Streetworkerinnen kümmern sich an der Münchner Freiheit um »Stammsteher«

Schwabing · Hartnäckige Hilfe

Die Sozialpädagoginnen Maria Bauer (l.) und Renata Zadro-Galic betreuen seit Januar »Stammsteher«, unter anderem an der Münchner Freiheit. 	Foto: ko

Die Sozialpädagoginnen Maria Bauer (l.) und Renata Zadro-Galic betreuen seit Januar »Stammsteher«, unter anderem an der Münchner Freiheit. Foto: ko

Schwabing · Arthur steht täglich mit Freunden an der Münchner Freiheit. Bei Alkohol und Zigaretten besprechen sie persönliche Probleme oder tauschen Erinnerungen aus. Passanten schauen oft weg, wenn sie die Gruppe sehen, manche fühlen sich belästigt. Schade, findet Arthur: »Unsere Situation sollte für Menschen mit Vorurteilen oder für die, die an uns vorbeigehen, ohne sich weiter den Kopf zu zerbrechen, greifbar gemacht werden.«

Respekt hat Arthur vor der Arbeit zweier Frauen: den Streetworkerinnen Maria Bauer und Renata Zadro-Galic. Mit großem Hallo werden Bauer und Zadro-Galic denn auch an den Stufen zum U-Bahnhof empfangen.

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Die beiden Sozialpädagoginnen sind mittlerweile an der Münchner Freiheit bekannt, auch wenn es ein schwieriger Weg ist, Vertrauen zu gewinnen. Ihre Klientel ist misstrauisch, oft bedingt durch Schicksalsschläge, die zum Teil in Sucht oder Schulden geführt haben.

Bei diesen Problemen helfen Maria Bauer und Renata Zadro-Galic. Vertrauen schaffen sie, indem sie hartnäckig bleiben: »Wir kommen immer wieder und bieten unsere Hilfe an.« Seit Januar kümmern sich die Sozialpädagoginnen Bauer und Zadro-Galic von der Teestube »komm«, Streetwork/Obdachlosenhilfe vom Träger Evangelisches Hilfswerk München, an der Münchner Freiheit und am Sendlinger Tor um »Stammsteher«: Also die Menschen, die zwar eine Wohnung haben, meistens aber keine feste Arbeit, und deren Leben sich im »öffentlichen Raum« abspielt. Für dieses Projekt »Streetwork im Gemeinwesen« wurden mittlerweile von der Stadt zweieinhalb Planstellen eingerichtet.

2001 wurde es initiiert, um Brennpunkte in München, damals Gärtnerplatz und Michaelibad zu betreuen, später kamen noch die Bereiche Hasenbergl und Orleansplatz, seit diesem Jahr der Sendlinger-Tor-Platz und die Münchner Freiheit hinzu. Zielsetzung der Streetwork ist es, diese Plätze mittelfristig zu befrieden.

Oft ist am Stammplatz der Menschen, die die Streetworkerinnen betreuen, viel Alkohol im Spiel und die beiden zierlichen Frauen müssen dann schon mal abwägen, ob sie sich damit in Gefahr bringen: »Bei schlechter Stimmung gehen wir gar nicht erst hin«, sagt Renata Zadro-Galic. Brenzlige Situationen sind bei den Stammstehern aber nicht unbedingt an der Tagesordnung. Sie kümmern sich oft sogar um das Umfeld, in dem sie sich aufhalten: Müll wird ordnungsgemäß entsorgt und Streitigkeiten werden untereinander geschlichtet, denn sonst droht eventuell etwa ein Platzverweis durch die Polizei.

Auch Arthur legt viel Wert auf anständiges Benehmen: »Bei der Polizei habe ich schon einen Spitznamen weg, die nennen mich ›strenges Regiment‹.« Trotzdem kommt es vor, dass sich Anwohner und Geschäftsleute beschweren. Bauer und Zadro-Galic vermitteln auch hier, schließlich sei es für die Bürger »ja nicht angenehm, wenn getrunken und gepöbelt wird«.

Und natürlich hat auch die Polizei ein Auge auf »Brennpunkte« wie an der Münchner Freiheit. »Erst einmal ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn sich Menschen öffentlich treffen«, sagt Gerhard Stern von der Abteilung Einsatz der Münchner Polizei. Aber leider bleibe es bei zunehmendem Alkoholkonsum nicht immer ruhig.

Zwischenfälle jeglicher Art wie Urinieren am Spielplatz »versuchen wir durch Präsenz vor Ort schon zu unterbinden.« Für Gewerbetreibende bietet die Polizei aber zum Beispiel auch Polizeikurse an: Dabei lernen die Geschäftsleute unter anderem, wie sie sich etwa bei Belästigung richtig verhalten. In München verschieben sich die sozialen Brennpunkte wie Münchner Freiheit oder Sendlinger Tor immer mal wieder. Stern möchte deshalb den »Kontrolldruck« durch die Polizei »hochhalten«, damit das auch so bleibt. Falls sich die Szene an einem Ort etabliere, »wäre das das Schlimmste, was passieren kann.« K. Ossoinig

Ein Streetworker mehr: »Anerkennung für die Arbeit«

Im Oktober wurde per Stadtratsbeschluss eine Befristung von Personalstellen für das Projekt »Streetwork im Gemeinwesen« in eine Regelfinanzierung umgewandelt und um eine Stelle auf nun zweieinhalb aufgestockt. Durch diese Erweiterung kümmern sich nun seit Januar die Sozialpädagoginnen Maria Bauer und Renata Zadro-Galic um Stammsteher an der Münchner Freiheit und am Sendlinger Tor Platz.

Reichen die zweieinhalb Planstellen Ihrer Meinung nach für ganz München aus?

Renata Zadro-Galic: Für die Plätze, an denen wir tätig sind, also Münchner Freiheit und Sendlinger Tor, reicht es wohl. Würde sich die Szene zum Beispiel an den Hohenzollernplatz verschieben, müsste das Projekt für diesen Platz dann eventuell erst neu finanziert werden. Maria Bauer: Sollte die Szene wandern, könnten wir das erst einmal, etwa auf eine Bürgeranfrage, für zirka drei bis vier Wochen mit im Auge behalten.

Fühlen Sie sich in Ihrer Arbeit genug unterstützt von der Stadt?

Maria Bauer: Alles bestens. Im Herbst 2008 hat der Stadtrat ja die Planstelle aufgestockt und das ist ja auch eine große Anerkennung unserer Arbeit.

Wie sehen Sie die Zukunft Ihres Projektes, falls die Zahl an Stammstehern und Süchtigen immer mehr zunimmt bei einer gleichbleibenden Zahl an Planstellen?

Renata Zadro-Galic: Durch die bisher kalte Witterung hatten wir noch keine vollen Plätze und wir sind ja erst seit Januar hier. Ich glaube schon, dass es für uns noch viel mehr Arbeit gibt, wenn jetzt die Temperaturen steigen. Ich traue mich aber nicht, eine genauere Prognose abzugeben, wir müssen erst einmal die entsprechende Erfahrung machen. ko

Artikel vom 31.03.2009
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