TÜV stellt große Mängel an Münchens Spielplätzen fest

München · Rutschgefahr für Kinder?

Großes Risiko auf Kinderspielplätzen: Kaum eine Rutsche konnte die Anforderungen im Test erfüllen. Foto: js

Großes Risiko auf Kinderspielplätzen: Kaum eine Rutsche konnte die Anforderungen im Test erfüllen. Foto: js

Riskante Rutschen, klapprige Klettergerüste und verfaultes Holz – sind Münchens Spielplätze eine Lebensgefahr für unsere Kinder? Kürzlich hat der TÜV Rheinland die Münchner Spielplätze untersucht – mit einem verheerenden Ergebnis. Vier von fünf der getesteten Stichproben wiesen grobe Sicherheitsmängel auf. Allerdings sind sich nur wenige Eltern der Gefahren, die an Klettergerüsten und Rutschen lauern, bewusst. Laut Baureferat bestünden keine Risiken für die Kinder.

Im bundesweiten Vergleich hätte die bayerische Landeshauptstadt gut abgeschnitten. „Deutschlandweit gab es nur sieben Spielplätze ohne Beanstandungen, und einer davon liegt in der Thorwaldsenstraße in München-Neuhausen“, sagt Ralf Diekmann, Sprecher des TÜV Rheinland. Bei den Spielgeräten am Hirschgarten, am Pfrontener Platz, am Botanischen Garten und am Theodor-Heuss-Platz bestehe jedoch Verletzungsgefahr: Fehlender Sand und ungefederte Sitze an den Schaukeln könnten dort zu schmerzhaften Stürzen führen, einige Klettergerüste wurden als Fehlkonstruktion bezeichnet und auch in Sachen Sauberkeit gab es Kritikpunkte.

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Die Ergebnisse der Studie seien kein Grund, öffentliche Spielplätze künftig zu meiden, versichert Diekmann. „Aber die Eltern sollten sich die Geräte etwas genauer anschauen“, rät er. Manche Mängel seien auch für Laien erkennbar, etwa Schäden durch Vandalismus oder Pilzbefall an Holzgerüsten. Sein Tipp: „In diesem Fall sollte man zum Handy greifen und den Betreiber des Spielplatzes informieren.“ Die Telefonnummer des zuständigen Verantwortlichen befindet sich meistens auf einem Schild vor Ort. Viele Mütter und Väter indes gehen davon aus, dass die Geräte in Ordnung sind. „Ich kenne mich nicht gut genug aus, um die Sicherheit überprüfen zu können“, sagt Dorothe Bassermann, die mit ihrer 16 Monate alten Tochter Anika regelmäßig die Postwiese in Haidhausen besucht.

Lediglich die Rutsche sei ein bisschen steil, „aber solange ich dabei bin, kann nichts passieren.“ Positiv findet sie, dass es für größere und kleinere Kinder getrennte Bereiche gibt. „Die Älteren sind oft wilder. Wenn sie eigene Flächen haben, bietet das einen gewissen Schutz“, sagt sie. Auf die Sicherheit der Geräte vertraut auch Kasimir Haunreiter, der vor kurzem mit seinem einjährigen Sohn Hans zum ersten Mal auf dem Spielplatz im Park zwischen Mensa und Friedrichstraße war. „Ich würde bestimmt nicht Hand anlegen, um die Standfestigkeit zu testen“, sagt er. Eltern müssten sich darauf verlassen können, dass bei der Nutzung öffentlicher Spielplätze keine Gefahr bestehe.

Zenetija Haliti hingegen lässt ihre dreijährige Tochter Linda nicht auf jedes Klettergerüst steigen. „Hier dürfte sie nur mit Sturzhelm spielen“, sagt sie mit Blick auf das Holzhäuschen im Maßmannpark, dessen Geländer nur aus einer einzigen, hoch angesetzten Latte besteht. Auch Franz Urban, der mit Frau Gerda und seinen beiden Enkeln Zoe (6) und Lea (3) einen Ausflug zum Spielplatz auf der ehemaligen Panzerwiese, jetzt Nordheide, an der Schleißheimer Straße gemacht hat, sieht die Verantwortung bei den Eltern. „Auf kleine Kinder muss man eben besonders achtgeben“, sagt er. Christa Wieczorek, deren vierjähriger Enkel Gabriel gerade das etwa drei Meter hohe, aber gut abgesicherte Klettergerüst mit Rutsche erklimmt, teilt diese Ansicht. „Gabriel kommt gern hierher, aber man muss sehr gut aufpassen“, sagt sie.

Thomas Oberst, Sprecher des TÜV Süd, der für die Erstabnahme der Spielplätze der Stadt zuständig ist und bei unklaren Fällen als Gutachter hinzugezogen wird, warnt vor Panikmache. Wie es um Münchens Spielplätze bestellt ist, wollte er jedoch nicht sagen. Hierüber informierte das Baureferat vergangenen Dienstag bei einer Pressekonferenz im Hirschgarten. Jährlich investiere die Stadt 400.000 Euro in die Kontrollen der 655 kommunalen Spielplätze, die mindestens einmal pro Woche von Fachpersonal begutachtet werden, berichtet Jürgen Marek, Sprecher des Baureferats. „Wir können also mit Fug und Recht sagen, Münchens Spielplätze sind sicher“, betont er.

Weshalb die Studie des TÜV Rheinland dennoch so viele Mängel zutage gebracht hat, erklärt Franz Danner vom TÜV Süd: „Ältere Spielplätze, die nach deutschen Vorschriften errichtet wurden, wurden nach den Kriterien der neueren EU-Norm von 1998 geprüft.“ Die europäischen Regelungen seien jedoch strenger als die nationalen. Dennoch sei es nicht erforderlich, ältere Spielgeräte, die der aktuellen Norm nicht entsprächen, abzubauen, solange keine akute Gefahr bestehe. „Dies ist bei den untersuchten Spielplätzen aber nicht der Fall“, versichert er. Zudem sei es gar nicht erstrebenswert, sämtliche Gefahren auszuschließen. „Kinder sollen auf dem Spielplatz auf eine kontrollierte Weise lernen, mit Risiken umzugehen“, sagt er. Die Geräte seien zwar so gebaut, dass grobe oder gar tödliche Verletzungen vermieden würden. Kleinere Schrammen seien jedoch hinzunehmen.

Von Julia Stark

Artikel vom 10.06.2009
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