Temposünder haben Glück

Oberhaching · Messen, nicht strafen

Oberhaching · Gnade vor Recht für Oberhachings Temposünder – so hat es der Gemeinderat bei seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Der Antrag der SPD-Fraktion auf Einführung einer kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung im Gemeindebereich wurde nach zähen Diskussionen mit sechzehn zu sieben Stimmen mehrheitlich abgelehnt.

Dabei sind die Oberhachinger Autofahrer wahrlich keine Lämmer was die Einhaltung der innerörtlichen Geschwindigkeitsbegrenzung betrifft. Bereits seit 1996 gilt in Oberhaching fast überall Tempo 30, daran hält sich aber nur eine Minderheit, wie zahlreiche Geschwindigkeitsmessungen der Gemeinde zeigten: In der Franz-Josef-Strauß-Straße zum Beispiel waren 85 Prozent der Fahrzeuge schneller als erlaubt. Auch in der Kybergstraße scheinen die Autofahrer nicht viel von der Tempobegrenzung zu halten. Nur 8 von 100 Fahrzeugen hielten sich an Tempo 30, mehrfach wurden sogar bis zu 74 Stundenkilometer gemessen. Die Überwachung durch die Polizei sei nicht ausreichend, so das Argument der SPD. Zusätzliche Geschwindigkeitskontrollen, zum Beispiel durch den Zweckverband Kommunale Verkehrssicherheit Oberland, könnten zu einer Verlangsamung des Verkehrs beitragen. Dies würde auch dem Schutz der schwächsten Verkehrsteilnehmer wie den Fußgängern und Radfahrern dienen, erläutert Dr. Krause Jutta (Wählergemeinschaft Oberhaching).

Die Gemeinde könnte zunächst einmal eine Zweckvereinbarung mit dem Zweckverband abschließen, erklärte Thomas Gerg von der Gemeindeverwaltung. Die Kosten der Überwachung würden mit den eingenommenen Bußgeldern verrechnet, eventuelle Überschüsse an die Gemeinde ausgezahlt. »Die Verkehrsüberwachung trägt sich fast von alleine, wenn man sich ein bisschen geschickt anstellt«, erfuhr Gerg vom Zweckverband. Dennoch will die Gemeinde auf den Einsatz kommunaler Blitzer verzichten. Das hat für einige Räte auch historische Gründe: Bürgermeister Stefan Schelle erinnerte daran, dass die Autos früher regelmäßig statt mit den erlaubten 50 km/h mit 70 km/h durch den Ort brausten. Mit der großflächigen Einführung von Tempo 30 gleichzeitig mit einer generellen Rechts-vor-Links-Regelung erhoffte sich der damalige Gemeinderat eine Verlangsamung des Verkehrs. »Das haben wir jetzt auch. Wir sollten zufrieden sein«, folgerte Schelle. Auch Jörg Heidloff (FDP) bestätigt: »Wir wollten mit dem Tempo 30 doch eine Verkehrsberuhigung schaffen. Das hat geklappt«.

Für Martin Schmid (CSU) und Karl Hoffmann (Freie Bürger) kommt die kommunale Verkehrsüberwachung ebenfalls nicht in Frage. »Wir sind doch nicht dafür da unsere eigenen Bürger abzuzocken«, ärgert sich Schmid angesichts der Tatsache, dass die Bußgelder nach Abzug der Kosten in die Gemeindekasse fließen würden und auch Hoffmann »will nicht, dass hinter jedem Baum ein Polizist steht«. Schließlich würden in Oberhaching ja »auch keine anarchischen Verhältnisse« herrschen, findet Josef Ertl (CSU) und weist darauf hin, dass an gefährlichen Punkten wie zum Beispiel vor Schulen auch weiterhin die Polizei kontrolliert.

Andrea Pietsch

Artikel vom 10.12.2008
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...