Neuer Priester in St. Michael hat unrühmliche Vergangenheit

Perlach · Menschenjagd in Perlach?

Im Pfarrhaus steht das Telefon nicht mehr still, seit Wolfgang Rothes Vergangenheit durch die Presse geistert. Foto: Angela Boschert

Im Pfarrhaus steht das Telefon nicht mehr still, seit Wolfgang Rothes Vergangenheit durch die Presse geistert. Foto: Angela Boschert

Perlach · «Das ist ja fast eine Menschenjagd, die da jetzt stattfindet«, sagt Winfried Röhmel, der Pressesprecher des Erzbischöflichen Ordinariats München. Hörbar erregt ihn die laufende Berichterstattung über das Vorleben von Dr. Wolfgang Rothe, dem neuen Priester an der Kirche St. Michael in Perlach.

Rothe »wurde zum 1. November 2008, befristet auf ein Jahr, zum Seelsorger im Caritas-Altenheim St. Michael und zur Seelsorgemithilfe in der Pfarrei St. Michael Perlach angewiesen. Der Pfarrer von St. Michael wurde über den Vorgang informiert. Er war mit dem Einsatz von Rothe einverstanden. Der Pfarrer hat auch den Pfarrgemeinderat informiert«, erklärt das Erzbischöfliche Ordinariat.

Rothe war im Zusammenhang mit den Vorgängen im Priesterseminar von St. Pölten/Österreich im Sommer 2004 in Verdacht geraten, Sex-Partys mit Studenten gehalten zu haben. Er soll auf Fotos in inniger Umarmung und beim Zungenkuss mit einem Seminarteilnehmer zu sehen sein.

Die Kriminalpolizei entdeckte über eintausend pornografische Bilder auf Computern des Priesterseminars. Rothe hatte im Zusammenhang mit diesen Vorgängen damals »selbst darum ersucht, von seiner Aufgabe als Subregens (stellvertretender Seminarleiter) entbunden zu werden«, so Röhmel. Die Vorwürfe »wurden staatlicherseits und kirchlicherseits eingehend geprüft und waren nach bürgerlichem Recht strafrechtlich nicht relevant«, betont Röhmel. Dreieinhalb Jahre dauerte die kirchliche Untersuchung und schloss eine Apostolische Visitation unter Leitung von Dr. Klaus Küng sowie ein Disziplinarverfahren gegen Rothes Vorgesetzten und ihn selbst ein. Die Vorwürfe gegen Rothe wurden nicht bestätigt.

Rothe wurde all seiner Ämter in St. Pölten enthoben, blieb aber dortiger Priester. Der Papst hat alle Maßnahmen approbiert, also als seine eigenen anerkannt, teilte der Bischof der Diözese St. Pölten, Klaus Küng, im April dieses Jahres mit. Das angesprochene Zungenkuss-Foto darf nicht mehr publiziert werden. Es könnte sich um eine Fälschung handeln, wie ein Zivilgericht befand.

Im Zweifel für den Angeklagten: Also hat Rothe als unschuldig zu gelten – in dubio pro reo! (Im Zweifel für den Angeklagten) – und soll »nach einer Zeit der Besinnung in einer anderen Diözese eine für ihn geeignete Tätigkeit erhalten«, wie Küng schon im April dieses Jahres mitteilte.

Die angesprochene Zeit der Besinnung ist offenbar vorbei und Rothe seit November wieder als Seelsorger im Amt. Primär als Seelsorger im Altenheim St. Michael, aber auch zur seelsorgerischen Mithilfe in der Gemeinde. Er trägt den Diensttitel »Kurat«, um eindeutig zwischen ihm und St. Michael-Pfarrer Christian Penzkofer zu unterscheiden. »Sonst heißt es, ´der Pfarrer hat gesagt`, und man muss erst einmal klären welcher es war«. wie Penzkofer pragmatisch betont.

Penzkofer informierte den Pfarrgemeinderat über den neuen Mitarbeiter am Abend des 7. November, also einen Tag vor Dienstaufnahme durch Rothe. Die Gemeinderatsmitglieder, mit denen Penzkofer sprach, übernahmen seine Einschätzung, dass es keinen Grund gebe, »Nein« zu Rothe zu sagen. Penzkofer »war bestens vom Diözesanleitung informiert und sah nicht den Hauch eines Grundes anzunehmen, dass etwas gegen Rothe vorliegt«, wie er dem Südost-Kurier gegenüber versichert.

Er wollte auch keine Vorurteile schüren, sondern die Gemeinde solle sich selbst ein Bild von dem neuen Mann machen. »Es gab schon in der ersten Woche seiner Tätigkeit viele positive Rückmeldungen aus allen Bereichen der Gemeinde«, unterstreicht Penzkofer, »nicht nur aus dem Altenheim«, das sich über den jungen, dynamischen und engagierten Priester freue, auch wenn er über dessen Vergangenheit erst aus der Presse erfuhr.

Dennoch steht das Telefon im Gemeindebüro seit vorletzten Montag kaum mehr still. Mütter von Ministranten sorgen sich, andere Perlacher stützen den neuen Priester. Dieser steht für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung und verweist auf die Pressemeldung des Ordinariats. Er ist sich offenbar sicher, noch lange seine Tätigkeit als Seelsorger im Caritas-Altenheim auszuüben, wo er ungeachtet der Berichterstattung, die über seinen Neuanfang im Zusammenhang mit dieser »hanebüchenen Geschichte losgetreten wurde«, so Röhmel, im Dienst anzutreffen ist.

Meinungen, die der Südost-Kurier selbst bei Gemeindemitgliedern einholte, namentlich nicht genannt werden möchten, gehen von »er sollte aber nicht in der Jugendarbeit eingesetzt werden« über »sollten die Vorfälle wahr sein, muss man bedenken, dass die St. Pölten Seminaristen erwachsene Menschen waren und gewusst haben müssen, was sie taten« und »ob das wirklich ein Zungenkuss war, ist doch fraglich« bis zu »der Mensch gehört vom seelsorgerischen Dienst suspendiert und auf einen kircheninternen Posten gesetzt, wo er nichts anrichten kann« und »die katholische Kirche muss mal bei sich aufräumen«.

aha

Artikel vom 26.11.2008
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