Schuldnerberatung hilft bei Problemen weiter

Hachinger Tal · Schulden ade

Das Team der Schuldnerberatung hat immer ein offenes Ohr: (v. l.) Georg Schlimm, Birgit Oppermann-Schramm (hauptamtlich), Arnold Hermann,  Heidi Hall-Braida und Klaus Binder (hauptamtlich).  Foto: Woschée

Das Team der Schuldnerberatung hat immer ein offenes Ohr: (v. l.) Georg Schlimm, Birgit Oppermann-Schramm (hauptamtlich), Arnold Hermann, Heidi Hall-Braida und Klaus Binder (hauptamtlich). Foto: Woschée

Hachinger Tal · »Jeder sollte die Chance bekommen, noch einmal neu anzufangen«, erklärt Klaus Binder von der Schuldnerberatung der Caritas (Telefon 6 14 52 10), die für 22 Gemeinden im Landkreis München zuständig ist. Neu anfangen, das bedeutet für die zum Teil hochverschuldeten Klienten der Berater und ihrer ehrenamtlichen Helfer, einen Weg aus der Schuldenfalle zu finden, der Platz für Perspektiven lässt.

Der Bedarf dafür steigt jährlich, weiß Klaus Binder zu berichten. Waren es im Jahr 2006 noch 226 Klienten, die von der Caritas betreut werden mussten, waren es 2007 bereits 292 und im vergangenen Jahr 340 Personen. Die Zahl wird angesichts der Finanzkrise, die wieder mehr Arbeitslose und Kurzarbeiter mit sich bringt, auch in diesem Jahr sicher wieder ansteigen, ist sich Klaus Binder sicher.

»Am Anfang jeder Beratung steht die Bestandsaufnahme der Schulden«, erklärt Binder. Schon hier sind nicht selten die ehrenamtlichen Helfer der Schuldenberatung gefragt, die den Klienten helfen, Ordnung in ihre Unterlagen zu bringen. »Viele Leute öffnen die Mahnbescheide irgendwann nicht mehr, sondern stecken sie in eine Schublade oder machen den Briefkasten gar nicht mehr auf, wenn sie feststellen, dass sie den Überblick über ihre Ausgabensituation komplett verloren haben«, erklärt Arnold Hermann, der seit seinem Eintritt in den Ruhestand als ehrenamtlichen Berater bei der Caritas tätig ist. Da heißt es Briefe und Kontoauszüge sichten, die Reaktionen der Klienten sind dabei recht unterschiedlich, wie Heidi Hall-Braida, ebenfalls ehrenamtliche Beraterin, zu berichten weiß. »Manche sind einfach froh, dass es jetzt Klarheit über den tatsächlichen Schuldenstand herrscht, denn nur so, kann man die Schuldenregulierung auch wirklich anpacken.« »Andere«, so erklärt mit Georg Schlimm ein weiterer Helfer, »sind schockiert, wenn sie feststellen, wie hoch tatsächlich die Forderungen ihrer Gläubiger sind«. 20.000 Euro waren es beispielsweise bei Maria K. (Name von der Redaktion geändert), die betont: »Ohne die Schuldnerberatung hätte ich es nie geschafft.« Zwar stehe sie noch am Anfang ihres ganz persönlichen Schuldenberges, doch seien die ersten wichtigen Schritte getan. »Ich habe immer einen guten Posten gehabt und neben meinem an sich guten Gehalt auch regelmäßig hohe Sonderzahlungen erhalten«, erinnert sich die 59-Jährige. Mit einer neuen Vorstandschaft in ihrer Firma fielen die Bonuszahlungen weg, der Lebensstil der zweifachen Mutter aber blieb derselbe.

