Drohendes Aus trübt Jubiläumsfeier im Café Regenbogen

Haar · Noch zwei Monate

Die Band »Bärlauchsisters & Moonshiners« feierte zusammen mit Café-Leiter Walter Gruber-Carow (oben Mitte), Regenbogen-Geschäftsführerin Jutta Oxen (rechts) und Dr. Peter Vaitl (Mitte).   Foto: Erl

Die Band »Bärlauchsisters & Moonshiners« feierte zusammen mit Café-Leiter Walter Gruber-Carow (oben Mitte), Regenbogen-Geschäftsführerin Jutta Oxen (rechts) und Dr. Peter Vaitl (Mitte). Foto: Erl

Haar · Manchmal bekommen die Künstler ein Bier vom Publikum ausgegeben. Ein andermal tönt es unverblümt aus den Zuschauerrängen »Könnt ihr nicht mal was G’scheid’s spielen?«. Hin und wieder schläft jemand an den Tischen ein, während anderswo temperamentvoll getanzt wird.

»Und einmal hat uns einer gefragt, ob wir nicht einen guten Trompeter gebrauchen könnten.« Dieter Rahner ist das besondere Publikum im Café Regenbogen gewohnt. Der Musiker, der sich der Blue-Grass-Musik verschrieben hat, trat als einer der ersten in dem Café auf dem Gelände des Klinikums München-Ost im Isar-Amper-Klinikum auf. 15 Jahre ist das nun her. Und er kam immer wieder, obwohl die Band pro Auftritt nur 100 Euro kassiert. Rahner begeistert die Idee, Musik »von außen« in die Psychiatrie zu bringen, eben nach wie vor. Und als so treuer Regenbogen-Musikant durfte er nun auch mit seiner neuesten Formation, den »Bärlauchsisters & Moonshiners« zum großen Jubiläum spielen – als Vorband für den Kabarettisten Helmut Schleich.

15 Jahre Kultur im Café Regenbogen – dahinter steckte nicht nur eine große Feier, sondern auch Unmengen an Erinnerungen, ungezählte Bands und vor allem eine große Idee, die bis zum heutigen Tag aufgeht. An den Beginn erinnert sich Dr. Peter Vaitl noch sehr gut: Zusammen mit Jürgen Michal hatte er Anfang der 90er-Jahre Gerhard Polt für einen Auftritt im kleinen Theater gewinnen können. Überraschenderweise hat der dann auf seine Gage verzichtet: Satte 4.000 Mark blieben so den beiden Kulturfreunden übrig. So kam die Idee: Man könnte für dieses Geld einige Konzerte im ebenfalls auf dem Gelände befindlichen Café Regenbogen veranstalten. Damit könnte man einige Fliegen mit einer Klappe schlagen: Man öffnet zum einen die Klinik nach außen, bringt den Patienten Zerstreuung und ein Stück Freiheit zurück und gibt Nachwuchs- und Nischenkünstlern die Möglichkeit, aufzutreten. Zunächst sollte es auch hier Kabarett geben. Vaitl erinnert sich mit einem schelmischen Lächeln zurück: »Damals hatte man unter anderem Michael Mittermeier und Helmut Schleich verpflichten können, denn die hatten noch keine so großen Namen.« Doch das Publikum im Krankenhaus-Café wollte einfach nicht zu diesem Programm passen, kaum ein Kabarettist ließ sich zu einem zweiten Auftritt überreden. So gingen die Organisatoren in die musikalische Richtung und konnten sich schließlich auch einen Zuschuss vom Bezirk Oberbayern sichern.

Seither tritt jeden Mittwoch eine Gruppe hier zur Benefizveranstaltung im Café auf. Beim großen Jubiläumskonzert, das ausnahmsweise statt im Café auf der großen Bühne des benachbarten Gesellschaftshauses stattfand, war das Publikum alles andere als schwierig: Die Stimmung jedoch ab der ersten Minute toll, lautstark sangen die Besucher bei Evergreens wie »Marina«, »Schuld war nur der Bossa Nova« oder »Mendocino« mit. Und trotzdem gab es bei all der Freude einen Dämpfer, denn: Noch nie war die Zukunft des Café Regenbogens ungewisser als heute.

Fast 20 Jahre betreibt der Regenbogen e.V. sein Café auf dem Gelände des Klinikums Ost am Isar-Amper-Klinikum. Der gemütliche Raum mit der großen Bar ist nicht nur für die Patienten, die akut in der Klinik behandelt werden, eine wichtige Anlaufstelle: Hier finden auch 27 Menschen Arbeit, die auf dem regulären Arbeitsmarkt sicher keine Chance hätten. Ehemalige Patienten, Schwerbehinderte und Langzeitarbeitslose tun hier einen großen Schritt in Richtung »Normalität«, genau wie die Akutpatienten, die das Café besuchen. Doch nun ist all das gefährdet. »Der Pachtvertrag läuft nur noch wenige Wochen, bis Ende 2008«, erklärte Regenbogen-Geschäftsführerin Jutta Oxen. Die Verhandlungen über eine Verlängerung laufen – doch wird dabei immer wieder der Ruf nach Wirtschaftlichkeit der Einrichtung laut. »Wie sollen wir das machen?«, fragt sich nicht nur Walter Gruber-Carow, der das Café Regenbogen seit Juli dieses Jahres leitet. Die Preise müssen schon alleine wegen der Patienten moderat bleiben. »Wir hoffen, dass der Verlängerungsvertrag den sozialen Charakter des Unternehmens Regenbogen berücksichtigt«, sagt Oxen.

Dazu kommt noch ein weiteres schwer lösbares Problem: Die Räume des Cafés sind stark sanierungsbedürftig: Die Küche und die sanitären Anlagen müssen auf moderne Anforderungen ausgerichtet werden, Renovierungsarbeiten sind in allen Räumen notwendig, feuerpolizeiliche Vorgaben müssen erfüllt und nicht zuletzt Sozialräume für die vielen Mitarbeiter bereitgestellt werden. Auch hiermit sieht sich der Regenbogen e.V. als gemeinnütziges Unternehmen vor eine große finanzielle Herausforderung gestellt. Ohne eine Mithilfe der Klinik ist diese sicher nicht zu schultern. »Wir sind jedoch zuversichtlich, dass das Isar-Amper-Klinikum den Wert der Caféteria als Treffpunkt für aktuelle und Arbeitgeber für ehemalige Patienten würdigt und sich an den Kosten, die auch dem Bauerhalt dienen, angemessen beteiligt«, hofft Oxen. Schon bald wird hierüber eine Entscheidung getroffen werden müssen.

Claudia Erl

Artikel vom 05.11.2008
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