Tag der offenen Tür in der Staatsbibliothek, der Bibliothek des Jahres 2008

Maxvorstadt · Hightech und Giftschrank

Unter anderem beim Tag der offenen Tür der Staatsbibliothek zu erleben: Wie ein jahrhundertealtes Buch ins Internet kommt.  Fotos: VA

Unter anderem beim Tag der offenen Tür der Staatsbibliothek zu erleben: Wie ein jahrhundertealtes Buch ins Internet kommt. Fotos: VA

Maxvorstadt · Hightech und Schatzkammer: Alles andere als staubtrocken und für eingefleischte Leseratten präsentiert sich am Samstag, 11. Oktober, die Bayerische Staatsbibliothek. Zwischen 10 und 18 Uhr öffnet die Institution in der Ludwigstraße 16 für die interessierte Öffentlichkeit ihre Tore. Zum 450. Jahr ihres Bestehens und gerade als Bibliothek des Jahres 2008 ausgezeichnet, findet nach 2003 zum zweiten Mal ein Tag der offenen Tür statt. Der Eintritt ist frei.

Das breit gefächerte Programm für die ganze Familie, das von zahlreichen Führungen z. B. durch die Buch-Magazine über Vorträge und Präsentationen bis hin zu praktischen Demonstrationen der hochmodernen Scan-Roboter reicht, gewährt Einblicke in die einzigartigen Sammlungen und vielfältigen Serviceleistungen der Bibliothek. Die Besucher können den Arbeitsalltag der knapp 700 Mitarbeiter kennenlernen – auch Bereiche, die sonst im Verborgenen bleiben.

Das Institut für Buch- und Handschriftenrestaurierung zeigt die Welt des Restauratorenhandwerks, die Sonderabteilungen (Handschriften, Musik, Karten und Bilder, Osteuropa, Orient und Ostasien) präsentieren wertvolle Bestände und das bibliothekseigene Digitalisierungszentrum zeigt, wie das Buch ins Internet kommt. Zahlreiche Mit-Mach-Aktionen laden Kinder etwa in eine mittelalterliche Schreibwerkstatt ein.

»Als internationale Forschungsbibliothek von Weltruf präsentiert sich die Einrichtung in der Münchner Ludwigstraße als Schatzkammer des schriftlichen Kulturerbes, multimedialer Informationsdienstleister für Forschung und Lehre und als Innovationszentrum für digitale Informationstechnologie und -service«, so Generaldirektor Dr. Rolf Griebel.

Insgesamt 9,5 Millionen Bände sind im Haus. »Alle paar Jahre brauchen wird neue Magazinplätze, aber bis 2012 reicht es noch«, erzählt Pressesprecher Peter Schnitzlein. Dann, hofft er, werde der dritte Bau der Garchinger Speicherbibliothek eröffnet, in den die Bestände jetzt wandern. Und der Bestand wächst ständig, denn jeder bayerische Verlag muss zwei Exemplare seiner Bücher an die Staatsbibliothek liefern, ob Kochbücher oder Liebesromane. Die dienen alle der Archivierung und sind für Benutzer nicht ohne weiteres zu entleihen.

Ebenso wie die diversen Werke, die im »Giftschrank« lagern, offiziell »Remota-Sammlung«, was auf Latein »weggeschafft« bedeutet. Die Gründe liegen im jeweiligen Zeitgeschmack. Und so sind etwa erotische Zeichnungen darunter, die heute extrem harmlos anmuten, versichert Schitzlein, aber im 18. Jahrhundert als moralisch bedenklich galten. Aber auch rechtsradikale Werke ebenso wie Anti-Nazi-Literatur oder »jugendgefährdende« Schriften finden sich darin. Heute komme kaum ein Werk mehr in diese spezielle Sammlung, entfernt werde auch nichts.

Der Giftschrank der Staatsbibliothek ist also weitgehend Geschichte. Er erzählt von Wandlungen der Moral und Politik und besitzt als »beeindruckendes wissenschaftsarchäologisches Relikt beträchtlichen kulturhistorischen Wert«, so die StaBi. Damit erfüllt der riesige Münchner Bücherschrank auch hier seine Rolle als faszinierendes kollektives Gedächtnis der Gesellschaft – in das man am Samstag so richtig eintauchen kann.

ms

Artikel vom 07.10.2008
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