, wenn der Staat das Personal abordnet und – anders als bei den 50 städtischen Eingangsklassen – zu 100 Prozent finanziert, erklärt Eva-Maria Volland, Pressesprecherin des Schulreferats. Das habe der Freistaat abgelehnt. Also werden das WvSG und das HHG keine zusätzlichen Klassen bilden.

Doch brauche man eine Langzeitlösung für ausreichende Plätze in den erforderlichen Schularten, argumentierte die CSU in der BA-Sitzung. Dafür soll eine Prognose bis zum Schuljahr 2013/2014 sorgen, die den Zuzug von Familien auch im umliegenden Landkreis sowie die erwartete Veränderung des Übertrittverhaltens an Realschulen und Gymnasien berücksichtigt. Das fand einhellige Zustimmung im BA. Jegliche Steigerung der Schülerzahlen muss nun von den 23 staatlichen Gymnasien abgefangen werden. Doch auch hier gibt es erhebliche Engpässe. Paradebeispiel hierfür ist das ­Michaeli-Gymnasium: »Wir sind bis zur erlaubten Obergrenze von 33 Kindern pro Eingangsklasse restlos voll«, berichtet Schulleiterin An­gelika Loders.

Sechs Eingangsklassen werden im kommenden Schuljahr am Michaeli-Gymnasium starten – eine Klasse mehr als im Vorjahr. »110 Abiturienten werden die Schule zwar verlassen, dem gegenüber stehen aber 195 neue Schüler«. Sieben Schüler aus den Landkreisen habe man abweisen müssen. Aktuell würden 1.180 Schüler am Gymnasium unterrichtet, im nächsten Schuljahr steige die Zahl auf mehr als 1.250. Die Schule sei seit Jahren um fast 50 Prozent überbelegt. Für die Pädagogin bedeutet dies schlicht auch die Nutzung von Kellerräumen und mehr Nachmittagsunterricht. Es werde auch mehr Wanderklassen geben müssen.

Das bedeutet für die Schüler, dass sie keinen festen Klassenraum haben, in dem beispielsweise Schulsachen deponiert werden können. Loders hofft auf die Ausbaumaßnahmen an dem staatlichen Gymnasium: »Die Mensa sollte verlängert werden und zwischen acht und zehn neue Klassenzimmer sollten bis 2012 entstehen«. Nicht zu vergessen: der Abriss des maroden Pavillons und dessen Ersatz – wodurch wieder acht Klassenzimmer gesichert wären. »Ich habe selbst auf eine Beschwerde hin noch immer keine Stellungnahme von der Stadt München bekommen«, erzählt Loders. Diese sei als kommunaler Sachaufwandsträger schließlich in der Verantwortung.

»Die Voruntersuchungen des Baureferates laufen derzeit«, berichtet Pressesprecherin Eva-Maria Volland. Man müsse nun schauen, was vor Ort möglich sei. »Wir werden dem Stadtrat dann im Herbst die Planungsergebnisse zum Beschluss vorlegen.« Es habe sich alles verzögert, weil das Vorhaben an Komplexität immer mehr zugenommen habe. Angelika Loders setzt ihre Hoffnung in den Bau des bereits genehmigten Truderinger Gymnasiums. Letztlich kämen viele der Michaeli-Schüler aus Trudering.

Stichtag sei, so Stadtrat Georg Kronawitter (CSU), der 7. Juli. Erst dann gebe eine Jury bekannt, welches Architektenmodell den Zuschlag erhalte. »Wichtig ist aber, mit Vorläuferklassen rechtzeitig für eine ordentliche Beschulung des neuen Gymnasiums zu sorgen«, so Kronawitter. Ins Detail gehen Josef Schmid, Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion sowie die Stadträtin Beatrix Burkhardt in einem aktuellen Antrag an die Stadt. Sie bitten um Klärung darüber, ob die zum Schuljahresbeginn frei werdenden Räume im Schulgebäude an der Balanstraße quasi als »Vorläufer-Schule« des Truderinger Gymnasiums genutzt werden könnten. Derzeit würden diese Räume noch von der Neuperlacher Orientierungsstufe und der Werner-von-Siemens-Realschule belegt. »Dann hätte man elf städtische Räume frei, in denen Vorläuferklassen theoretisch schon starten könnten«, spekuliert Kronawitter.

»Insgesamt ist die Versorgung der Gymnasiasten gesichert«, beurteilt Volland die momentane Situation. Der Probeunterricht sei jetzt beendet und hätte ergeben, dass rund 40 Kinder noch einen Platz benötigten. Der Ministerialbeamte hätte ihnen allen einen Platz an einem städtischen Gymnasium zuweisen können. Das Heinrich-Heine-Gymnasium hätte allein schon sechs der Kinder übernommen. »Es hat in den Zeiten der Anmeldung immer Unruhen gegeben, und Umorientierungen sind anfangs nicht immer schön – aber so schlimm auch wieder nicht«, sagt Volland und ergänzt: »Das Jahr sticht nicht so hervor, wie überall beredet«. Auf die Frage, ob der Münchner Osten bei all der Planung nicht vernachlässigt wurde, antwortete Volland: »Wir versuchen immer, Gymnasien gerecht zu verteilen. Alle Kinder bekommen einen Platz. Wir sehen es als unsere Aufgabe, alle zu versorgen – das gelingt aber nicht immer«. Am Beispiel Trudering könne man sehen, wie schwer etwas durchzusetzen ist. Das sei eben ­Demokratie. A. Boschert/K. Kohnke

Artikel vom 24.06.2009
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