Münchens Politiker über ihren Einfluss auf die EU

München – „Wir alle sind Europa“

K. Stuber, die ehem. Leiterin des Europabüros der bay. Kommunen in Brüssel (3.v.li.), diskutierte mit D. Henn (Die Linke), N. Hirsch (FDP), C. Tausend (SPD), L. Dietrich (Die Grünen) und B. Posselt (CSU), über Einfluss der Münchner Parteien auf Europa.

K. Stuber, die ehem. Leiterin des Europabüros der bay. Kommunen in Brüssel (3.v.li.), diskutierte mit D. Henn (Die Linke), N. Hirsch (FDP), C. Tausend (SPD), L. Dietrich (Die Grünen) und B. Posselt (CSU), über Einfluss der Münchner Parteien auf Europa.

München – Im Juni bestimmen 375 Millionen EU-Bürger die Mitglieder des Europaparlaments neu. Wie wichtig ist Europa und die Wahl zum Europäischen Parlament für die Bürger der Landeshauptstadt und welche Positionen beziehen die unterschiedlichen Parteien?

Welchen Einfluss hat Europa auf München – und welchen Einfluss haben Münchens Politiker auf Europa und die Europäische Union? Diese und weitere Fragen diskutierte Kerstin Stuber, ehemalige Leiterin des Europabüros der bayerischen Kommunen in Brüssel, mit Bernd Posselt (CSU), Mitglied des Europaparlaments, und den Stadträtinnen Lydia Dietrich (Die Grünen), Dagmar Henn (Die Linke), Nadja Hirsch (FDP) und Claudia Tausend (SPD) beim Europaforum im Gasteig.

Die Politiker waren sich einig: Kommunale und europäische Themen liegen häufig nah beieinander. Hirsch fordert: „Statt ‚Du bist Deutschland‘ muss es nun heißen: ‚Wir sind Europa‘!“ Die Menschen können sich zu wenig mit Europa identifizieren, die unmittelbare Betroffenheit vermuten sie eher auf kommunaler als auf europäischer Ebene. In diesem Zusammenhang konnte Posselt eine nette Anekdote erzählen: „Als ich das letzte Mal von Straßburg nach Stuttgart gefahren bin, fragte mich ein Freund: ‚Na, wieder zurück aus Europa?‘ Als ob Europa ein Nachbarland oder ein Kunstgebilde wäre. Dabei sind doch wir alle Europa.“

Einstimmig wünschten sich die Politiker weniger Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Europa dürfe sich nicht zu sehr in regionale Themen einmischen. Aber Europa sei auch keine Gefährdung, sondern ein Schutz regionaler Besonderheiten, meint Posselt. „Generell gilt, dass wir in manchen Bereichen mehr Europa brauchen, zum Beispiel beim Klimaschutz, in anderen aber deutlich weniger. Das Rauchverbot soll nicht in Brüssel geregelt werden, wenn wir in Bayern schon genügend Schwierigkeiten damit haben“, sagt das Mitglied des Europaparlaments und zitierte Wolfgang Schüssel, den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler und Präsidenten des Europäischen Rates: „Wir brauchen ein Europa, das schützt und nützt.“

Auch Hirsch ist der Meinung, dass bei den meisten Themen die Rahmenbedingungen in Brüssel geschaffen, die Details jedoch in Stadt und Kommunen festgelegt werden sollten. Zum Beispiel beim Thema Auslandsaufenthalte für Schüler und Studenten müsse Europa noch enger zusammenwachsen und ein einheitliches Programm schaffen. Dafür möchte sich die Spitzenkandidatin der FDP einsetzen, sollte sie den Sprung ins Europäische Parlament schaffen.

Henn forderte, dass es Aufgabe von Europa sein müsse, die sozialen Standards in Unternehmen zu halten und brachte das Thema Bankenkrise ins Spiel. Sie befürchte, dass die Folgen der Krise auf unterster Ebene ausgetragen werden müssen, der kleine Mann der Leidtragende ist. Die Finanzkrise zeige deutlich, „wo wir ein Mehr an Europa brauchen“, sagt Dietrich. Dem stimmt Tausend zu: „Die Finanzkrise ist eine historische Chance für Europa, damit darf der Nationalstaat nicht allein gelassen werden“.

Wer soll die Kommunikation übernehmen und welche Strategien gibt es, um Erstwähler zu erreichen, fragte eine Dame aus dem Publikum. Dies sei eine laufende und langfristige Aufgabe, meinte Tausend. In erster Linie gehe es dabei um Aufklärung. Es sei nicht einfach, den Menschen Europa näherzubringen, aber der Weg müsse gegangen werden. Gegen die niedrige Wahlbeteiligung solle durch verschiedene Institutionen, wie zum Beispiel dem Europabüro München, entgegengewirkt werden.

Aber auch der Internet-Wahlkampf werde einen neuen Stellenwert einnehmen. Wichtig sei es, die Bürger mitzunehmen, meint Dietrich. „Und man kann sie nur mitnehmen, wenn sie wissen, um was es geht. Es kann nicht sein, dass die Europawahl an der Bevölkerung vorbeigeht.“ Stuber erzählt in diesem Zusammenhang von einer Aktion, bei der Europaabgeordnete in ihre alten Schulen gegangen sind, „eine tolle Maßnahme, die vor Ort lokal greift“.

Interessant bei der Podiumsdiskussion war, dass es kaum Diskrepanzen zwischen den Parteien gab und sie bei den wichtigen EU-Fragen einen erstaunlichen Konsens bildeten. „Wenn wir sonst auch immer einer Meinung wären“, sagte Bernd Posselt augenzwinkernd zu Lydia Dietrich und die gab prompt zurück: „Heute macht es mir richtig Spaß mit dir.“

Von Stefanie Moser

Artikel vom 18.02.2009
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