»Ich habe viel ge­arbeitet und viel geleistet und mich dafür auch gerne belohnt«, bekennt sie. Als wahrer Finanzjongleur habe sie sich in den letzten Jahren erwiesen, als das Minus auf ihrem Konto immer größer wurde. Ihre Bank habe die ganze Zeit mitgespielt und immer neue Kredite und einen höheren Dispokredit bewilligt, erinnert sie sich. Tagsüber habe sie wachsenden finanzielle Probleme einfach verdrängt, aber nachts konnte sie vor Herzrasen oft nicht schlafen. Ihr war klar, dass sie die Notbremse ziehen muss, bevor sie vor dem totalen finanziellen Ruin steht, so Maria K. Als sie feststellen musste, dass sie dabei professionelle Hilfe braucht, hat sie sich an die Schuldnerberatung gewandt. Ein schwerer Gang für jemanden, der im Leben eigentlich immer alle Probleme selbst gemeistert hat. Doch die Scham hat bald dem Gefühl Platz gemacht, an der richtigen Adresse gelandet zu sein. Ohne die Hilfe und die ständige Unterstützung hätte sie es nicht geschafft, ist sich Maria K. sicher. Bis sie in Rente geht, will sie ihren Schuldenberg abgebaut haben, dafür spart sie einerseits wo sie nur kann, andererseits hat sie sich einen Nebenjob gesucht, um die Einnahmesituation zu verbessern. »Ich muss immer noch schlucken, wenn ich mir viele Dinge einfach nicht mehr leiste, so wie früher, aber ich will bei den Beratungen nicht eingestehen müssen, dass ich das nicht schaffe« betont sie. »Disziplin ist oft der Schlüssel zum Erfolg, viele müssen das in finanziellen Angelegenheiten erst lernen«, erklärt Heidi Hall-Braida aus Erfahrung. Viele von den Klienten der Schuldnerberatung täten sich schwer damit, nicht mehr auszugeben, als der Geldbeutel tatsächlich hergibt. Darum geht die Schuldnerberatung auch neue Wege und arbeitet mit den Hauptschulen der Region zusammen. Dort klären sie Jugendliche darüber auf, welche Kosten sie erwarten, wenn sie einmal alleine wohnen, dass ein Auto mehr als nur Benzin braucht und dass Kredite kein geschenktes Geld sind, sondern manchmal auch teuer bezahlt werden müssen. »Früher wurde gespart, bis man das Geld für eine Anschaffung zusammen hatte, heute wird gekauft und später oft auf Raten gezahlt«, erklärt Georg Schlimm. Das funktioniere aber nur solange man Arbeit habe. Falle diese weg, breche das fragile Kartenhaus schnell zusammen.

Dann gebe es aber auch noch eine andere Klientengruppe, so Herrmann, nämlich die Arbeitnehmer in München und im Landkreis, die mit ihrem Gehalt einfach nicht auskommen könnten, da die Grundhaltungskosten so hoch seien.

Hermann, der früher in der Kreditabteilung einer Bank gearbeitet hat, bringt gerne sein Know-How ein, wenn es darum geht, seinen Klienten zu helfen. Louisa M. (Name von der Redaktion geändert) gehört zu ihnen. Die Rentnerin hat sich vor rund 20 Jahren zum Kauf einer Immobilie als Steuersparmodell überreden lassen. Im Nachhinein erwies sich die Wohnung als Fehlinvestition, die die Frau alle Ersparnisse und lange Zeit auch ihren Seelenfrieden gekostet hat. »Mit den ganzen Zinsen, die ich in all den Jahren bezahlt habe, habe ich die Wohnung praktisch dreimal abgezahlt«, so Louisa M.

Trotzdem stand auch nach Eintritt in ihren Ruhestand noch ein dickes Minus vor ihrem Konto. Dank der Verhandlung der Schuldnerberatung mit der Bank, konnten sie sich schließlich auf einen Vergleich einigen. Jetzt ist sie schuldenfrei. »Mir ist kein Stein vom Herzen gefallen, sondern ein ganzer Felsbrocken«, bekennt sie, auch wenn Konsequenzen im Alltag immer noch spürbar sind. »Wenn man alle Rücklagen auflösen musste, dann bleibt mit einer einfachen Rente kein Geld für Extras übrig. »Aber dann muss es eben jetzt so gehen«, bekennt Louisa M., denn Schulden machen komme für sie auf gar keinen Fall mehr in Frage.

Heike Woschée

Artikel vom 08.04.2009
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