Jugendorganisationen der Parteien machen zur Europawahl gemeinsame Sache

Unterschleißheim · Große Wahl-Koalition

Mathias Weidner, Grünen-Stadtrat, Patrick Woryna von der Jungen Union und Arusu Formuli von der Grünen Jugend zeigen gemeinsam Flagge – für Europa und die Wahlen zum Europäischen Parlament am 7. Juni.	Foto: js

Mathias Weidner, Grünen-Stadtrat, Patrick Woryna von der Jungen Union und Arusu Formuli von der Grünen Jugend zeigen gemeinsam Flagge – für Europa und die Wahlen zum Europäischen Parlament am 7. Juni. Foto: js

Unterschleißheim · Bayern liegt bekanntlich mitten in Europa – dennoch ist die Europäische Union (EU) für viele weit weg. »Die Richtlinien der EU werden aber in nationale Gesetze umgewandelt«, sagt Florian Spirkl von der SPD-Jugendorganisation Jusos – was bedeutet, dass sie unseren Alltag bestimmen. Um besonders jungen Leuten den europäischen Staatenbund zu den EU-Parlamentswahlen am kommenden Sonntag näher zu bringen, haben die örtlichen Jugendorganisationen dreier politischer Parteien sich zusammengetan und in der vergangenen Woche im Unterschleißheimer Bürgerhaus eine parteiübergreifende Diskussionsrunde veranstaltet.

Aufgeräumt wurde dabei mit einigen Vorurteilen – etwa mit dem Ruf der EU als bürokratischer Wasserkopf. »Das stimmt nicht«, erklärt Spirkl. Die europäische Kommission habe nicht mehr Angestellte als eine deutsche Stadt.

Jürgen Gmelch, Sprecher der Kommissionsvertretung in München, bestätigt dies. »Wir haben insgesamt etwa 25.000 Beschäftigte«, sagt er. Dies entspreche in etwa der Anzahl der Beamten einer durchschnittlichen Kommune. Der Hauptanteil des Personals sei jedoch für Übersetzungen zuständig. Der Grund: Sämtliche Ausschreibungen der EU müssen in den Landessprachen aller Mitgliedsstaaten verfasst werden. »Das ist ein enormer Arbeitsaufwand«, sagt Gmelch. Abgesehen davon sei der Beamtenapparat der EU als verhältnismäßig klein einzustufen. Erklärt hat Spirkl den Teilnehmern außerdem das politische System der EU.

Anders als in deutschen Parlamenten, in denen grundsätzlich jeder Abgeordnete Vorschläge für Gesetze und Richtlinien einbringen darf, habe der EU-Parlamentarier diese Möglichkeit nicht. Seine Aufgabe sei es, die Vorlagen der Kommission entweder anzunehmen oder abzulehnen. Jedoch liege die Entscheidungsgewalt nicht beim Parlament allein. Ob eine Richtlinie rechtskräftig werde, hänge sowohl von der mehrheitlichen Zustimmung der Abgeordneten als auch von der einstimmigen Absegnung durch den Ministerrat der betroffenen Staaten ab. »Was dort in Brüssel entschieden wird, geht uns aber alle an«, betont Arusu Formuli, Vorsitzende der Grünen Jugend Schleißheim. Die EU-Richtlinien müssen vom deutschen Gesetzgeber übernommen werden. »Das macht 40 Prozent aller Bundestagsbeschlüsse aus«, sagt sie. Bei Regelungen zur Landwirtschaft seien es sogar 70 Prozent. Jürgen Gmelch jedoch räumt ein: »Diese Zahlen stimmen zwar, aber sie berücksichtigen die Tragweite der einzelnen Gesetze nicht.« Wichtige Bereiche wie etwa die Sozialgesetzgebung seien weiterhin vollständig in nationaler Hand – »und das wird auch so bleiben.«

Diskutiert wurden in Unterschleißheim allerdings auch aktuelle Themen wie der Türkei-Beitritt zur EU. »Die haben doch die Todesstrafe, deshalb will ich sie nicht dabei haben«, sagte Diskussionsteilnehmer Michael Veidt. »Zumindest formal gibt es das aber auch in der Bayerischen Verfassung«, entgegnete ein anderer, Tobias Schröter. Das stimmte bis 1998. Mitveranstalter Patrick Woryna von der Jungen Union (JU) verwies auf die USA: »Auch dort gibt es die Todesstrafe – und das Landist trotzdem eine Demokratie«, sagte er.

Überrascht zeigt er sich nach der Veranstaltung über die breite Zustimmung der Teilnehmer zur EU: »Ich hätte gedacht, dass ich viel mehr Überzeugungsarbeit leisten muss.« Wie wichtig das Parlament in Brüssel auch für Unterschleißheim ist, wurde den Besuchern der parteiübergreifenden Veranstaltung an diesem Abend klar. »Ich möchte, dass ihr das von diesem Abend heute mitnehmt«, betonte Arusu Formuli zum Schluss. Für die Leser der Münchener Nord-Rundschau fassen die drei Jungpolitiker auf dieser Seite noch einmal zusammen, weshalb es sich lohnt, am Sonntag zur Wahl zu gehen.

Julia Stark

Gute Gründe, am 7. Juni zur Europawahl zu gehen

Florian Spirkl, Jusos: Das EU-Parlament hat sehr viel Einfluss auf die Richtlinien der EU, die wiederum die nationale Gesetzgebung prägen. Wer diese Regelungen mitgestalten will, sollte von seinem demokratischen Recht Gebrauch machen und einen Vertreter in das EU-Parlament wählen, mit dessen Überzeugungen er übereinstimmt.

Arusu Formuli, Grüne Jugend: Für die Herausforderungen unserer Zeit brauchen wir ein gemeinsames Handeln aller europäischen Staaten. Der Umweltschutz, die Wirtschaftspolitik sowie die globale Friedenssicherung können nicht national angegangen werden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Menschen in der EU sich aktiv an ihrer Politik beteiligen.

Patrick Woryna, Junge Union: Der Begriff »Wahlberechtigung« sagt es bereits: Wählen ist ein Recht, ein Privileg um das uns Millionen Kubaner und Nordkoreaner beneiden. Und doch wird es kaum genutzt. Bei der letzten Europawahl ließen 57 Prozent der Deutschen den Gutschein auf Mitbestimmung ihrer Zukunft verfallen. Eine Verschwendung!

Artikel vom 02.06.2009
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...