Beeindruckende Kunst von psychisch Kranken

Haar · Lebensbejahend und bunt

Von links: Dr. Peter Vaitl (Leiter Sozialpsychiatrisches Zentrum) Künstlerin Alexandra Müller und Haars 3. Bürgermeister Hans Stießberger. Foto: Erl

Von links: Dr. Peter Vaitl (Leiter Sozialpsychiatrisches Zentrum) Künstlerin Alexandra Müller und Haars 3. Bürgermeister Hans Stießberger. Foto: Erl

Haar · »Das ist wirklich toll geworden mit dem Rahmen. Zuhause häng ich meine Bilder einfach so an die Wand.« Mit äußerst zufriedenem Blick zieht sich der Künstler die Stöpsel aus den Ohren, stellt seinen MP3-Player ab und blickt fast schon gerührt auf sein strahlend-buntes Gemälde.

Bis zum 27. November wird es nun jeder Rathausbesucher in Haar bei seinem Gang zum Einwohnermeldeamt bewundern können. Sonst sieht seine Bilder kaum jemand, denn der Maler lebt aufgrund einer psychischen Erkrankung eher am Rande der Gesellschaft. Malen scheint für ihn ein Weg zurück zu den anderen zu sein. Möglich macht ihm das unter anderem die Kunstwerkstatt des Sozialpsychiatrischen Zentrums des Klinikums Ost im Isar-Amper-Klinikum.

Bereits zum fünften Mal stellt diese Einrichtung nun die Werke der Patienten im Rathaus aus. Wie malen Menschen, die mit einer psychischen Behinderung leben? Düster und angstvoll – so lautet sicher das Urteil der meisten Menschen. Doch das ist nicht einmal die halbe Wahrheit, wie auch Haars 3. Bürgermeister Hans Stießberger bei der Vernissage feststellen durfte: Bunt, fröhlich, lebensbejahend kommen die meisten der Bilder daher. Sicherlich entdeckt man dazwischen auch Werke, die eher Weltuntergangsstimmung vermitteln – doch das bleibt die Ausnahme. Nicht nur deshalb bietet laut Stießberger das Rathaus immer gerne die Plattform für diese Ausstellung. Das weiß der Leiter des Sozialpsychiatrischen Zentrums, Dr. Peter Vaitl, zu schätzen. »Die Ausstellung ist uns wirklich ans Herz gewachsen«, betont er. Und auch er ist sich sicher, dass die Bilder im direkten Vergleich zu Werken von »psychisch gesunden Menschen« nicht abfallen. »Kunst kennt eben keine Behinderung. Und für unsere Patienten ist das hier eine große Rehabilitation«, sagt Vaitl.

Eigentlich ist die Künstlerwerkstatt vorrangig als eine »tagesstrukturierende Maßnahme« für Bewohner der betreuten Wohngruppen zu sehen. Die betreuten Wohngruppen, die vor allem Menschen aufnehmen, die an chronisch verlaufenden psychischen Erkrankungen leiden und deshalb Probleme bei der eigenverantwortlichen Lebensführung haben, liegen über ganz München verstreut. Jeden Morgen setzt sich ein Teil der WG-Bewohner in die S-Bahn, um zu ihrer täglichen Arbeit ins Isar-Amper-Klinikum zu fahren. Dabei haben die psychisch Erkrankten die Wahl: Entweder leichte Tätigkeiten in der Verpackungswerkstatt oder künstlerische Stunden in der Kunstwerkstatt. Doch die Kunstwerkstatt ist mittlerweile meh als »nur« eine Maßnahme – entsteht hier unter der Leitung von Kunsttherapeutin Angela Sandl doch so manches wirkliche Kunstwerk. Am Rande der Rathaus-Ausstellung ist auch der neue Anti-Stigma-Kalender gegen eine Spende zu erwerben (Südost-Kurier berichtete).

Claudia Erl

Artikel vom 12.11.2008
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