Advent und Weihnachten: Für die Schwabinger Tierretter keine »stade Zeit«

Schwabing · Gute Nerven und Idealismus

Schnittverletzungen sind einer der häufigsten Einsatzgründe der »Tierrettung«: Gábor Horváth (l.) und Konstantin Haucke verbinden Terrier Zenzi. Foto: ko

Schnittverletzungen sind einer der häufigsten Einsatzgründe der »Tierrettung«: Gábor Horváth (l.) und Konstantin Haucke verbinden Terrier Zenzi. Foto: ko

Schwabing · Ein eher ruhiger Mittwochnachmittag für die »Tierrettung München«: Tierarzt Gábor Horváth gibt Gas. Ein Notfall, im Nymphenburger Park wurde ein Kauz leblos auf dem Boden gefunden. Auf dem Weg dorthin von der Herzogstraße aus, dem Sitz des Vereins, läutet im Transporter unablässig das Telefon.

Eine Frau berichtet aufgelöst von ihrem Hund, der möglicherweise vergiftetes Fleisch gefressen hat. Ein West-Highland-Terrier ist verschwunden. Und die Mitarbeiterin eines Fernsehsenders gibt telefonisch Entwarnung: Der Vogel, der gegen eine Scheibe im Studio geflogen ist, sei wieder wohlauf.

Trotzdem ist das für den Tierarzt eher ein ruhiger Tag. Er hat etwas mehr Zeit, »das wertvollste Gut«, um sich um die tierischen Patienten zu kümmern. Und es ist die Ruhe vor dem Sturm, denn die nächste »Stoßzeit« kommt bestimmt: Zum Beispiel am Wochenende, wenn Tierhalter mehr Zeit haben, sich um ihre Lieblinge zu kümmern und durch mehr Aktivität auch mehr passiert. Weihnachten und Silvester sind für die mobilen Veterinärmediziner ebenfalls keine »stade Zeit«. Denn viele Tierarztpraxen sind über die Feiertage geschlossen. Steht dann etwa der Christbaum in Flammen, versorgen die mobilen Retter bei Haustieren Brandverletzungen und Rauchvergiftungen. Manche der Vierbeiner schneiden sich an Scherben von Christbaumschmuck.

Ausgelöst durch das Feuerwerk müssen an Silvester auch Angstzustände bei Hunden und Katzen behandelt werden und manche Hunde fressen gar Silvesterknaller. »Einige Substanzen darin sind ganz schön giftig«, weiß Horváth.

Bundesweit ist dieser tierische Sanitätsdienst einmalig. Die Tierrettung München gibt es seit knapp acht Jahren. Pro Jahr ist der Verein über 2.000 Mal im Einsatz – rund um die Uhr, mit fünf Veterinärmedizinern in zwei Sanitätswagen, in München und Umgebung. Ärzte und Fahrzeuge werden durch Spenden und Behandlungskosten finanziert.

Um 16.30 Uhr legt der Tierarzt einen Zwischenstopp in der Vogelklinik Oberschleißheim ein. Zwei Pappkartons, im einen der Kauz, im anderen eine Schnepfe, liefert Horváth im Tierkrankenhaus ab. Die beiden Wildvögel müssen erst einmal in Quarantäne, denn »sollte sich herausstellen, dass sie an Influenza erkrankt sind, müssten sonst alle Tiere in der Klinik getötet werden«. An diesem Mittwoch kann der Mediziner seinen »Schreibkram« in Ruhe erledigen, das ist nicht immer so.

Denn oft kommen akute Notfälle gleichzeitig: Die Katze, die ein Auge verloren hat, oder der Hund, der sich lebensbedrohlich an einem Stock aufgespießt hat. Wenn dann noch Veranstaltungen wie der München-Marathon das Durchkommen zum Patienten erschweren, ist für Gábor Horváth schon mal das Ende der tiermedizinischen Fahnenstange erreicht. »Man fühlt sich in solchen Situationen so machtlos.« Blaulicht würde helfen: Die Tierretter versuchen, eine Genehmigung zu bekommen – bisher ohne Erfolg.

Gábor Horváth, der vorher in vielen Tierkliniken gearbeitet hat, gehört seit Juli 2006 zum Team der mobilen Tierretter. »Die Arbeit im Sanka sehe ich als Herausforderung. Und wenn unser Einsatz von Erfolg gekrönt ist, ist das eine unheimliche Befriedigung«, sagt er. Allerdings brauche man für den Job auch gute Nerven und eine »gehörige Portion Idealismus«. Kirsten Ossoinig

Artikel vom 02.12.2008
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...