Auch die Herberge in der Milchstraße 25 soll jetzt verkauft und saniert werden

Haidhausen · Das letzte Herbergshäusl

Käufer mit Herz und Geschick gesucht: BA 5-Chefin Adelheid Dietz-Will vor der Herberge in der Milchstraße 25.	Foto: au

Käufer mit Herz und Geschick gesucht: BA 5-Chefin Adelheid Dietz-Will vor der Herberge in der Milchstraße 25. Foto: au

Haidhausen · Malerische Fassaden, verwinkelte Gärten, ein charmant-eigenwilliger Baustil – bei einem Spaziergang durch Haidhausen fallen sie sofort ins Auge: kleine Herbergen, die das Stadtteilbild zieren. Mehr als 200 Jahre sind einige von ihnen schon alt und sehen dafür noch ziemlich gut aus. Zu verdanken ist das einem einzigartigen Konzept der Stadt: Seit 1994 wurden unter dem Motto »Haidhauser Herbergen in die Hand Haidhauser Handwerker« 24 der kleinen Häuschen an alteingesessene Handwerker verkauft, die sie dann in Eigenarbeit wieder in Schuss gebracht haben.

Ziel war es, die alten Herbergen vor dem Verfall zu bewahren und gleichzeitig die Handwerker im Stadtteil zu halten. Mit dem Verkauf des Häuschens in der Milchstraße 25 wird jetzt die 25. und letzte Herberge aus diesem Programm den Besitzer wechseln. »In etwa einem halben Jahr werden die Vorbereitungen für den Verkauf abgeschlossen sein«, freut sich die Vorsitzende des Bezirksausschusses Au-Haidhausen (BA 5), Adelheid Dietz-Will, die das Herbergenprogramm damals auf den Weg brachte.

Dann stehe der Verkehrswert fest, zu dem der Käufer die geschichtsträchtige Herberge erwerben kann. Dietz-Will: »Gezahlt werden muss nur der Preis für Grundstück und Gebäude, hinzu kommt jedoch noch die anschließende Sanierung.« Da diese aber weitestgehend in Eigenarbeit durchgeführt werden muss, halten sich die Kosten dafür gering. Für geschickte Handwerker biete sich so eine günstige Gelegenheit Eigentum zu erwerben. »Anders könnten sich die Handwerker die Herbergen auch nicht leisten.« Bevor das Programm ins Leben gerufen wurde, habe die Münchener Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS) einige Herbergen luxuriös sanieren lassen. Doch das Endergebnis sei so teuer geworden, dass nur noch Reiche genug Geld für den Kauf gehabt hätten. Weil man aber nicht gewollt habe, dass aus den ehemaligen »Kleine-Leute-An­we­sen« plötzlich Zweithäuser für die Oberschicht werden, sei das Programm entwickelt worden.

Die Geschichte der Haidhauser Herbergen reicht weit in die Vergangenheit zurück. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Herbergen zimmerweise von armen Handwerkern erworben, die sich danach sehnten eigenen Wohnraum zu besitzen, um so auch in schlechten Zeiten ein Dach über dem Kopf zu haben.

Bis zu zehn Familien lebten damals auf engstem Raum in den Herbergen, die sich vor allem durch ihre Einfachheit auszeichneten. Wasserleitungen, Heizungen oder Toiletten gab es nicht, die hygienischen Bedingungen in den Häusern waren schlecht. »Doch so muss es in den Herbergen heute natürlich nicht mehr zugehen«, sagt Dietz-Will. »Solange der Denkmalschutz beachtet wird, können die Herbergsbesitzer alles nach modernen Standards und entsprechend der eigenen Bedürfnisse neu gestalten.«

Die Auswahl der Käufer erfolgt nach strengen Kriterien: Nur Handwerker, die aus Haidhausen kommen, haben eine Chance. Außerdem muss der zukünftige Besitzer in der Lage sein, die Herberge zu sanieren und planen sich dort später niederzulassen. »Schließlich soll sichergestellt sein, dass die Herbergen in Handwerkerhand bleiben«, erklärt Dietz-Will.

Trotz der strengen Vergaberegeln gab es für jede der bisher verkauften Herbergen zahlreiche Bewerber. Einer der glücklichen Käufer war der Haustechniker Alexander Weng. Schon in der ersten Verkaufsrunde 1995 konnte er seine Herberge in der Milchstraße ergattern. Zwei Jahre harte Arbeit folgten, denn von dem 1814 erbauten Haus konnte fast nichts erhalten bleiben. »Freunde, Familie – alle mussten mit anpacken. Da war man am Ende schon ziemlich platt«, erinnert sich Weng. Doch es hat sich gelohnt. Heute bezeichnet er sein kleines Häuschen als echten Glücksfall. »Vor allem das Gefühl ein Stück Haidhauser Geschichte erhalten zu haben, das ist einmalig!« Sara Austen

Artikel vom 14.04.2009
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