Ausstellung in der StaBi über Jüdischen Friedhof

Maxvorstadt · Die Spur führt nach München

Am Währinger Friedhof befinden sich in West- und Mitteleuropa einzigartige sephardische Grabhäuschen und Grabstellen. Die Sepharden, von der iberischen Halbinsel stammende Juden, sind geprägt von der iberisch-maurischen Kultur.	Foto: Tina Walzer

Am Währinger Friedhof befinden sich in West- und Mitteleuropa einzigartige sephardische Grabhäuschen und Grabstellen. Die Sepharden, von der iberischen Halbinsel stammende Juden, sind geprägt von der iberisch-maurischen Kultur. Foto: Tina Walzer

Maxvorstadt · Ein dunkles, erst kürzlich bekannt gewordenes Kapitel der Münchner Universitätseinrichtungen während der Nazi-Zeit beleuchtet eine Posterdokumentation in der Bayerischen Staatsbibliothek (Marmorsaal, Eingang Lesesaal) an der Ludwigstraße: Die Ausstellung über den Jüdischen Friedhof im 18. Wiener Bezirk Währing ist vom 16. März bis 19. April, montags bis sonntags, von 8 bis 24 Uhr, zu besichtigen.

Der Friedhof ist ein wichtiges Zeugnis der Wiener Kultur-, Kunst-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, aber auch der Geschichte Österreichs und Mitteleuropas. Und auch zu München gibt es einen besonderen zeitgeschichtlichen Bezug: durch die »Forschungsabteilung Judenfrage«, die in den Jahren 1936 – 1942 ihren Sitz in unmittelbarer Nachbarschaft der Bayerischen Staatsbibliothek hatte.

Dort wurde im Juli 1942 ein besonders paradox-makabres »Forschungsprojekt« entwickelt, nämlich die »Sicherstellung des historischen und anthropologischen Materials der Judenfriedhöfe in Deutschland«. Die im August 1942 im Währinger Friedhof vom Naturhistorischen Museum Wien durchgeführten Exhumierungen stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem »Forschungsprojekt«, das in der Ludwigstraße 22 b, dem Sitz der »Forschungsabteilung Judenfrage« des »Reichsinstituts für die Geschichte des neuen Deutschlands«, initiiert worden war.

Personelle Verflechtungen der »Forschungsabteilung Judenfrage« bestanden zur Bayerischen Staatsbibliothek, zur Ludwig-Maximilians-Universität und zur Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Der große Einfluss der »Forschungsabteilung« auf die NS-Rassenforschung und den NS-Antisemitismus wurde erst in jüngster Zeit erkannt. Für die »Forschungabteilung Judenfrage« sollte die größte Antisemitica-Bibliothek Europas aufgebaut werden. In den Jahren 1940 bis 1943 wuchs der Bestand von 20.000 auf 37.000 Bände an. Dass sich darunter beträchtliche »Raubgut-Bestände« befanden, kann als sicher angenommen werden.

Ob ein unmittelbarer Bezug zu den Raubzügen des »Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg« bestand, muss derzeit noch als offen betrachtet werden.

Tatsache ist aber, dass der Einsatzstab Rosenberg primär die Aufgabe hatte, jüdische Archive und Bibliotheken in den besetzten Gebieten im Osten und Westen zu plündern. Die Raubzüge des Einsatzstabs wurden durch die NSDAP und damit von München aus finanziert. NSDAP-Reichsschatzmeister Franz Xaver Schwarz, mit Sitz im sog. Verwaltungsbau an der damaligen Arcisstraße, bewilligte die von Rosenberg hierfür beantragten Gelder.

Neben diesen zeitgeschichtlichen Aspekten gibt es eine Reihe weiterer aktueller Bezüge: etwa die gerade stattgefundene Internationale Konferenz »Judentum, Christentum und Islam: Austausch und Konflikte«, veranstaltet von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der LMU und dem Historischen Kolleg; außerdem soll das Internet-Portal »Porta Hebraicorum« zur digitalen Erschließung der Hebraica-Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek entstehen. Der einzigartige Bestand von Weltrang umfasst etwa 2.700 Bücher und Handschriften und hat die NS-Zeit und den Zweiten Weltkrieg nahezu unversehrt überstanden.

Die Anfänge der Sammlung gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Seit 1. Januar 2009 gibt es an der LMU einen neuen Lehrstuhl: für Mittelalterliche Jüdische Geschichte, Professorin ist Eva Haverkamp. Die Posterdokumentation zum Währinger Jüdischen Friedhof in Wien wurde im Rahmen eines interdisziplinären Seminars an der Universität Wien (Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät) erarbeitet. Mit dieser Grundlagenarbeit soll die große kulturelle Aufgabe der Erhaltung Jüdischer Friedhöfe beispielhaft aufgezeigt und der administrativ-politische Handlungsbedarf überzeugend belegt werden.

Artikel vom 17.03.2009
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