Hunderte demonstrieren für ein neues Bildungssystem

München – Schüler auf den Barrikaden

Die demonstrierenden Schüler ziehen lautstark in Richtung Kultusministerium. Fotos: wei

Die demonstrierenden Schüler ziehen lautstark in Richtung Kultusministerium. Fotos: wei

München – Für die Schaffung einer „ganz anderen“ Schule gingen am vergangenen Mittwoch hunderte Schüler auf die Straße. Die Jugendlichen aus und um München trafen sich um 9 Uhr zu einer Kundgebung auf dem Geschwister-Scholl-Platz. Anschließend marschierten sie zum Kultusministerium, um dort auf bestehende „Bildungsblockaden“ aufmerksam zu machen.

Der Schulstreik war Teil einer Aktion, die bundesweit tausende Demonstranten mobilisierte.

Ein zentrales Problem sehen die Demonstranten im Leistungsdruck für Lehrer und Schüler. Hierbei sei das Modell des auf acht Jahre verkürzten Gymnasiums (G 8) besonders destruktiv. Ein weiterer Punkt, der den Jugendlichen bitter aufstößt, ist die Unterrichtsform. Sie fordern interaktiven Unterricht in kleinen Lerngruppen statt „Frontalunterricht“ in großen Klassen. Hierzu sei das Einstellen neuer Lehrkräfte unumgänglich. Außerdem prangern die Schüler das dreigliedrige Schulsystem an. Es fördere nur Elitebildung und soziale Selektion. Auch die Studien- und Schulgebühren wurden auf vielen Plakaten scharf kritisiert. Bildung sei ein Grundrecht und dürfe nicht von der sozialen Situation der Eltern abhängen, so die Argumentation der Schülerschar. Zudem wollen die Jugendlichen ihren Eltern, den Lehrern und sich selbst ein Mitgestaltungsrecht in der Schule verschaffen.

Inmitten der demonstrierenden Masse befanden sich Nina Hinterwimmer, Julia Weber und Michaela Demme, die die elfte Klasse des Willi-Graf-Gymnasiums in Schwabing besuchen. Sie konkretisieren ihre Vorwürfe gegenüber des Kultusministeriums. „Wir waren im letzten Jahr etwa 35 Schüler in der Klasse. Da ist ein effektives lernen fast unmöglich. In Französich waren wir kurzzeitig zu elft. Da merkte man gleich, was für ein angenehmes Lernklima herrschen kann“, so Julia. Michaela pflichtet ihrer Mitschülerin bei und erzählt von ihrer Klasse, die kurz vor einer Schulaufgabe wegen Lehrermangels auf zwei andere Klassen aufgeteilt werden musste. Da einige ihrer Geschwister auch studieren, protestieren die drei heute mit einem Schild gegen die Studiengebühren. Nina erzählt, was sie in ihrem direkten Umfeld mitbekommt: „Bei vielen Eltern, die mehrere studierende Kinder haben, wird das Geld einfach nur knapp.“

Die Tatsache, dass die Demonstration während der Schulzeit angesetzt wurde, sorgte für Diskussionsstoff in den Schulen und der Politik. FDP-Bildungsexpertin Renate Will: „Für uns ist es wichtig, dass die jungen Staatsbürger ernst genommen werden, wenn sie sich einbringen und von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch machen. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass die Demonstrationen am Wochenende oder nach Schulschluss stattgefunden hätten, damit kein Unterricht ausfällt.“ Etwas anders sahen das manche Lehrkräfte. „In unserer Schule waren einige Lehrer dafür, dass wir hingehen“, so Michaela, die erzählt, dass ein Pädagoge sogar eine Klassenarbeit ausfallen ließ. Doch trotz der teilweisen Zustimmung aus dem Kollegium könnten den Schülern Konsequenzen drohen. „Wir haben gehört, dass ein Münchner Gymnasium verkündet hat, dass die Demons-tranten verschärfte Verweise erhalten“, so Julia, die sich davon aber nicht einschüchtern lassen wollte. Andreas Weiß

Artikel vom 13.11.2008
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...