Lebenshilfe-Einrichtung droht die Kürzung der Personalkosten

Putzbrunn/Landkreis · Betreuung in Gefahr

Werkstattleiter Markus Kimplinger und Hausleiterin Andrea Stauber begleiten ihre Schützlinge der Lebenshilfe bei der Arbeit. Foto: Schunk

Werkstattleiter Markus Kimplinger und Hausleiterin Andrea Stauber begleiten ihre Schützlinge der Lebenshilfe bei der Arbeit. Foto: Schunk

Putzbrunn/Landkreis · Heute wird in München am Platz der Opfer des Nationalsozialismus der vielen behinderten Menschen gedacht, die der Ermordung dieses unmenschlichen Systems zum Opfer gefallen sind. Auch Wolfgang Franz, Lebenshilfe-Geschäftsführer, wird vor Ort sein, um an der Gedenkfeier teilzunehmen.

Kummer bereitet Wolfgang Franz derzeit aber nicht nur der Blick zurück, sondern auch die Sorge um die weitere Finanzierung der beiden Lebenshilfeeinrichtungen in Putzbrunn, in denen Personen aus dem gesamten Landkreis untergebracht sind. Denn aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Wohlfahrtsverbänden und dem Bezirk Oberbayern sollen aus Gründen der Kostenersparnis benachbarte Einrichtungen zur Förderung von Behinderten in Zukunft nicht mehr getrennt voneinander geleitet und geführt werden. Von dieser Regelung betroffen sein könnten damit die beiden Wohnstätten der Lebenshilfe in Putzbrunn, die an die Förderstätte beziehungsweise die Werkstatt der Lebenshilfe angeschlossen sind. In der Wohnstätte I, die 1994 errichtet wurde, leben 34 Menschen mit geistiger Behinderung, die allesamt in der Werkstatt arbeiten und ein weitgehend selbstständiges Leben führen können. So wird in diesem Haus beispielsweise keine Nachtwache gebraucht, sondern lediglich eine Nachtbereitschaft. Anders im 2005 errichteten Haus II für mehrfach schwerstbehinderte Menschen, in dem 18 Bewohner untergebracht sind.

Hier ist ein enormer personeller Aufwand nötig, um den Bewohnern, die nötige Pflege und Fürsorge zukommen zu lassen. Auch wenn die beiden Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft liegen, könne man beide Einrichtungen nicht über einen Kamm scheren, fordert Wolfgang Franz. Ergebnis einer gemeinsamen Veranlagung sei ein geringerer Stellenschlüssel, was die optimale Betreuung der Bewohner für die Mitarbeiter schwieriger mache. Zum Opfer fielen dann wahrscheinlich die betreuungsintensiven Freizeitaktivitäten, die aber für die Bewohner der Wohnstätte I von enormer Bedeutung seien. So werden beispielsweise am Wochenende Spaziergänge unternommen, bummeln oder zum Essen gegangen. Hier reicht Wolfgang Franz Wunschliste gleich noch länger, denn nicht selten ernte man böse Blicke, wenn man mit den behinderten Erwachsenen unterwegs sei. Ein bisschen mehr Toleranz wünsche er sich hier, denn Spaß am Leben haben zu wollen sei etwas, was für alle Menschen zutreffe.

Unter der Woche arbeiten die Bewohner der Wohnstätte I in der Werkstatt, wo man hauptsächlich für BMW produziere. Unter anderem erstellten die insgesamt 110 Mitarbeiter dort unter fachmännischer Anleitung Kabelbäume oder Wagenheber. »Wir machen keine Vogelhäuschen, um die Mitarbeiter zu beschäftigen«, betont Wolfgang Franz. Ein Großteil der Behinderten lebe zuhause, mit zunehmendem Alter werde aber für die Eltern die Versorgung ihrer Kinder schwieriger. So liegt das Durchschnittsalter in der Wohnstätte I bei rund 45 Jahren, in der Wohnstätte II bei etwa 40 Jahren, berichtet Franz. Aufgrund der Historie gebe es so gut wie keine behinderten Menschen im Rentenalter, doch langsam gelte es für die Wohlfahrtsverbände auch hier für geeignete Angebote zu sorgen. Er verstehe die Notwendigkeit zu sparen und Synergien zu nutzen, doch lautet seine dringende Bitte bei den anstehenden Verhandlungen, die Häuser individuell zu betrachten, um die Lebensqualität dieser Menschen nicht schmälern.

Wer übrigens zu Weihnachten einmal echte Lebensfreude verschenken möchte, der kann das mit einer Spende für die Lebenshilfe tun. Mit den Spendengeldern können Extras wie Ausflüge oder Urlausbfahrten finanziert werden. Mehr zur Lebenshilfe findet man im Internet unter: www.lebenshilfe-muenchen.de.

hw

Artikel vom 03.12.2008
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